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Bosch

Ein Roboter soll den Bauern auf dem Acker helfen

  • Wolf von Dewitz (dpa)

  • Mo, 12. Oktober 2015
    Wirtschaft

Bosch testet einen Automaten, der Unkraut erkennt und bestimmt, wo die Pflanzen am besten wachsen / Markteinführung von 2018 an geplant.

Ungewohnter Anblick auf dem Acker – Bonirob bei der Arbeit  | Foto: dpa
Ungewohnter Anblick auf dem Acker – Bonirob bei der Arbeit Foto: dpa
RENNINGEN. Landwirtschaft ist ein mühsames Geschäft, bei Wind und Wetter müssen die Bauern raus auf ihre Felder. Ein Teil ihrer Wegstrecke könnte bald wegfallen – ein Roboter soll übernehmen.

Es ist ein graues Ungetüm auf einem grünen Feld, das sich da im Schneckentempo fortbewegt. Ein klobiger Kasten auf vier Rädern, daran Drähte und Antennen – kein Fahrer weit und breit. Was auf den ersten Blick deplatziert wirkt auf einem Zuckerrüben-Acker bei Stuttgart, ist Hightech – und der Technologiekonzern Bosch knüpft daran große Erwartungen. Mit dem Agrarroboter Bonirob soll der Ernteertrag quasi auf Knopfdruck erhöht werden. Noch ist das Gerät im Erprobungsstadium, 2018 könnte die kommerzielle Markteinführung Stil erfolgen.

Ein 20-köpfiges Projektteam betreut das Produkt, es ist der erste Agrarroboter bei Bosch und wohl auch der erste im deutschen Markt mit so umfassenden Autopilot- und Analysefunktionen. Vorausgesetzt, all die Funktionen sind auch realitätstauglich.

Der Bonirob beseitigt Unkraut ohne Pestizide, mit kleinen Bolzen drückt er die Pflanzen in die Erde. "Das gibt den Nutzpflanzen daneben den entscheidenden Wachstumsvorteil", sagt Entwickler Amos Albert. Was Unkraut ist, erkennt der Roboter über Sensoren und Kameras. Wächst beispielsweise Kamille als Beikraut neben den gewünschten Möhren, bekommt die Kamille gewissermaßen einen auf den Deckel – und ist raus aus dem Rennen um die fürs Wachstum so dringend benötigten Sonnenstrahlen.

Eine weitere Funktion betrifft die Auswahl des besten Saatguts. Bei der sogenannten Bonitur – daher der Roboter-Name Bonirob – soll in der Pflanzenzucht objektiv bestimmt werden, wie weit einzelne Gewächse sich entwickelt haben. Wie groß ist das Blatt, wie intensiv ist die Farbe einer Blume? Dann weiß ein Landwirt rasch, wo auf dem Feld sich die Pflanzen am besten entwickelt haben und somit das beste Material zur Weiterzucht ist. Diese automatische Analyse sei ein immenses Plus für höhere Ernteerträge, sagt Albert.

In einigen Kilometern Entfernung zum Feld sitzt Manager Michael Bolle im neu errichteten, 300 Millionen Euro teuren Bosch-Forschungscampus. Er ist sozusagen der oberste Forscher im Technologiekonzern, 1200 fest angestellte Biologen, Physiker oder Chemiker arbeiten unter seiner Leitung. Bonirob ist formal gesehen nur ein kleines Rädchen in der riesigen Forschungsoase, zugleich ist es aber ein Vorzeigeprojekt.

Bisher entwickelte Bosch die Geistesblitze der Mitarbeiter nur intern zu Produkten, die am Ende auf den Markt gebracht wurden. Bonirob hingegen wird entwickelt, zugleich wurden erste Exemplare aber schon verkauft, Abnehmer waren zwei Unis. Eine davon, die Uni Freiburg, sieht die Chancen für diese Robotertechnik "äußerst positiv".

Rückmeldungen der Kunden sollen helfen bei der Weiterentwicklung. "Wir gehen frühzeitig an den Markt und sammeln Erfahrungen mit den Kunden", sagt Forschungschef Bolle.

Das Thema Agrartechnik findet in der Branche Zustimmung. Der Deutsche Bauernverband weist auf züchterische Fortschritte und höhere Erträge auch dank moderner Technik hin. Melkroboter seien schon weit verbreitet, sagt Verbandssprecher Michael Lohse. "Drohnen- und Robotertechnik dürfte in den nächsten Jahren über das Versuchsstadium hinaus Praxisreife erlangen."

Daumen rauf, wird auch in der Politik zum Agrar-Hightech signalisiert. Der Agrarexperte der Grünen im Europaparlament, Martin Häusling, meint, solch Hightech könnte hilfreich sein, etwa Drohnen zur Eindämmung von Schädlingsbefall. Bei den Agrarrobotern auf dem Feld bekommt der Grüne aber auch Sorgenfalten. "Die Beobachtung des Pflanzenzustands von einer Maschine erledigen zu lassen, fördert nicht unbedingt den bewussten und nachhaltigen Umgang mit dem Agrarökosystem durch den Landwirt selbst." Mit rein technischen Ansätzen werde man das Problem ausgelaugter Böden bei zu engen Fruchtfolgen – also der Anbau-Abfolge auf Feldern – nicht lösen.

Häusling betont, so ein moderner Helfer sei "nicht an sich etwas Schlechtes". "Aber das Agrarsystem, in dem er sich rechnen und funktionieren könnte, ist schlichtweg nicht nachhaltig." Roboter könnten Monokulturen auf großen Agrarflächen noch weiter befördern – dies könnte zulasten der ökologischen Vielfalt gehen, warnt er.

Ressort: Wirtschaft

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mo, 12. Oktober 2015: PDF-Version herunterladen

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