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"Ich vermisse deutsche Schokolade"

  • Hannah Wanka und Nele Kleinschmidt, Klasse 4c, Tunibergschule (Freiburg-Opfingen)

  • Fr, 23. März 2018
    Zisch-Texte

ZISCH-INTERVIEW:Carolina Kustermann macht ein Auslandsjahr in den USA und ist erstaunt, wie gut sie plötzlich in Mathe ist.

Carolina Kustermann mit Hund   | Foto: Privat
Carolina Kustermann mit Hund Foto: Privat

Wer würde es sich trauen, ein Jahr ohne Familie und Freunde im Ausland zu verbringen? Antwort: Carolina Kustermann, 16 Jahre alt, aus Kaufbeuren im Allgäu. Bis Juni ist sie noch in den USA. Die Zisch-Reporterinnen Nele Kleinschmidt und Hannah Wanka aus der Klasse 4c der Tunibergschule in Freiburg-Opfingen, führten per Videochat ein Gespräch mit ihr. Hannah Wankas und Carolina Kustermanns Familien sind befreundet.

Zisch: Wo bist du gerade und auf welche Schule gehst du?
Kustermann: Ich bin in North Bend in der Nähe von Seattle. Dort besuche ich die Mount Si Highschool. Das ist eine ganz normale öffentliche Highschool.

Zisch: Warum hast du dich dafür entschieden, für ein Jahr ins Ausland zu gehen?
Kustermann: Der Hauptgrund ist, dass ich spät im Jahr geboren bin und früh eingeschult wurde. Deswegen hätte ich mit 17 schon mein Abitur gemacht. Anschließend hätte ich mit meinem angestrebten Studium noch warten müssen, weil ich noch nicht alleine hätte wohnen oder Auto fahren dürfen. Meine Gasteltern, die ich vorher schon kannte, haben mir dann angeboten, ein Jahr bei ihnen in Amerika zu verbringen. Das habe ich dann mit meinen Eltern in Deutschland besprochen und wir haben eine gute Austauschorganisation gefunden. Eine andere Freundin hat das vorher schon mal gemacht, und die fand das total cool. Wieder eine andere Freundin hatte weniger Glück gehabt. Sie hat den Austausch mit einer anderen Organisation gemacht, musste zweimal die Familie wechseln, und es hat zweimal nicht geklappt. Nach einem halben Jahr brach sie ab und kehrte nach Deutschland zurück.

Zisch: Gibt es Unterschiede zu deiner Schule in Deutschland?
Kustermann: Es gibt keine festen Klassen, sondern nur Kurse, in denen immer andere Leute sind. Außerdem hat man täglich sechs Stunden Unterricht. Es gibt keinen Wochenstundenplan, sondern man hat jeden Tag die gleichen Stunden. Der Unterricht ist auch ganz anders. Ich bin beim Lernen ganz auf mich alleine gestellt. Zwar darf ich im Unterricht zum Beispiel mein Handy anhaben oder mit anderen reden, aber man ist selbst verantwortlich, ob man aufpasst oder nicht. Ich würde sagen, die Schule ist vom Niveau her leichter als in Deutschland. In Mathe hatte ich immer Probleme, aber hier bekomme ich nur Einser und ich kann den anderen in Mathe etwas erklären.

Zisch: Hast du neue Fächer in den USA?
Kustermann: Ich mache jetzt Anatomie, Physiologie und Sportmedizin. Es gibt aber auch noch Gesundheit oder Werken mit Ton und Gebärdensprache. Ansonsten sind die Fächer gleich.

Zisch: Verstehst du dich gut mit deinen Gasteltern?
Kustermann: Ich komme sehr gut mit ihnen aus. Es gab noch nie ein Problem, und ich kann immer zu ihnen kommen. Sie sind superfreundlich und nehmen mich überall mit hin. Ich habe einen großen Gastbruder, der ist 20 Jahre alt und geht aufs College. Mit dem verstehe ich mich auch gut. Wir machen öfter etwas zusammen. Dann habe ich noch einen kleineren Gastbruder, der ist vier Jahre alt. Mit dem spiele ich viel und passe hin und wieder auf ihn auf.

Zisch: Hast du Heimweh?
Kustermann: Nein, bis jetzt noch nicht. Nicht mal an Weihnachten, weil ich meine Gasteltern ja schon vorher gekannt habe. Sie waren quasi schon vorher wie eine Familie für mich. Deswegen war das kein Problem. Am Anfang hatte ich ein paar Zweifel, wie das in der neuen Schule wird. Die ersten Tage hatte ich auch Probleme, weil ich niemanden kannte und dann saß ich alleine beim Mittagessen und hatte Angst, dass ich nie Freunde finden werde. Aber dann habe ich mir gesagt, dass ich das jetzt durchziehen muss, und habe andere Schüler angesprochen. Und dann ging alles ganz schnell. Inzwischen habe ich eine richtig tolle Freundesgruppe, mit der ich viel unternehme.

Zisch: Was vermisst du am meisten?
Kustermann: Meine Familie, meine Freundinnen und meinen Freund. Aber es ist nicht so schlimm, weil wir uns über WhatsApp schreiben oder übers Internet mit Video telefonieren. Wegen der Zeitverschiebung geht das aber nur am Wochenende, weil ich morgens in die Schule muss und wenn ich dann Feierabend habe, ist in Deutschland schon mitten in der Nacht. Manchmal fehlt mir auch das deutsche Essen, vor allem Schokolade. Die schmeckt hier nicht so gut. Aber mein Freund hat mir zum Geburtstag ein ganzes Paket geschickt. Da war ich echt happy.

Zisch: Wie ist es in den USA?
Kustermann: Ähnlich wie in Deutschland. Man kann mit 16 schon Auto fahren. Mit meinen Freunden fahre ich dann ins Kino und wir holen Essen. Außerdem gehe ich jeden Sonntag in die Kirche. Der Gottesdienst findet aber in einer Halle statt, in der auch eine Band spielt. Der Pastor ist ein ganz normaler Mann mit T-Shirt und Jeans, der auf der Bühne steht und seine Rede hält. Es ist total lässig und easy.

Zisch: Verstehst du alles und kannst du dich gut verständigen?
Kustermann: Ich verstehe größtenteils alles und ich kann mich gut verständigen. Wenn ich ein Wort nicht weiß, frage ich meine Gasteltern oder Freunde, die erklären es mir dann. Oder ich erschließe es aus dem Zusammenhang.

Zisch: Was machst du in deiner Freizeit?
Kustermann: Unter der Woche besuche ich nachmittags meine Gastmutter bei der Arbeit. Sie unterrichtet an einer Grundschule, und ich gebe dort zwei Mädchen Nachhilfe in Mathe und Lesen. Das finde ich gut, weil ich das Gefühl habe, hier etwas Sinnvolles zu tun. Ich bekomme auch etwas Geld, aber eigentlich mache ich es, weil es mir Spaß macht.

Zisch: Wo gefällt es Dir besser in den USA oder in Deutschland?
Kustermann: Puh ... das ist schwer zu sagen. Beide Länder sind voll cool, aber ich kann mich nicht entscheiden. In beiden Ländern gibt es Vor- und Nachteile.

Zisch: Würdest Du das Auslandsjahr noch mal machen?
Kustermann: Ich würde auf jeden Fall wieder hierher kommen.

Ressort: Zisch-Texte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 23. März 2018: PDF-Version herunterladen

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