Gesundheit und Soziales

"In meinem Beruf braucht man viel Empathie"

Agar Roy ist stellvertretende Pflegedienstleiterin in der Seniorenresidenz Augustinum Freiburg.Im Interview erzählt sie, warum ihr Beruf ihre Berufung ist.  

Mail

Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen

Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.

Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.

Akzeptieren
Mehr Informationen
Agar Roy, die stellvertretende Pfleged...den Pflegeberuf einmal auszuprobieren.  | Foto: Silke von Freyberg
Agar Roy, die stellvertretende Pflegedienstleiterin im Augustinum Freiburg rät jungen Menschen, den Pflegeberuf einmal auszuprobieren. Foto: Silke von Freyberg
BZ: Frau Roy, wie lange arbeiten Sie schon in ihrem Beruf als Altenpflegerin?
Ich habe 2009 mit einem freiwilligen sozialen Jahr in der Altenpflege angefangen und in der gleichen Einrichtung auch die ersten zwei Jahre meiner Ausbildung absolviert. Mein drittes Ausbildungsjahr habe ich im Blindenheim in Freiburg abgeschlossen. Seitdem war ich in verschiedenen Pflegeeinrichtungen und ambulanten Pflegediensten in Freiburg tätig.

Durch eine Zeitarbeitsfirma kam ich damals ins Augustinum und wurde nach drei Monaten gefragt, ob ich fest angestellt werden möchte. Nach einem Jahr als Fachkraft habe ich die Weiterbildung zur Pflegedienstleitung gemacht, die ich während meiner Elternzeit abgeschlossen habe. Insgesamt bin ich jetzt seit fünf Jahren hier.

BZ: Was gefällt Ihnen im Augustinum besonders?
Ich habe lange überlegt, in welcher Einrichtung ich arbeiten möchte. Durch meine verschiedenen Erfahrungen wurde mir klar, dass ich nicht weiter in Krankenhäusern oder im stationären Bereich arbeiten will, da man dort zu wenig individuellen Bezug zu den
Patienten hat. Im ambulanten Pflegedienst störte mich das ständige Autofahren und die Zeit im Stau. Im Augustinum habe ich die perfekte Mischung gefunden: keinen Zeitverlust durch lange Wege und die Möglichkeit, viel Zeit mit den Patienten zu verbringen.

BZ: Was ist Ihre jetzige Funktion und Ihr Aufgabengebiet?
Ich bin seit 2021 als stellvertretende Pflegedienstleitung angestellt. In dieser Funktion tausche ich mich bundesweit mit anderen Augustinum-Standorten aus. Wenn ein Pflegedienst eine gute Idee hat,
können wir diese vielleicht auch hier anwenden. Der Austausch ist sehr wertvoll und hat mir gerade zu Beginn sehr geholfen, mich in meiner neuen Rolle zurechtzufinden. Menschen zu führen und anzuleiten war damals eine neue Herausforderung für mich.

BZ: Wie sieht Ihr Arbeitstag aus?
Stressig und spannend (lacht). Das ist das Tolle an der Arbeit mit Menschen: Jeder Tag ist anders und voller Überraschungen. Ich beginne meistens um 8 Uhr. Morgens spreche ich mit meinen Mitarbeitenden, um zu erfahren, wie die Nacht war und wie es den Bewohnern geht. Wenn jemand aus dem Frühdienst krank ist, wird mir das vorher gemeldet. Entweder wird bereits intern eine Lösung gefunden oder ich werde informiert. Dann spreche ich mit den Bewohnern über mögliche Zeitverschiebungen und suche Ersatz.

Manchmal übernehme ich selbst die Vertretung und bin dadurch ganz nah bei den Bewohnern. Als Leitung habe ich natürlich nicht nur die Bedürfnisse der Bewohner im Blick, sondern auch wirtschaftliche und rechtliche Aspekte. Ich kann die Bewohner besser beraten und die Uhrzeiten einschätzen, da ich auch die Abläufe anderer Abteilungen kenne. So kann ich den Bewohnern sagen, wann etwas nicht klappt und alternative Lösungen anbieten.

