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50 Jahre Monty Python

Gnadenlose Nonsens-Truppe: Ein ABC der Albernheiten

  • Alexander Brüggemann (KNA)

  • Sa, 05. Oktober 2019, 10:28 Uhr
    Kultur

Nichts war ihnen heilig, der Spott kannte kein Tabu – ob bei Jesus oder den Nazis. Zum 50-jährigen Jubiläum der Kult-Truppe ein Alphabet der Albernheiten von Monty Python.

„Das Leben des Brian“ aus ...u den berühmtesten Filmen der Pythons.  | Foto: MONTY PYTHON FILMS / Album
„Das Leben des Brian“ aus dem Jahr 1979 zählt zu den berühmtesten Filmen der Pythons. Foto: MONTY PYTHON FILMS / Album
So was hatte man selbst in England noch nicht gesehen, der ewigen Heimstatt des Skurrilen: ein Besuch im Ministerium für alberne Gangarten; Marx, Mao und Lenin beim Fußballquiz; gefährliche Horden von Linksabbiegen-Schildern und britische Rekruten, die mit frischem Obst angegriffen werden. Die Albernheit, mit der Monty Python zu Werke gingen, stand ihrer Angriffslust auf das bildungsbürgerliche Kulturerbe in nichts nach. Verhohnepiepeln um jeden Preis war das Motto, als die TV-Show "Monty Python’s Flying Circus" vor 50 Jahren, am 5. Oktober 1969, in der BBC an den Start ging.

Intellektuell waren die sechs Mitglieder der Nonsens-Truppe denkbar gut gewappnet: Drei von ihnen studierten in Cambridge, zwei in Oxford. Bereichert wurden sie von einem US-Amerikaner mit irrer Begabung, Terry Gilliam. Ihr Bildersturm galt allem, was den Menschen damals wichtig war: Seriosität, Polizei und Armee, aber auch linken Ikonen wie Che Guevara oder Friedrich Engels. Ein Lieblingsobjekt des Spotts – neben den Deutschen – war die Kirche. Den Pythons war nichts heilig – im Gegenteil.

Abendmahl, vorletztes: eine typische Monty-Python-Farce. Renaissance-Genie Michelangelo (statt der Rivale Leonardo) muss beim erbosten Papst antreten, weil er ihm ein ziemlich abgedrehtes Abendmahl Jesu angedreht hat: mit drei Christussen, Kängurus, Mariachis und Trampolin-Kunststücken.

BBC: Der Sender, der diese maximal schrägen Nummern erst ermöglichte; der vielleicht noch versuchte, das Schlimmste zu verhindern. Doch der Damm der Albernheit war gebrochen.


Cartoons:
Der US-Amerikaner Terry Gilliam fügte dem britischen Wortwitz der Pythons ein unverwechselbares Element hinzu, das bis heute Werbemacher inspiriert: irre Zeichentrick-Sequenzen wie etwa den riesigen Fuß des Cupido, der die komplette absurde Szene zerstampft.


Deutsche:
An den "Krauts" haben sich die Pythons maximal abgearbeitet – und am Zweiten Weltkrieg. Da gibt es das Philosophen-Fußballspiel gegen die alten Griechen mit Hegel, Schopenhauer und Beckenbauer – aber natürlich auch viele Nazis (s. dort).

Erpressung: Gesellschaftliche Gemeinheiten ließen die Pythons ungern aus. Die "Blackmail Show" der frühen 70er-Jahre nahm visionär voraus, was im Spam-TV der 2010er-Jahre gang und gäbe geworden ist.



Finanzierung:
Die stets klammen Pythons sammelten Geld für ihre Low-Budget-Filme auch bei Musikstars ein, die auf diese Weise Steuern abschreiben konnten. Zu den Gebern für die "Ritter der Kokosnuss" gehörten Elton John, Pink Floyd, Led Zeppelin und Genesis. Für das "Leben des Brian" sprang maßgeblich "Beatle" George Harrison ein. Er sagte später, er wollte "einfach unbedingt den Film sehen".


Gral, Heiliger:
Der chaotische erste Kinofilm zur Artus-Saga ist voll von literarischen Zitaten, aber auch von gnadenlosen Albernheiten: dem Killerkaninchen, der heiligen Handgranate von Antiochien oder der verfressenen Burg "Spam-a-lot".

Holzfäller: (Lumberjack): funktioniert auf der Bühne wie auch filmisch. Ein betont männlicher Mann steigert sich in seinem naturverliebten Gesangspathos bis hin zum peinlichen Coming-out.



Ideen
: gingen dem britisch-amerikanischen Sextett nie aus. Wie kommt man bloß auf ein Ministerium für alberne Gangarten, auf gefährliche Horden von Linksabbiegen-Schildern oder Gangs gewaltbereiter Säuglinge?


