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Boeing

Der Jumbo wird zum Auslaufmodell

Jürgen Schelling
  • & dpa

  • Fr, 08. Februar 2019, 20:30 Uhr
    Panorama

Die Boeing 747 – auch als "Jumbo Jet" bekannt – wird 50 Jahre alt. Einst revolutionierte sie die Luftfahrt, nun scheint ihre Zeit vorbei zu sein.

Boeing 747  | Foto: dpa
Boeing 747 Foto: dpa

FREIBURG. Es war eine Revolution der Luftfahrt, als heute vor 50 Jahren die erste Boeing 747 ihren Jungfernflug absolvierte. Kein Flugzeug war auch nur annähernd so groß und konnte so viele Passagiere befördern wie der liebevoll "Jumbo Jet" genannte Riesenflieger. Seither hat sich viel getan, und auch wenn immer noch viele seiner Art weltweit im Einsatz sind, scheint seine Zeit vorbei zu sein.

Es herrscht gespannte Erwartung, als am 9. Februar 1969 auf dem Flughafen Everett bei Seattle eine für damalige Verhältnisse riesige Maschine an den Start rollt: Fast 60 Meter Spannweite, vier Turbinen und Platz für bis zu 400 Menschen. So etwas gab es noch nie. Als die Maschine abhebt und nach einer Stunde wieder problemlos landet, ist ein Mythos geboren: Die Boeing 747 hat ihren Höhenflug begonnen.

Der leitende Luftfahrtingenieur Joe Sutter hatte den Erstflug vom Boden aus verfolgt und sich in seinen Memoiren an die Landung erinnert: "Dieser Moment war der größte Nervenkitzel an diesem Tag. Alle meine Sorgen lösten sich auf, und ich wusste, wir hatten ein gutes Flugzeug."

Doch die Fachwelt ist sich in den 1960er-Jahren zunächst nicht sicher, ob die damals rund 350 Plätze bietende Maschine auch wirklich von den Airlines angenommen wird. Der einstige Airline-Gigant Pan Am gibt den Anstoß für ihre Entwicklung. Er bestellt als erste Airline 25 Exemplare. Renommierte europäische und weltweit operierende Fluggesellschaften wie Lufthansa, Air France, British Airways und weitere folgen. Schon wenig später erhält der Flieger ob seiner gewaltigen Dimension den Spitznamen Jumbo. Dieser geht auf einen berühmten Elefanten des Londoner Zoos zurück, der im 19. Jahrhundert die Besucher in seinen Bann zog.

Alleinstellungsmerkmal des Jumbos ist sein charakteristischer Buckel. In diesem sitzt das Cockpit, dahinter ist entweder eine Bar oder ein Abteil für First- oder Businessclass-Passagiere. Doch auch darunter gibt es viel Platz. Vorwiegend asiatische Airlines quetschen bis zu 650 Fluggäste in ihre Jumbos. Außerdem ist die 747 extrem vielseitig. So gibt es reine Frachtvarianten mit aufklappbarem Bugtor. Eine in ihrer Struktur verstärkte 747 diente zum Transport des Space Shuttle, das oben auf ihrem Rumpf verankert wurde. Zwei umgebaute Maschinen waren sogar als riesige Löschflugzeuge im Einsatz.

Bei den Piloten ist der Jumbo äußerst beliebt. "Es ist das schönste Flugzeug der Welt, das sagen wir eigentlich alle", meint die Lufthansa-Kapitänin Barbara Kuhlenkamp, die mehr als 5000 Flugstunden in der Boeing verbracht hat. "Die 747 ist vor 50 Jahren konstruiert worden, und die wesentlichen Merkmale sind immer noch vorhanden. Das ist alles drei- und vierfach sicher ausgelegt, so dass man fliegen kann wie in Mutters Schoß."

Tatsächlich sind nur wenige Unglücke mit der Boeing 747 verbunden – die jedoch wegen der hohen Passagierzahlen zu den schwersten Unglücken der Luftfahrtgeschichte gehören. Die ersten 59 Todesopfer waren im November 1974 in Nairobi zu beklagen, als die Lufthansa D-ABYB mit dem Namen "Hessen" kurz nach dem Start wegen nicht ausgefahrener Auftriebhilfen abstürzte. 1977 stießen auf dem Flughafen von Teneriffa zwei Jumbos der KLM und der Pan Am zusammen, was 583 Menschen das Leben kostete. Ebenfalls ein Jumbo der Pan Am wurde am 21. Dezember 1988 von einem Terroranschlag getroffen. Bei der von einer in Frankfurt an Bord gebrachten Bombe verursachten Explosion starben 270 Menschen, elf davon am Boden im schottischen Lockerbie.

Wie es nun mit dem betagten Flieger weitergeht, ist ungewiss. Seit Beginn ihres Linienbetriebs 1970 erhielt die 747 zwar immer stärkere Triebwerke, eine modernere Avionik mit sogenanntem Glascockpit, mehr Zuladung, Spannweite, Gewicht und Reichweite. So können etwa die jüngsten 747-8-Versionen Distanzen von fast 14 000 Kilometer zurücklegen. Gleichzeitig ging der Kraftstoffverbrauch der vier Triebwerke beständig zurück. Doch ausreichen wird das kaum. Wie der noch größere Airbus A380 entspricht die 747 nicht mehr den ökonomischen Anforderungen der Fluggesellschaften, die auf den Langstrecken lieber Zweistrahler wie die A350 oder die Boeing-Modelle 777 und 787 einsetzen.

Doch noch dreht der Jumbo seine Runden am Himmel – auch bei der Lufthansa. Die Airline gehörte zu den ersten und wohl auch letzten Jumbo-Käufern. Sie hat derzeit noch 32 Maschinen in der Flotte, mit denen sie zu 23 Zielen fliegt.

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Sa, 09. Februar 2019: PDF-Version herunterladen

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