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Gewinner Schreibwettbewerb

Eine Reportage über das Schreiben von Reportagen

  • Katrin Momberg, Klasse 9c & Gymnasium Kenzingen

  • Mo, 16. Dezember 2013, 13:19 Uhr
    Schreibwettbewerb Zischup

Katrin Momberg berichtet, wie es ihr dabei erging, ihre erste Reportage zu schreiben.

Wenn das hier eine Geschichte wäre, die wir schreiben sollen, oder ein Gedicht, hätte ich damit weniger Probleme als hiermit. Behaupte ich jetzt einfach, obwohl es heißt, dass Menschen Behauptungen in Texten nicht mögen. Es soll eine Reportage werden, 4000 Zeichen lang, als Themenvorgabe haben wir nur: unser erstes Mal. Das ist ja einfach, habe ich als Erstes gedacht. Nun fange ich schon zum vierten Mal an, ich habe meine ersten Themenideen verworfen und erneut begonnen.

Das erste Mal ein Besuch im Alternativen Wolf- und Bärenpark Schwarzwald in Bad Rippoldsau-Schapbach, mein erstes Mal einen Abfaller an einem Vertikaltuch machen, das erste Mal alleine ohne meine Eltern wegfahren, alles war nicht genug für meine Ansprüche. Schließlich habe ich mich dazu entschlossen, über mein erstes Mal eine Reportage schreiben zu schreiben. Denn das ist wirklich nicht einfach für jemanden, der das noch nie gemacht hat. Im Internet findet man zu Reportage: Lateinisch reportare = berichten, melden. Aber ich weiß nicht viel zu berichten, jedenfalls nicht 4000 Zeichen lang. Das Ergebnis von drei Stunden schreiben sind etwa 900 Zeichen, ohne Leerzeichen. Und meine Motivation ist praktisch nicht mehr vorhanden.

Während ich in abnehmendem Tempo Wörter und Sätze in mein Word-Dokument tippe, checke ich Whatsapp und stelle fest, dass wir gar nicht über unser erstes Mal, sondern über das Ausprobieren einer bestimmten, vielleicht auch neuartigen Sache schreiben müssen. Mein erster Gedanke: Na toll, aber löschen möchte ich das bereits Geschriebene trotzdem nicht. Man fühlt so einen gewissen Stolz auf die Worte, die man selber aneinandergereiht hat, und so zu Sätzen zusammengefügt hat.

Immer wieder wandert mein Blick zu der Anzahl der geschriebenen Zeichen. Ich nerve mich selber schon mit meiner Ungeduld, endlich mit der Reportage fertig zu werden. Zum einen möchte ich, dass sie endlich fertig ist, zum anderen möchte ich aber auch, dass sie gut wird, denn es wurde schon angekündigt, dass die Reportage benotet werden soll. In meinem Fall also der Bericht über das Entstehen einer Reportage, beziehungsweise meine Gedanken, die ich beim Schreiben habe. Beim Durchlesen ist mir nämlich aufgefallen, dass ich nichts mit qualitativ wertvollem Inhalt niedergeschrieben habe, sondern nur beschreibe, wie es ist, eine Reportage zu schreiben, ohne zu wissen, worüber man wirklich schreibt. Ich kann jedem, der eine Reportage schreibt, nur den Tipp geben, sich vorher klar vor Augen zu führen, worüber man eigentlich schreiben möchte. Denn ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, worüber ich berichte, ich finde auch nicht, dass ich tatsächlich über etwas berichte. Mittlerweile habe ich es auf 2200 Zeichen gebracht, aber irgendwie das Gefühl, keine richtige Reportage zu schreiben. So viel also zu: Ich schreibe über das Schreiben einer Reportage. Doch mir fällt auf: So langsam macht es sogar Spaß zu schreiben.

Mit zunehmender Textmenge wird das Schreiben leichter, vielleicht bin ich an dem Moment angekommen, an dem ein Läufer, plötzlich leicht und locker weiterläuft, obwohl er eigentlich müde ist. Mir geht es nicht mehr darum, eine Arbeit abzuliefern, mit der andere zufrieden sind, sondern eine Arbeit, bei der ich sage, ich habe nicht gelogen, als ich sie geschrieben habe. Ich bin mir sicher, dass ich Kritik ernten werde, aber auch annähernd positive Rückmeldungen, denn ich weiß: Ich bin weder ein Reporter noch sonst irgendeine Person, die ihr tägliches Brot mit dem Schreiben von Reportagen, Zeitungsartikeln, Berichten, Glossen, und, und, und verdient. Es heißt schließlich auch: Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Schreiben bedeutet für mich, immer ein Stück von sich selbst preiszugeben, denn man schreibt über Themen, die einen interessieren oder Dinge, die einen beschäftigen. Immer wieder stellt sich mir jedoch die Frage: Was möchte ich dem Leser vermitteln? Die Antwort darauf habe ich nicht. Ich möchte nur zeigen, dass ein Text aus dem Nichts entsteht.

Was wäre der Mensch, wenn er nur das macht, was andere haben wollen? Ich denke, dass meine Reportage eine von denen ist, bei denen viele vielleicht keinen Sinn drin sehen mögen, aber trotzdem ist es eben eine Reportage über das Schreiben einer Reportage. Wenn der Leser hier angelangt ist, wird er sich vielleicht fragen was denn jetzt der Inhalt dieser Reportage gewesen sein soll, aber ich habe die Antwort darauf bereits für mich gefunden. Es geht darum, worüber man nachdenkt, wenn man eine Reportage schreibt.

Ressort: Schreibwettbewerb Zischup

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Di, 31. Dezember 2013: PDF-Version herunterladen

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