Jerusalem:
Wirkungs- und Sterbeort des Brian von Nazareth, dessen Vita kauzige Parallelen zum Leben Jesu aufweist. Die "Pürger" von Jerusalem spielen ihm übel mit – und wie jeder bekommt auch er "nur ein Kreuz".


Kokosnüsse:
machen Geräusche, die denen von reitenden Rittern im Mittelalter ziemlich ähnlich sind. Reiter ohne Pferde – ein tolles Einsparpotenzial. Aber auf Kosten jeder Ernsthaftigkeit.

Leben, das: ein Hauptthema der Pythons. Sie suchten hartnäckig den "Sinn des Lebens" und erforschten das "Leben des Brian", das mit Kreuzigung endete und der klaren Botschaft: "Schau immer auf die helle Seite des Lebens!"

Musik: Eric Idle war der musikalische Kopf der Pythons, ein Meister der absurden Chansons ("The Meaning of Life", "Philosophers Song"). Sein bekanntestes Lied "Always Look on the Bright Side of Life" singt er neben Brian am Kreuz.

Nazis: ein grandioses Hauptthema der Python-Generation. "Don’t mention the War", hieß es zwar. Der Krieg wurde dann aber doch erwähnt, etwa mit dem "tödlichsten Witz der Welt" – der angeblich nach schwieriger Übersetzungsarbeit durch bloßes Erzählen 1944 den Krieg an der Westfront entschied. Ohne Elfmeterschießen.

Obst, frisches: kann Verheerendes anrichten. Zum Glück gibt es Offizier John Cleese, der britische Wehrpflichtige in Unterwäsche unterweist, wie man sich gegen mögliche Angriffe durch Bananen, Ananas oder Süßkirschen wappnet.

Polizist: eine Reizfigur für die 68er. "Der Colonel" schreitet ein, um zumindest die alleralbernsten Sketche zu unterbrechen ("it’s a fair cop").

Quatsch: ist eigentlich das meiste aus dem Python-Arsenal. Im "Pie Sketch" etwa lernt man die wissenschaftliche Humorlektion, mit welchen Zügen und Techniken man eine Tortenschlacht ausführen kann.

Römer: haben nichts für uns getan – mal abgesehen von Medizin, sanitären Einrichtungen, Schulwesen, Wein, öffentlicher Ordnung, Bewässerung, Straßen und allgemeinen Krankenkassen. Trotzdem schreibt Brian an die Palastmauer: "Romanes eunt domus". Soll heißen: Römer, geht nach Hause! Heißt es aber nicht.



Sprengungen:
gehören ebenso zum Ritus zur Beendigung alberner Sketche wie das 16-Tonnen-Gewicht, ein Bestrafungsinstrument Gottes, das traditionell auf unmutige oder unbotmäßige Protagonisten herabstürzt.

Tiere: ein fester Bestandteil der Python-Absurditäten. Aale, Albatrosse, Killerkaninchen, Otternnasen, Ozelot-Öhrchen und Pelikanbonbons dürfen nicht fehlen. Und natürlich der Papagei Polly aus dem "Dead Parrott"-Sketch.

Unentschieden: Der Schwarze Ritter, im Kampf vielfach getroffen, weigert sich wacker aufzugeben. Ohne alle Gliedmaßen ("kratz dich mal") will er immer noch ein Remis aushandeln.

Völlig Anderes, etwas: Viele Sketche werden von John Cleese als Ansager mit den stereotypen Worten eingeleitet: "Kommen wir nun zu etwas völlig anderem." (And now for something completely different.)

Wörterbuch, ungarisches: Ein perfider Übersetzer bringt ein vorsätzlich falsches Nachschlagewerk in Umlauf und damit die Benutzer in unmöglichste Situationen. Neben allerlei Anzüglichkeiten faselt ein armer Ungar im Tabakwarengeschäft von zerkratzten Schallplatten und seinem Luftkissenfahrzeug voller Aale.

Xylophon: Die Mäuseorgel von "Ken Ewing and His Musical Mice" ruft erboste Tierschützer auf den Plan – denn seine Hammerschläge entlocken den Mäusen jeweils nur einen einzigen letzten Ton.

Yorkshire: Ein weiteres Großthema der Pythons sind die "Trottel der feinen Gesellschaft". Im "Four Yorkshiremen Sketch" überbieten sich etwa vier arrivierte Snobs mit Schilderungen ihrer angeblich armen Herkunft.

Zirkus: Im namensgebenden "Monty Python’s Flying Circus" treffen sich alle: Marx, Mao und Lenin zum Fußballquiz, Kardinal Richelieu zur Gerichtsverhandlung, die gefährlichen Brüder Doug und Dinsdale Piranha zum Essen oder die Spanische Inquisition, einfach so als Überraschung.

Ressort: Kultur

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Sa, 05. Oktober 2019: PDF-Version herunterladen

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