Mobilität
"Fast die Hälfte fällt durch die Führerscheinprüfung"
Bis zu 4500 Euro kostet die Ausbildung zum Führerschein. Zu viel, meint Bundesverkehrsminister Schnieder (CDU) und möchte gegensteuern. Ein Interview mit Ralf Nicolai vom Fahrlehrerverband.
Sa, 19. Jul 2025, 13:06 Uhr
Südwest
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Überrascht war ich nicht. Diese Initiative wurde von Teilen der CDU schon vorher angestoßen und auch aus der Ampel kam der Vorstoß, dass der Führerschein finanzierbar bleiben muss. Gerade im ländlichen Bereich ist man auf den Führerschein angewiesen.
BZ: Trotzdem stellt sich die Frage, welche Möglichkeit die Politik hat, auf die Preisgestaltung Einfluss zu nehmen. Darüber wurde bislang nichts bekannt.
Das ist eine gute Frage, da bin ich auch gespannt, was wie das gehen soll. Ich habe meine Zweifel, dass das überhaupt möglich ist. Es soll ja demnächst einen Runden Tisch geben, bei dem sich Bund, Länder und die Verbände treffen, um das zu besprechen. Das wird spannend, was am Ende rauskommt.
BZ: Welche Möglichkeiten hätte die Politik, den Führerschein billiger zu machen?
Von Verbandsseite wurden Vorschläge gemacht, dass man die Mehrwertsteuer senken könnte – aber ich halte das nicht für realistisch. Man könnte die Führerscheinkosten auch irgendwie absetzbar machen. Oder man könnte Anreize für Arbeitgeber schaffen, die Führerscheinausbildung für Azubis oder andere Arbeitnehmer zu übernehmen. Viel mehr Möglichkeiten sehe ich da eigentlich nicht. Die Kostensteigerungen der Ausbildung hängen ja mit den allgemeinen Preissteigerungen zusammen.
BZ: Man liest oft, dass ein Führerschein bis zu 4500 Euro kostet. Ist das der Schnitt oder sind das Ausreißer nach oben?
Das ist eine hochgegriffene Zahl. Laut unseren Recherchen liegt der größte Teil der Ausbildungen bei 3000 bis 3500 Euro. Natürlich gibt es Ausreißer nach oben, teilweise sogar bis 5000 Euro.
BZ: Auch 3500 Euro sind eine hohe Summe. Wie kam es zu der Steigerung?
Das liegt vor allem an den generellen Kostensteigerungen. Wenn ich heute in die Werkstatt gehe und mein Auto reparieren lasse, zahle ich pro Stunde um die 200 Euro. Auch die Autos werden teurer, die Leasingkosten und es gibt auch einen Fahrlehrermangel. Wir müssen deshalb schauen, dass wir die Fahrlehrer anständig bezahlen. Mittlerweile wurde ein gutes Niveau erreicht. Früher waren das Tagelöhner, die haben wirklich schlecht verdient, so dass jeder angestellte Fahrlehrer versucht hat, sich so schnell wie möglich selbständig zu machen.
BZ: Ein Faktor bei den Kostensteigerungen des Führerscheins könnte auch die Zeit der Ausbildung sein. Man hört oft, dass die heute deutlich länger dauert.
Das ist richtig. Die Leute brauchen heute mehr Fahrstunden als früher. Das liegt nicht an den Fahrlehrern, sondern vor allem am Gesetzgeber. Die Themen in der Prüfung werden immer mehr und immer komplexer. Ein Beispiel: Auch Fahrassistenzsysteme werden jetzt in Ausbildung und Prüfung mit reingenommen. Das wiederum erfordert eine längere Ausbildungszeit. Und die Prüfungszeit wurde verlängert. Das sind bei der Klasse B, also dem normalen Autoführerschein, jetzt nicht mehr 45 Minuten, sondern 55. Dabei wissen wir, dass die Konzentration der Prüflinge nach 40 Minuten massiv abfällt. Und jetzt müssen sie nochmal zehn Minuten mehr durchhalten. Wir müssen sie also noch mehr auf die Prüfung vorbereiten, damit sie die bestehen.
BZ: Und dennoch ist die Durchfallquote hoch. Woran liegt das?
Man muss unterscheiden zwischen Theorie und Praxis. In der Praxis ist sie gar nicht so sehr gestiegen. Aber in der Theorie ist sie tatsächlich extrem hoch. Mittlerweile fällt fast die Hälfte durch.
BZ: Dabei ist das doch nur Lernsache.
Richtig, so sehen wir das auch. Man muss sich da einfach auf den Hosenboden setzen und lernen. Aber das fällt vielen schwer. Woran das liegt, kann ich Ihnen nicht sagen. Vielleicht auch an der Einstellung vieler Schüler, die es auch ohne Vorbereitung mal probieren wollen. Und wenn’s nicht klappt, kommen sie einfach 14 Tage später zur nächsten Prüfung. Früher gab es die Regelung, dass man drei Monate warten muss, wenn man dreimal durch die Theorieprüfung gefallen ist. Und ganz früher musste man dann sogar eine medizinisch-psychologische Untersuchung machen. Das ist alles weggefallen. Wenn man das wieder einführen würde, hätte man mehr Anreiz für eine gute Vorbereitung.
BZ: Liegt die hohe Durchfallquote auch an mangelnden Sprachkenntnissen?
Das ist sicher ein Faktor – und nicht nur bei Migranten, sondern auch bei Menschen, die in Deutschland geboren wurden. Die tun sich mit den Fragen schwer, können sie teilweise nicht verstehen. Wir merken das im Theorieunterricht. Da werden einfache Wörter, wie etwa "Bodenwelle" nicht mehr verstanden.
BZ: Wie könnten die Fahrschulen da gegensteuern?
Eine Möglichkeit wäre, die Lernzeit zu verlängern. Die Schüler müssten dann mehr Vor- und Nachlernen – was die Ausbildung auch nicht günstiger machen würde, das müsste ja alles kontrolliert werden. Wir plädieren auch sehr für eine regelmäßige Lernstandskontrolle, also eine Art Zwischenprüfung. Die Fahrschüler müssten dann nachweisen, dass sie einen gewissen Standard haben, bevor sie in die Prüfung dürfen.
BZ: Spielt der Führerschein bei jungen Leuten heute überhaupt noch eine große Rolle? Man sagt immer, die Generation Z hätte kein großes Interesse mehr am Auto. Oder ist das ein Mythos?
Ein Mythos ist das nicht, das zeigen unsere Zahlen. Der Führerschein wird schon noch gemacht, aber später. Viele fangen erst nach dem Studium an, wenn sie merken, dass es doch nicht so schlecht ist, einen Führerschein zu haben. Dass man heute noch so heiß darauf ist, ihn mit 18 schon zu haben, gibt es kaum noch. Vor allem in der Stadt, wo man auf andere Formen der Mobilität zurückgreifen kann.