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Erzieher mit blinkenden Herzaugen

  • afp

  • Di, 09. Oktober 2018
    Panorama

Chinesische Kindergärten setzen auf Roboter als Pädagogen / Sogar ein Mönch lässt sich in Peking durch eine Maschine ersetzen.

Keeko stellt Fragen –  antworten...r korrekt, dann leuchten seine Augen.   | Foto: AFP
Keeko stellt Fragen – antworten die Kinder korrekt, dann leuchten seine Augen. Foto: AFP

PEKING (AFP). Kichernd scharen sich chinesische Kindergartenkinder um ihren Erzieher – einen 60 Zentimeter kleinen Roboter mit einem Bildschirm als Gesicht. Keeko ist schon in mehr als 600 Kindergärten in ganz China ein Erfolg, er erzählt Geschichten oder stellt die Kinder vor Logikaufgaben.

Heute sollen ihm die Kinder den Weg durch eine imaginäre Wüste weisen, indem sie quadratische Matten zu einem Pfad zusammenlegen. Das Programm zum Weg durch die imaginäre Wüste verbindet erzählerische Elemente mit dem Training von Problemlösungsstrategien. Rund und weiß rollt der armlose Maschinenmensch auf winzigen Rädern herum, seine eingebauten Kameras dienen gleichzeitig als Navigationssensoren und Frontkamera, mit denen die Kinder Videos aufnehmen können. Der Kindergarten Yiswind Institute of Multicultural Education am Rande Pekings ist einer der Testkindergärten. Sobald die Kinder eine richtige Antwort geben, reagiert Keeko mit blinkenden, herzförmigen Augen.

"Erziehung ist heute keine Einbahnstraße mehr, wo der Lehrer lehrt und die Schüler nur lernen", sagt Candy Xiong, Pädagogin für Früherziehung und Trainerin bei Keeko Robot Xiamen Technology. "Wenn die Kinder Keeko mit seinem runden Kopf und Körper sehen, schließen sie ihn sofort ins Herz." Der Roboter kostet rund 1280 Euro, was in etwa dem Monatseinkommen eines Erziehers entspricht. Die Herstellerfirma hofft, mit Keeko auch in Südostasien zu expandieren. Die chinesische Regierung hat im Rahmen seines "Made in China 2025"-Planes viel Geld und Arbeitskraft in die Entwicklung künstlicher Intelligenz investiert.

Nach Angaben der International Federation of Robots hat das Land den weltweit größten Bestand an Industrierobotern, rund 340 000 Stück sind in der Volksrepublik in Fertigung und Automobilindustrie im Einsatz. Das Marktvolumen für Serviceroboter – von medizinischem Spezialgerät bis zu automatischen Staubsaugern – wurde 2017 auf umgerechnet 910 Millionen Euro geschätzt. Bis 2022 wird es nach Einschätzung der Marktforschungsfirma Research In China auf 4,16 Milliarden Euro wachsen. In China gibt es Roboter, die Lebensmittel liefern, älteren Menschen Gesellschaft leisten und Rechtsberatung anbieten.

Nun hoffen die Hersteller von Keeko, auch Erzieher ersetzen zu können. 2017 erfand eine Gruppe von Mönchen in Peking einen rund 60 Zentimeter hohen Roboter-Mönch, der Mantras erteilt und Ratschläge für das Nirwana gibt. Ein humanoider Roboter für den Familiengebrauch ist der "iPal" – eine Art Begleiter für Kinder. Er tritt in die Fußstapfen des witzelnden "Pepper", den 2015 das japanische Unternehmen Soft-Bank auf den Markt brachte.

Die Leiterin des Kindergartens, Xie Yi, glaubt, es werde noch dauern, bis Roboter in einem Klassenzimmer Menschen ersetzen: "Um zu lehren, muss man interagieren können, menschliche Züge haben, Augenkontakt und Gesichtsausdrücke. Das ist es, was Erziehung ausmacht. Es ist nicht nur die Sprache oder der Inhalt, sondern alles zusammen." Einen Vorteil hätten die Keeko-Roboter jedoch, räumt Xie ein: "Das Beste an ihnen? Sie sind emotional stabiler als Menschen."

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Di, 09. Oktober 2018: PDF-Version herunterladen

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