Die EU verwässert die Regel für die Kontrolle der Lieferketten

Das Lieferkettengesetz der EU soll Menschenrechte weltweit schützen. Nun wird es entschärft, bevor es in Kraft ist.  

Mail

Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen

Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.

Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.

Akzeptieren
Mehr Informationen
Näherinnen in Bangladesch: Ihre Arbeit...ftigten soll es auch nicht mehr geben.  | Foto: Doreen Fiedler
Näherinnen in Bangladesch: Ihre Arbeitsbedingungen müssen fortan nur sehr große europäische Unternehmen prüfen, die Ware von dort beziehen. Und ein Klagerecht für die Beschäftigten soll es auch nicht mehr geben. Foto: Doreen Fiedler
Die EU schwächt das europäische Lieferkettengesetz zum Schutz von Menschenrechten ab, noch bevor es angewendet wird. Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments einigten sich darauf, dass die Vorgaben nur noch für wenige große Betriebe gelten. Das Parlament und die Mitgliedsländer müssen die Änderung genehmigen; dies gilt aber als Formsache.

Die Vorgaben sollen nur noch für Großunternehmen mit mehr als 5000 Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz von mindestens 1,5 Milliarden Euro gelten. Ursprünglich waren als Grenze 1000 Mitarbeitende und eine Umsatzschwelle von 450 Millionen Euro vorgesehen.

Zudem sollen Firmen, die gegen die Regeln verstoßen, auf EU-Ebene keiner zivilrechtlichen Haftung mehr unterliegen – wodurch für Opfer von Menschenrechtsverstößen eine Klagemöglichkeit entfällt. Auch soll es keine Pflicht mehr geben, Handlungspläne für Klimaziele auszuarbeiten. Wenn sich Firmen nicht an die Vorgaben halten, soll eine Strafe von bis zu drei Prozent ihres weltweiten Jahresumsatzes verhängt werden können.

Dem jetzt erfolgten Schritt war ein politischer Schlagabtausch vorausgegangen. Die konservative Europaparlamentsfraktion um CDU und CSU hatte mit der Unterstützung rechter und rechtsextremer Parteien den Weg für eine Abschwächung des Regelwerks freigemacht. Zuvor hatten sich auch die EU-Staaten für weniger strenge Vorschriften ausgesprochen.

Kanzler Friedrich Merz (CDU) hatte zwischenzeitlich eine komplette Abschaffung der Richtlinie gefordert. Als ein erster Kompromiss zur Abschwächung des EU-Lieferkettengesetzes im Europaparlament scheiterte, nannte Merz dies inakzeptabel und forderte eine Korrektur.

Laut Gesetz können große Betriebe zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie von Menschenrechtsverletzungen wie Kinder- oder Zwangsarbeit profitieren. Das Vorhaben wurde von Firmen vehement gerügt – sie nannten die bürokratische Belastung unzumutbar, wenn entlang der teils komplexen Lieferketten potenzielle Regelverstöße überprüft werden müssten. Nun sprachen Wirtschaftsvertreter davon, dass die Einigung "eine der weitreichendsten Entlastungen für kleine und mittlere Unternehmen der vergangenen Jahre" bedeute.

Scharfe Kritik kam von Sozialdemokraten und Grünen. Der SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken sagte, Menschenrechte und Klimaschutz seinen offensichtlich nun nur noch billige Verhandlungsmasse.
Schlagworte: Friedrich Merz, Tiemo Wölken

Weitere Artikel