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Präsidentschaftswahl in Frankreich

Emmanuel Macron steht vor einer schweren zweiten Runde

Christine Longin und Agenturen

Von & Agenturen

So, 10. April 2022 um 21:15 Uhr

Ausland

Frankreichs Konservative und Sozialisten erleben eine Blamage. Es wird das gleiche Duell um den Einzug in den Élyséepalast wie 2017: Die Rechtspopulistin Marine Le Pen fordert in der Stichwahl Emmanuel Macron heraus.

Bei der Präsidentschaftswahl in Frankr...erste Runde klar für sich entschieden.  | Foto: LUDOVIC MARIN (AFP)
Bei der Präsidentschaftswahl in Frankreich hat Amtsinhaber Emmanuel Macron die erste Runde klar für sich entschieden. Foto: LUDOVIC MARIN (AFP)
Den dritten Platz belegte Linksaußen Jean-Luc Mélenchon mit gut 20 Prozent im ersten Wahlgang, gefolgt vom Rechtsextremisten Éric Zemmour mit sieben Prozent. Der wegen Volksverhetzung verurteilte frühere Fernsehkommentator Zemmour rief umgehend dazu auf, im zweiten Wahlgang Le Pen zu wählen: "Emmanuel Macron ist der Hauptgegner. Er ist der Präsident der massiven Einwanderung, der Präsident der Unsicherheit, der Präsident der Deindustrialisierung." Umfragen sagen für den 24. April ein knappes Ergebnis voraus.

Die einstigen französischen Traditionsparteien, die Konservativen und die Sozialisten, erlitten Blamagen. Die konservative Kandidatin Valérie Pécresse kam nur auf fünf Prozent, die Sozialistin Anne Hidalgo auf zwei. Pécresse rief noch am Wahlabend dazu auf, Macron zu wählen. Mit Le Pen an der Macht drohten "desaströse Folgen für das Land und für folgende Generationen". Frankreich würde von der europäischen und internationalen Bühne weggewischt, so Pécresse. Auch Hidalgo rief dazu auf, für Macron zu stimmen, "damit Frankreich nicht in den Hass aller gegen alle kippt", wie sie sagte.

Le Pen hatte auf den letzten Metern des Wahlkampfes deutlich zugelegt. Nachdem sie Anfang März noch zehn Prozentpunkte von Macron getrennt hatten, verringerte sie den Abstand zuletzt. In den nächsten zwei Wochen will sie alle Gegner des Präsidenten hinter sich vereinen und die Stichwahl zu einem Anti-Macron-Referendum machen. Vor fünf Jahren hatte Macron mit 66 Prozent deutlich gegen die 53-Jährige gewonnen.

Der Staatschef hatte seine Kandidatur erst spät angekündigt und dann kaum Wahlkampf gemacht. Zuletzt warnte er vor einem Tandem aus Le Pen und Zemmour. Die Anwältin hatte sich in den vergangenen Monaten ein gemäßigteres Image gegeben und ihrem Rivalen Zemmour die Hetze gegen Einwanderer überlassen. Durch einen Zusammenschluss mit dem 63-Jährigen rückt sie allerdings nun in den Köpfen ihrer Landsleute wieder weiter nach rechts. Zemmour, den 62 Prozent der Französinnen und Franzosen für eine Gefahr halten, müsste wohl als Gegenleistung für seine Unterstützung mit einem Regierungsamt belohnt werden. Er hatte angekündigt, dass er im Fall einer Niederlage bei der Parlamentswahl kandidieren werde.

Le Pens Lager dürfte nun versuchen, auch die Wähler des Linksaußen Mélenchon zu überzeugen. 21 Prozent von ihnen wollen laut Umfragen in der Stichwahl für die Rechtspopulistin stimmen.

Schwierigkeiten könnte Le Pen ihre lange gepflegte politische Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin bereiten. Ihrer traditionellen Wählerschaft, die meist der unteren Mittelschicht angehört, mag das Thema wenig interessieren. Schwierig wird es aber, nun konservative Wähler zu überzeugen.

Wahlbeteiligung lag bei 74 Prozent

Wie 2017 dürften sich die konservativen Républicains, die mehrfach den französischen Präsidenten stellten, vor der Stichwahl in zwei Lager spalten: diejenigen, die Macron unterstützen, und jene, die sich nicht festlegen und damit die Tür zu einem Votum für Le Pen öffnen. Ex-Präsident Nicolas Sarkozy könnte eine Empfehlung für Macron abgeben.

Macron dürfte dennoch Schwierigkeiten haben, jene republikanische Front wiederherzustellen, die ihm 2017 zur Wahl verholfen hatte. Die meisten Parteien hatten damals dazu aufgerufen, ihm gegen Le Pen die Stimme zu geben.

Die Wahlbeteiligung lag bei 74 Prozent und damit deutlich niedriger als 2017. Sie war aber nicht so schlecht wie 2002, als Le Pens Vater Jean-Marie gegen den Konservativen Jacques Chirac antrat.

Ressort: Ausland

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