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EU-Parlament

Ein Veggie-Burger darf weiter Veggie-Burger heißen

  • AFP & dpa

  • Fr, 23. Oktober 2020, 19:51 Uhr
    Wirtschaft

Würstchen, Steaks, Burger: Es ist nicht lange her, dass diese Begriffe ausschließlich für Fleisch standen. Mittlerweile wurden sie für vegetarische Zwecke gekapert. Ist das rechtlich okay?

Burger – die vegane Variante  | Foto: Magdalena Bujak  (stock.adobe.com)
Burger – die vegane Variante Foto: Magdalena Bujak  (stock.adobe.com)
Das EU-Parlament hat sich gegen ein Verbot der Vermarktung von Fleischersatzprodukten unter Begriffen wie Veggie-Burger oder vegane Wurst ausgesprochen. Die Abgeordneten lehnten am Freitag einen entsprechenden Antrag ab. Weiter eingeschränkt werden soll aber das Marketing von Ersatzprodukten für Milcherzeugnisse.

Verwirrte Verbraucher?

Die vom Landwirtschaftsausschuss des Parlaments vorgeschlagenen Gesetzesänderungen waren in erster Linie auf den Druck von Agrarverbänden zurückgegangen. Der Generalsekretär der europäischen Agrarlobby Copa-Cogeca, Pekka Pesonen, beklagte etwa, Anbieter von Ersatzprodukten würden "Fleischbezeichnungen kapern".

Die europäische Verbraucherschutzorganisation Beuc hingegen lobte den Beschluss als "gute Neuigkeit". Die Verbraucher seien nämlich keineswegs verwirrt von Soja-Steaks oder Kichererbsen-Würstchen im Regal, wenn solche Produkte klar als vegetarisch oder vegan gekennzeichnet seien. Vielmehr machten es Bezeichnungen wie Burger oder Steak für Verbraucher einfacher, solche Produkte in ihre Mahlzeiten zu integrieren.

Weiter eingeschränkt werden soll nun nur die Vermarktung von Ersatzprodukten für Milcherzeugnisse. Schon nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 2017 dürfen rein pflanzliche Produkte nicht mehr als Sojamilch oder Pflanzenkäse verkauft werden. Dieses Verbot soll nun auf Bezeichnungen wie "-geschmack, -ersatz, Art oder dergleichen" ausgeweitet werden. Ausgenommen davon sind seit langem gängige Begriffe wie Erdnussbutter oder Kokosmilch.

Die Einschränkung für Milchprodukte kritisierte die Verbraucherschutzorganisation als "unnötig". Das habe nichts mit Verbraucherschutz zu tun. Der Markt für Fleisch- und Milchersatzprodukte auf der Basis von pflanzlichem Eiweiß boomt seit Jahren. Schätzungen zufolge hat sich der Absatz von Fleischersatzprodukten in Europa in den vergangenen fünf Jahren nahezu verdoppelt. Die Verbraucherorganisation Beuc betonte, mehr Menschen in der EU müssten sich "für ihre Gesundheit und für die des Planeten" öfter pflanzlich ernähren. Am besten sei dabei, selbst zu kochen – doch dazu hätten nicht alle Zeit oder Fähigkeit. "Attraktive, günstige und bequeme Alternativen zu tierischem Eiweiß" seien daher notwendig.

Greenpeace hält Debatte für unsinnig

In Deutschland sind Fleischbezeichnungen für Pflanzenprodukte derzeit möglich. Voraussetzung dafür ist der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission zufolge, dass es eine Ähnlichkeit der Produkte gibt. Diese kann durch verschiedene Kriterien wie den Verwendungszweck, Konsistenz oder auch das Mundgefühl gegeben sein.

Greenpeace nannte die ganze Debatte über Veggie-Burger "sinnlos". Es sei "erbärmlich", dass das Parlament sich hier nicht gegen die Agrarlobby gewehrt habe.

Einige EU-Parlamentarier hatten vor der Abstimmung die Diskussion über das Thema kritisiert. "Wir halten die ganze Debatte für völlig überflüssig", sagte der FDP-EU-Abgeordnete Jan-Christoph Oetjen der Deutschen Presse-Agentur. "Wir sind überzeugt, dass sich der Bürger selbst ein Bild machen kann." Schließlich wisse der Verbraucher auch, dass man Scheuermilch nicht trinken könne, so Oetjen.

"Ein Marketing, mit dem das Original erst in Verruf gebracht und dann in der Bezeichnung kopiert wird, ist unlauter." Bernhard Krüsken
Vor allem Landwirtschaftsverbände hatten vorab massiv Werbung für das Verbot der Fleischbezeichnungen für Ersatzprodukte gemacht. Der EU-Landwirtschaftsverband (Copa-Cogeca) erklärte in einem Tweet, dass mit der Zulassung von Fleischbezeichnungen für pflanzenbasierte Alternativen die Büchse der Pandora geöffnet werde. Er sprach von einem Schaden für Landwirte und Konsumenten, die durch die unklaren Bezeichnungen verwirrt würden.

Der Deutsche Bauernverband (DBV) fordert schon länger "ehrliche" Produktnamen für Ersatzprodukte. Dass für die pflanzlichen Alternativen Fleischbenennungen gewählt würden, bezeichnete DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken Anfang Oktober als "merkwürdige Form von Trittbrettfahrerei". "Ein Marketing, mit dem das Original erst in Verruf gebracht und dann in der Bezeichnung kopiert wird, ist unlauter", erklärte Krüsken.

Ressort: Wirtschaft

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Sa, 24. Oktober 2020: PDF-Version herunterladen

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