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Der schnellste Ballsport der Welt

  • Mi, 29. Mai 2013
    fudder

Hat Lacrosse das Zeug zum Trend? Fudder-Autor Marius Notter hat den Schnuppertag der Freiburger Pumas besucht.

Freilaufen, Ball klauen und passen. Jetzt wird mir erst bewusst, wie komplex dieses Spiel ist. Ich weiß gar nicht, wo ich hinrennen soll. Und zack: Kopf trifft auf Gras. So geht das fünf Minuten. Das reicht mir dann auch. Und ich dachte immer, Handball sei anstrengend. Außer Puste, dafür mit ordentlich Adrenalin und gut Endorphin begebe ich mich unter den weißen Zeltpavillon und exe eine Fritz-Kola. Die gibt es hier umsonst, neben Wasser, Mischmasch und Radler.

Rookie-Day der Pumas Freiburg auf dem Trainingsgelände des PTSV Jahn. Rookie-Day ist die englische Bezeichnung für Schnuppertag. Kanadischer Sport, englische Fachbegriffe: Das ist bei Lacrosse normal. Ich kenne den Sport aus meiner Zeit an der Newburyport Highschool in der Nähe von Boston. Trotz Weltuntergangsregen will ich mir die Sache hier in Freiburg nun einmal genauer anschauen.

Lacrosse ist in Kanada neben Eishockey Nationalsport – also wie Fußball in Deutschland. Das behauptet jedenfalls Ole Schmidt, 24, der in durchnässter Jogginghose vor mir steht. "Lacrosse ist der schnellste Ballsport der Welt", erklärt er mir und den vier anderen Grünschnäbeln, die zwischen 20 und 30 Jahre alt sind und denen man ansieht, dass sie nicht zum ersten Mal Sport treiben.

Lacrosse macht mir Angst, ich spüre meine Raucherlunge schon jetzt nervös zusammenzucken. Doch bevor es losgeht, erklärt Ole uns die Regeln: Ein Team besteht aus 23 Spielern. Zehn davon stehen auf dem Feld. Jede Mannschaft ist aufgeteilt in drei Angriffsspieler, drei Mittelfeldspieler, drei Abwehrspieler und einen Torwart. Der tennisballgroße Hartgummiball muss mit Hilfe eines Lacrosse-Sticks, an dessen Ende sich ein geknüpftes Netz befindet, in das Tor geschleudert werden. Der Gegner darf attackiert werden, wenn er den Ball hat oder sich im 4,56-Meter-Radius um den Ballführenden befindet. Allerdings nur im Bereich des Oberkörpers, den Kopf ausgenommen.

Die Abwehrspieler haben einen bis zu 1,83 Meter langen Schläger, die Angriffs- und Mittelfeldspieler einen maximal 1,07 Meter langen. Fouls werden von einem der vier Schiedsrichter nicht sofort abgepfiffen, sondern erst, nachdem ein Spielzug beendet worden ist. Dann verhängen die Schiris Zeitstrafen. Es wird andauernd gewechselt – so wie beim Eishockey. Das ist auch nötig, denn das Spiel ist sehr anstrengend. Ziel ist es, den Ball möglichst oft ins gegnerische Tor zu schießen, ohne dabei zu viele Fouls zu begehen. Wer nach viermal 20 Minuten mehr Tore erzielt hat, hat gewonnen.

Es ist nass, windig und kalt, ich zittere am ganzen Körper. Der Regen scheint nicht aufhören zu wollen, doch jetzt kommt Bewegung in meine Rookie-Gruppe. Ole bringt uns zur Ausrüstung, die auf einem Haufen liegt. Wir Rookies erhalten Helm, Ellenbogenschützer, Handschuhe und Schläger. Mir wird etwas wärmer und wohler zu Mute.

Übung eins: Den Ball mit dem Stick aufheben. Leichter gesagt, als getan. Doch meine jahrelange Erfahrung mit der Mistgabel kommt mir zugute. Man kann sich das Ballaufheben nämlich vorstellen wie das Ausmisten: Schaufel unter die Sch..., und ab damit.

Übung zwei: Zweikampf. Ich rutsche und falle durch die Gegend, denn um den Ball zu verteidigen, muss man seinen Körper zwischen Gegenspieler und Ball bringen. Der Gegner versucht, den Ball mit dem Stick zu ergattern. Er stochert mit dem Stick nach dem Ball und versucht, am Verteidiger vorbeizukommen. Ich fühle mich zwar etwas dämlich, aber es macht richtig Spaß.

Übung drei: Den Ball ins Tor schleudern. Zwei von zehn Mal treffe ich das Tor – damit stehe ich nicht alleine. Der Stick wird beim Schleudern mit zwei Händen gehalten. Beim Ausholen führt man den Stick über die Schulter und schleudert den Ball dann in einer schnellen Bewegung in Richtung Tor. Der "Balljunge" hat heute einiges zu tun.

Übung vier: Mit dem Ball im Netz des Sticks rennen. Jedem Laien fällt der Ball nach zwei Schritten aus dem Netz. Deshalb muss man den Stick in einer regelmäßigen Bewegung um die eigene Achse drehen. "Cradlen" ist der Fachbegriff dafür. "Mein früherer Trainer hat uns empfohlen, mit Stick und Ball joggen zu gehen", sagt Lacrosse-Spieler Markus Klawitter. Keine Schande also, dass ich mich in Slowmotion bewege.

Übung fünf: Passen. Das kenne ich vom Handball, ist aber auch nicht so schwer. Die Lacrosse-Jungs geben mir super Tipps, nach kurzer Zeit klappt es ganz gut.
Mir ist jetzt warm, unglaublich, und meine Lunge pfeift ordentlich, aber noch nicht aus dem letzten Loch.

Jetzt spielen die Mädels, auch unter ihnen sind einige Rookies. Frauen-Lacrosse unterscheidet sich sehr von der Männer-Version. Es gibt einheitliche Schläger, und bis auf Gesichts- und Mundschutz keine Ausrüstung. Jedes Team besteht aus einer Goalkeeperin, drei Angreiferinnen, fünf Mittelfeldspielerinnen und drei Abwehrspielerinnen. Im Gegensatz zum Männer-Lacrosse gibt es so gut wie keinen Körperkontakt. Es wird behauptet, dass Frauen-Lacrosse viel mehr an die Urversion des Lacrosse erinnert, das von den Ureinwohnern Nordamerikas stammt.

Fazit meines Testtages: Lacrosse ist ein anstrengendes, forderndes Spiel mit ho hem Spaßfaktor.

Mehr Infos unter freiburglacrosse.de. Eine Fotogalerie zum Rookie-Tag der Pumas unter fudr.fr/lacrosse

LACROSSE

Lacrosse ist ein Teamsport der amerikanischen Ureinwohner und gilt neben Eishockey als kanadischer Nationalsport. Er war bei den Olympischen Spielen 1904 in St. Louis und 1908 in London Wettkampfdisziplin. Die Pumas Freiburg haben rund 50 Mitglieder und spielen in der Landesliga Baden-Württemberg und Bayern. Sie trainieren montags und mittwochs um 18.30 Uhr auf Platz 1 des PTSV Jahn.

Ressort: fudder

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mi, 29. Mai 2013: PDF-Version herunterladen

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