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Priester in Coronazeiten

Gottesdienst auf Youtube

  • Patrice Fura, Klasse 8d, Realschule Dreiländereck (Weil am Rhein)

  • Mi, 22. Juli 2020, 18:19 Uhr
    Schülertexte

Luis Collantes ist Priester. Wie sich sein Alltag durch Corona verändert hat, beschreibt Patrice Fura, Schülerin der Klasse 8d der Realschule Dreiländereck in Weil am Rhein, in ihrem Text.

Auch die Kirche hat unter Corona zu leiden.   | Foto: Markus Scholz (dpa)
Auch die Kirche hat unter Corona zu leiden. Foto: Markus Scholz (dpa)
Luis Collantes, Priester in der Pfarrei Bruder Klaus in Konstanz, war bis vor einigen Jahren als Seelsorger in der Pfarrgemeinde St. Peter und Paul in Weil am Rhein tätig. Er stammt gebürtig von den Philippinen. Mit zehn Jahren wanderte er mit seinen Eltern nach Amerika aus. In New York schloss er sich einer Ordensgemeinschaft an und war für diese dann weltweit im Einsatz. Luis Collantes war in Spanien, Italien, später in Mexiko, wo er Straßenkinder betreute und in Brasilien in den Armenvierteln, den Favelas von Rio de Janeiro.

Seit 1995 ist er in Deutschland, dort wurde er 2000 als Diakon und 2002 als Priester geweiht. Auch sein Alltag hat sich durch das Coronavirus verändert. Öffentliche Gottesdienste dürfen nicht mehr stattfinden. Die Kirche in Konstanz steht aber jeden Tag von 9 bis 19 Uhr für Gläubige offen, die für sich alleine beten möchten. Man findet dort jedoch kein Weihwasser und die Kirchenbänke werden regelmäßig desinfiziert. Seine Arbeit ist nicht weniger geworden. Nach wie vor steht er jeden Morgen um sechs Uhr auf und betet, auch die kleineren Gottesdienste finden statt, allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Bei diesen Gottesdiensten gibt es keine Kommunion und als Friedensgruß verbeugt man sich voreinander.

Als Seelsorger steht er nun nur noch telefonisch zur Verfügung. Gerade ältere Leute, die Angst haben, wenden sich an ihn, um mit ihm zu sprechen. Manche benötigen aber auch praktische Hilfe, für die er oder freiwillige Helfer einkaufen gehen oder andere Erledigungen übernehmen. Persönlichen Kontakt mit Menschen hat er kaum, und das fehlt ihm auch. Selbst wenn jemand stirbt, erfolgt das Gespräch mit den Angehörigen übers Telefon und an der Beisetzung darf nur der engste Familienkreis teilnehmen. Die Trauerfeier darf nicht in der Abdankungshalle stattfinden, sondern nur im Freien auf dem Friedhof. Hochzeiten und Taufen sind momentan abgesagt.

Zu Kranken, die eine Salbung wünschen, geht er aber nach wie vor nach Hause und in die Krankenhäuser, aber auch er hält sich hier streng an die Hygienevorschriften. Seit neuestem gehen Luis Collantes und zwei weitere Priester neue Wege, bei dem sie Gottesdienste auf dem Youtube-Kanal "GOrona Kath-WA" ins Internet einstellen. Natürlich gibt es viele Gottesdienstangebote im Internet. Wie er aus seinem Umfeld erfahren hat, ist es für viele Menschen aber wichtig, einen Gottesdienst zu sehen, mit den ihnen bekannten Priestern in ihrer Kirche. Gedreht wird das Video samstags und am Sonntag wird es im Internet veröffentlicht.

Pfarrer Collantes telefoniert auch viel mit seinen Geschwistern in Amerika. Dramatisch sei die Lage in seiner alten Heimat, besonders in Manila. Auf den Philippinen hilft er seit Jahren Kindern und armen Familien. Er hat selbst viele Projekte ins Leben gerufen, wie zum Beispiel ein warmes Mittagessen für Kinder in zwei Grundschulen, ein Waisenhaus, welches von Nonnen geleitet wird, Hilfe für Straßenkinder und er besorgt auch Schulmaterialien, wie Hefte, Stifte und Schulranzen. Luis Collantes berichtet, dass auch dort die Schulen geschlossen sind und es eine Ausgangssperre gibt. Aufgrund der Ausgangssperre können die Leute nicht zur Arbeit und bekommen dann kein Geld. Eine soziale Absicherung gibt es nicht.

Er hat von einer Familie aus den Slums in Manila gehört, welche nur noch zwei Kilogramm Zucker hat. Sie lösen den Zucker in warmen Wasser auf und geben es den Kindern zu trinken, da sie sonst nichts haben. Ihm selbst sind hier in der Ferne die Hände gebunden, man kann nur mit Geldspenden unterstützen. Er schickt das Geld an seinen Neffen, der vor Ort ist. Dieser kauft Lebensmittel und verteilt sie an die Bedürftigsten. Natürlich fürchten die Leute sich vor dem Coronavirus, aber mit der Angst, krank zu werden leben sie immer, da es keine staatliche Krankenversicherung gibt. Wer krank wird, ist auf sich allein gestellt. Luis Collantes möchte in dieser schwierigen Zeit für die Leute da sein und Trost überbringen. Er sagt, dass die Menschen bei Gott Halt finden, denn gerade der Glauben kann den Menschen die Angst nehmen, egal wie hoffnungslos es scheint.

Ressort: Schülertexte

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