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"Hab keine Angst"

  • Sa, 25. Januar 2020
    Neues für Kinder

BZ-INTERVIEW mit der Autorin Tamara Bos über ihren Film "Romys Salon" und die Alzheimer-Krankheit.

Vertauschte Rollen: Romy macht ihrer Oma in deren Friseursalon die Haare.  | Foto: Farbfilm Verleih
Vertauschte Rollen: Romy macht ihrer Oma in deren Friseursalon die Haare. Foto: Farbfilm Verleih
Alzheimer ist eine Krankheit des Gehirns, die meist alte Menschen bekommen. Die Krankheit ist nicht heilbar. Wer Alzheimer hat, wird mit der Zeit immer verwirrter und kann immer weniger machen, bis er, meist nach Jahren, stark geschwächt stirbt. Im neuen Familienfilm "Romys Salon" geht es um ein Mädchen und seine an Alzheimer erkrankte Oma. Die Niederländerin Tamara Bos (52) hat das Drehbuch zum Film geschrieben und zuvor ein gleichnamiges Kinderbuch. Sonja Zellmann hat sie interviewt.

BZ: Warum wollten Sie einen Film über Alzheimer für Kinder machen?

Bos: Auf die Idee kam ich aus meiner eigenen Erfahrung heraus: Als ich 18, 19 Jahre alt war, starb mein Opa und meine mehr als 80-jährige Oma zog in ein Heim. Sie war verwirrt und aß nicht genug. Deshalb haben meine Mutter und ihre Geschwister einen Plan erstellt, nach welchem jeder aus der Familie sie fortan einmal pro Woche besuchte – also auch ich. Meine Oma war immer sehr streng gewesen, wie die Oma im Film. Doch plötzlich wurde sie offener und lockerer, ging auch mal in einen Park, der eigentlich geschlossen war. Sie redete über ihre Gefühle, erzählte mir von ihrer ersten Liebe. Das war schön für mich.

BZ: Hatte Ihre Großmutter denn Alzheimer?

Bos: Vermutlich war das der Anfang von Alzheimer, genau wissen wir es nicht. Bevor das Vergessen schlimmer wurde, starb Oma. Aber viele alte Leute haben Alzheimer. Ich wollte den Film machen, um zu zeigen, dass es die Krankheit gibt und dass man lernen kann, damit umzugehen. Dass es einerseits natürlich eine fiese Krankheit ist, die andererseits aber auch positive Dinge hervorbringen kann: beispielsweise eine tiefere Verbundenheit zwischen zwei Menschen – wie zwischen mir und meiner Oma.

BZ: Im Film wird Alzheimer nicht genau erklärt, sondern der Zuschauer sieht einfach, dass die Oma des Mädchens Romy Probleme hat: Dass sie verwirrt ist, nicht mehr rechnen kann und zum Beispiel einen Teller in den Toaster steckt. So erfährt er ohne Worte, was passiert.

Bos: Klar hätte man mehr erklären können, aber ich wollte keinen Sachfilm machen, sondern eine Geschichte erzählen, und zwar aus Romys Sicht. Sie weiß nichts von der Krankheit, sondern erkennt schlicht, dass man ihrer Oma helfen muss, und das tut sie – was für die beiden zu einigen Abenteuern führt.

BZ: Hätten Romy und ihre Oma ohne die Krankheit eine schlechtere Beziehung zueinander?

Bos: Ja, Romy und ihre Oma verstehen sich dank der Krankheit besser als zuvor. Romy lernt eine ganz andere, eine weichere und lustige Seite ihrer Oma kennen. Vorher hat ihr die Oma fast nichts erlaubt. Das kann in der Wirklichkeit so ablaufen, muss es aber nicht. Manche Leute werden durch Alzheimer auch aggressiv. Ich will aber zeigen, dass es wichtig ist, zu genießen, wenn es gute Momente mit der Krankheit gibt – und dass es diese geben kann. Auch wenn Alzheimer zu haben natürlich nicht schön ist.

BZ: Wie würden Sie ein Kind trösten, das sich sorgt, weil ein lieber Verwandter Alzheimer hat?

Bos: Ich würde sagen: Hab keine Angst, das ist immer noch ein lieber Mensch. Vielleicht hat er sich verändert, aber du kannst ihn immer noch besuchen und mit ihm reden – wenn vielleicht auch anders als früher. Das heißt aber nicht, dass das Zusammensein nun weniger wichtig ist. Es ist vielleicht sogar noch wertvoller als vorher.

Ressort: Neues für Kinder

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Sa, 25. Januar 2020: PDF-Version herunterladen

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