BZ: Machen Sie als Führungskraft auch Nachtschichten?
Ja, ab und zu mache ich das. Es hängt davon ab, wie viele Mitarbeiter im Dienst sind. Ich lege Wert darauf, selbst im Schichtbetrieb zu arbeiten, um den Arbeitsalltag meiner Mitarbeitenden besser zu verstehen. Mindestens einmal im Monat mache ich einen Schichtdienst oder begleite die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um gemeinsam Abläufe zu optimieren. Danach kann ich besser planen und die gelebte Realität gut einschätzen. Ich bin gerne Pflegefachkraft und freue mich über die Arbeit mit Menschen. Wenn man selbst Schichten macht,weiß man, was man anderen zumutet.

BZ: Was schätzen Sie an Ihrem Arbeitsplatz besonders?
Die Arbeit mit den Gästen hier im Augustinum. Ich bin in einem Mehrgenerationenhaushalt in der Mongolei aufgewachsen und habe meine Urgroßeltern versorgt. Deshalb wollte ich eine Ausbildung in der Pflege machen. Es begeistert mich, ein Teil des Lebens dieser Menschen zu sein und ihre Lebensqualität zu erhalten oder sogar zu verbessern. Das ist für mich das Größte an unserem Beruf.

BZ: Wie wichtig ist es für Sie, in einem guten Team zu arbeiten?
Sehr wichtig. Pflege ist psychisch belastend und erfordert einen offene Kommunikation im Team. Menschen sind jeden Tag anders und man kann nicht alles allein bewältigen. Gegenseitiges Vertrauen und ein gutes Team sind in der Altenpflege ganz entscheidende Faktoren. Ich spreche täglich mit meinen Mitarbeitern, tausche mich mit ihnen aus und wir arbeiten eng
zusammen.

BZ: Fühlen Sie sich in Ihrer Arbeit wertgeschätzt?
Die Wertschätzung von Leitungskräften,den Mitarbeitenden und unseren Bewohnerinnen und Bewohnern ist täglich spürbar. Ich arbeite Vollzeit und habe zwei kleine Kinder. Man hat hier Verständnis dafür, dass ich einmal in der Woche früher gehen muss, um meine Kinder abzuholen. Ich habe einen Computer zu Hause, um flexibel im Homeoffice arbeiten zu können, wenn die Kinder krank sind. So kann ich Arbeit und Familie gut kombinieren. Diese Unterstützung und das Vertrauen in meine Person sind für mich auch Zeichen der Wertschätzung.

BZ: Würden Sie sich wieder für einen Beruf in der Pflege entscheiden?
Auf jeden Fall. Ich bin immer noch begeistert von meinem Beruf. Es gibt anstrengende Tage, aber ich freue mich jeden Tag auf die Arbeit. Mein Beruf ist meine Berufung.

BZ: Und würden Sie jungen Menschen diesen Beruf empfehlen?
Es ist ein wunderschöner Beruf, den jeder ausprobieren sollte.Man braucht viel Empathie, um sich in die Gefühlslage fremder Menschen hineinzuversetzen. Die psychische Belastung ist hoch. Man muss sich gut einschätzen können, um zu wissen, ob man den Anforderungen täglich gewachsen ist. Wichtig ist, auf das Bauchgefühl zu hören und offen im Team die persönlichen Herausforderungen zu kommunizieren.

Ich empfehle jedem jungen Menschen, es einfach mal mit einem Job in der Pflege zu probieren. Die Schichtarbeit und die Verantwortung sind für einige ein Hemmschuh, aber der Beruf ist sinnstiftend und erfüllt auf der anderen Seite auch viele junge Menschen. Das Freiwillige Soziale Jahr ist für einen ersten Test gut geeignet. Die Freiwilligen können bei uns in verschiedene Bereiche reinschauen und auch im Service, in der Verwaltung oder in der Kultur arbeiten. Die Vielfalt ist groß, und man kann viel lernen.
Hier geht es direkt zu allen aktuellen Stellenangeboten in den Bereichen Gesundheit & Soziales
Schlagworte: Agar Roy

Weitere Artikel