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Zischup-Schreibwettbewerb Frühjahr 2014

Fremde Welten

  • Sophia Dierks, Klasse 8 & Freie Waldorfschule Schopfheim

  • Di, 20. Mai 2014, 11:19 Uhr
    Schreibwettbewerb Zischup

Sophia Dierks hat für den Schreibwettbewerb eine Geschichte über afrikanische Kinder geschrieben, die Hunger leiden.

Kala, die Sonne, und Dayo, die große Freude – zwei Freundinnen in Ostafrika, in Äthiopien, dem ewig trockenen Land, wo immer noch viele Menschen verhungern.

Die Sonne brannte auf sie herab, unbarmherzig und stechend. Mit schlaffer Haut, Wasserbäuchen und riesigen Augen saßen die Kleinen da, alle noch am Leben und doch schon so weit weg. Erwartungsvoll schauten sie Kala an, doch als sie ihren Blick sahen, wandten sie sich wieder ab und schlossen die Augen. Die sechzehnjährige Kala fühlte sich schuldig, wieder hatte sie es nicht geschafft, etwas zu Essen für ihre kleinen Geschwister Kadisha (die früh Geborene), Morea (Herz) Samaya (Himmel) und Saidu (der Glückliche) aufzutreiben. Schon seit sechs Wochen waren alle Läden in Addis Abeba, der Hauptstadt Äthiopiens leer. In Kalas Dorf gab es nichts mehr als ein paar trockene Getreidekörner, Kala war extra zwei Stunden gelaufen, um dann doch nichts aus der Stadt mitbringen zu können.

Schon seit fast zwei Monaten wütete die Hungersnot in Äthiopien und Somalia, es waren schon viele Tausend Menschen verhungert, geschweige denn der Tiere. Kalas Familie hatte bisher Glück gehabt, doch die kleinen Geschwisterkinder wurden nun von Tag zu Tag dünner und schwächer. Der Boden war staubig, die Luft stickig, überall am Straßenrand lagen ausgehungerte, verzweifelte Wesen. Anfangs hatte der Hunger wehgetan und Kalas Magen hatte sich verkrampft, doch jetzt spürte sie nichts mehr als eine einzige, weite Leere und eine unbändige, wachsende Angst. Da stand Kala nun, deren Name Sonne bedeutet, hasserfüllt und gleichzeitig unendlich traurig. Wieso half niemand? Wieso kamen keine reichen Menschen und retten ihr Leben? Sie musste mit ansehen, wie ihre Geschwister nur noch halb lebend am Straßenrand lagen, und die reichen Amerikaner und Europäer taten nichts.

Plötzlich spürte Kala eine Hand auf ihrer Schulter, sie drehte sich um und sah Dayo. Sie hatte sie schon seit Wochen nicht mehr gesehen, obwohl sie beste Freundinnen waren, aber Dayo lebte in Addis Abeba und die beiden trafen sich nur sehr selten. Der Name Dayo bedeutet "große Freude" und das war sie in jedem Fall. Für Kala hätte in diesem Moment nichts Besseres passieren können, als dass ihre Freundin sie besucht. Sie umarmten sich lange, dann erzählte Kala ihr von ihren Sorgen. Ihre Mutter Zia (Reise) und ihr Vater Ras (Oberhaupt) waren seit einer Woche nicht mehr zuhause, sie waren in das nächste Dorf gewandert, um dort nach Essen zu fragen, die Kinder konnten sie nicht mitnehmen und alleine wäre es zu gefährlich gewesen, doch sie waren immer noch nicht zurück und die sechzehnjährige Kala musste allein für ihre Geschwister und sich sorgen. Dayo schwieg lange, nachdem sie das gehört hatte, dann nahm sie Kala in den Arm und verabschiedete sich. Leise verkroch sich Kala in ihre Hütte zu den schlafenden Geschwistern und betete, bis sie einschlief, ganz fest um Hilfe in dieser hilflosen weiten Leere der Angst.

Ressort: Schreibwettbewerb Zischup

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