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Zischup-Interview

"Genmais macht keinen Sinn"

BZ-Extra Redaktion

Von

Fr, 16. Mai 2014

Schülertexte

ZISCHUP-INTERVIEW mit Gottfried May-Stürmer vom BUND über genveränderten Mais und mögliche Gefahren für die Umwelt.

Gottfried May-Stürmer  | Foto: Privat
Gottfried May-Stürmer Foto: Privat

Seit Februar ist der genveränderte Mais 1507 in der Europäischen Union zugelassen – obwohl die Mehrheit der EU-Bürger kein verändertes Saatgut auf den Feldern will. Zum Thema Genmais hat Zischup-Reporterin Melina Weis aus der Klasse 9c der Theodor-Frank-Realschule in Teningen Gottfried May-Stürmer vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) interviewt. May Stürmer arbeitet in der BUND-Regionalgeschäftsstelle Heilbronn-Franken.

Zischup: Was ist eigentlich der gentechnisch veränderte Mais 1507 und wieso soll er bei uns angebaut werden?
May-Stürmer: Der Mais 1507 hat ein Gen einer Bodenbakterie, des Bacillus thuringensis, abgekürzt Bt, eingebaut. Dieses führt dazu, dass der Mais in jeder Zelle ein Gift produziert, das Schmetterlinge umbringt, unter anderem den Maiszünsler, einen Schmetterling, dessen Raupe Mais frisst und dort Schaden anrichten kann. Der Mais 1507 liefert keine höheren Erträge als auf natürlichem Weg gezüchteter Mais. Der Einbau der Maiszünslerresistenz soll zu einem verringerten Pestizideinsatz führen. In Brasilien hat sich aber gezeigt, dass Schädlinge innerhalb weniger Jahre Resistenzen entwickeln, sodass der Pestizideinsatz wieder gewaltig ansteigt.

Zischup: Ist Genmais eigentlich gefährlich – und wieso oder wieso nicht?
May-Stürmer: Genveränderter Mais, der Insektizid produziert, ist auf jeden Fall gefährlich für Insekten. Es gibt auch Hinweise, dass dieser Mais für Kühe schädlich wirkt, die ihn fressen – das wird allerdings vom Hersteller bestritten.


Zischup: Glauben Sie, dass der gentechnisch veränderte Mais gefährlich für die Umwelt ist?

May-Stürmer: Das ist sehr wahrscheinlich. Dass das Bt-Gift für Insekten schädlich wirkt, ist klar – das ist sein Zweck. Befürworter sagen, Bt-Toxin darf sogar im Öko-Landbau eingesetzt werden. Das stimmt. Aber im Öko-Landbau wird der Wirkstoff außen auf die Pflanzen ausgebracht, unter der Einwirkung von Sonnenlicht wird er in wenigen Tagen vollständig abgebaut. Beim genmanipulierten Mais wird er in jeder Zelle produziert und ist dem Sonnenlicht entzogen. Außerdem sind die Mengen, die ein Maisacker produziert, um das mehr als Hundertfache größer als die, die ein Bauer spritzen dürfte. Hinzu kommt, dass die Herbizidresistenz nur sinnvoll ist, wenn das Herbizid auch eingesetzt wird. Dieses Glufosinat ist aber ein gesundheitlich hoch problematischer Wirkstoff und soll deshalb EU-weit verboten werden. In Deutschland ist Glufosinat im Maisanbau nicht mehr erlaubt – der Anbau von Mais 1507 macht also wenig Sinn.

Zischup: Kann man mit dem Genmais den Welthunger stillen?
May-Stürmer: Genveränderter Mais bringt keine höheren Erträge als konventionell gezüchtete Sorten. Genverändertes Soja und genveränderter Raps bringen sogar erheblich niedrigere Erträge als konventionelle Sorten. Schon deshalb sind sie kein Mittel gegen den Welthunger. Sie werden nur deshalb angebaut, weil sich damit größere Flächen mit weniger Arbeitskraft bewirtschaften lassen – schön für Besitzer großer Flächen, weniger schön für Kleinbauern und Landarbeiter, deren Arbeitskraft nicht mehr gebraucht wird. Zudem landet der größte Teil der Pflanzen im Tierfutter. Um dieselbe Menge an tierischen Nahrungsmitteln zu erzeugen, braucht es aber fünf bis 15 Mal mehr Fläche als bei pflanzlichen Nahrungsmitteln. Der Anbau von genveränderten Pflanzen für den Export hat in mehreren Ländern wie Argentinien oder Paraguay zur Verdrängung von Kleinbauern und der Nahrungsmittelerzeugung für den Eigenbedarf geführt. Es gibt aber tatsächlich ein Land, in dem Menschen hungern und genveränderte Pflanzen angebaut werden: Burkina Faso. Dort wird aber nur genveränderte Baumwolle angebaut – also keine Nahrungspflanze.

Zischup: Wo kann man sich als Verbraucher informieren?
May-Stürmer: Bei pflanzlichen Nahrungsmitteln muss ab einem Schwellengelhalt von 0,9 Prozent deklariert werden, ob sie genveränderte Bestandteile enthalten – bei verpackten Lebensmitteln auf der Packung, bei unverpackten oder im Restaurant gut sichtbar an der Theke, am Stand und so weiter. Bei tierischen Nahrungsmitteln muss nicht angegeben werden, ob sie mit genveränderten Futtermitteln erzeugt werden. Es gibt aber das geschützte Logo "Lebensmittel ohne Gentechnik", das die Verwendung genveränderter Futtermittel ausschließt. Bei Erzeugnissen aus dem Öko-Landbau ist Gentechnik verboten. Bei Milch und Milchprodukten sind in fast jedem Supermarkt Produkte ohne Gentechnik zu finden, auch bei Eiern.


Weitere Infos im Internet auf:

Contra Gentechnik: www.gentechnikfreie-regionen.de; Pro Gentechnik: www.transgen.de

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Ressort: Schülertexte

  • Veröffentlicht in der gedruckten Ausgabe der BZ vom Fr, 16. Mai 2014:
  • Zeitungsartikel im Zeitungslayout: PDF-Version herunterladen

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