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Erdbeer-Limo für die Götter

In Thailand ist es Brauch, Naschereien als Opfer darzubringen

dpa

Von dpa

So, 25. Oktober 2020 um 18:20 Uhr

Panorama

In Thailand sind die Geister wahre Naschkatzen. Um sich ihre Gunst zu sichern, werden sie von Gläubigen mit allerlei Leckereien versorgt - speziell mit roter Erdbeer-Limo.

Ein mit Blumen dekorierter Schrein und Erdbeer-Fanta als Opfergabe.  | Foto: Kaweewit Kaewjinda
Ein mit Blumen dekorierter Schrein und Erdbeer-Fanta als Opfergabe. Foto: Kaweewit Kaewjinda
An einem Schrein für den Hindu-Gott Ganesha gießen Frauen eine knallrote Flüssigkeit in Becher und überreichen sie wartenden Gläubigen. Die positionieren die leuchtenden Drinks ehrfürchtig vor einer Statue des Gottes mit dem Elefantenkopf. "Ganesha mag das", sagt eine Frau, die den roten Trank auf dem Huai Kwang Night Market in Bangkok verteilt. Der auch von Buddhisten verehrte Gott gilt als Beseitiger von Hindernissen – und als extrem naschhaft. Wo in Thailand ein Schrein steht, sind Gläschen, Tassen und Flaschen mit rotem Inhalt nicht weit. Am populärsten ist Erdbeer-Fanta, denn die Götter scheinen eine Schwäche für zuckersüße Limo zu haben. Aber was hat es mit dem kuriosen Brauch auf sich?

Der Glaube an Götter und Geister gehört ebenso zur Kultur des südostasiatischen Landes wie Kickboxen. Buddhismus und Animismus gehen dabei Hand in Hand. Die Darbringung von Opfergaben, um die übernatürlichen Wesen gütig zu stimmen, ist Teil des Lebensstils vieler Thais. Blumen, Obst und Reis sind traditionell beliebte Geschenke, mittlerweile gehört auch rote Fanta zur Präsentpalette – samt Strohhalm, der in Richtung der Geister platziert wird.

"Die Geister können das natürlich nicht trinken, aber was sie sich einverleiben können, ist gutes Karma, das wir ihnen widmen", sagt Robtis Waiyasusri, Kunstprofessor an der Dhurakij Pundit Universität, der auch Religion und Philosophie studiert hat. "Physische Opfergaben sind im Grunde nur Symbole des Respekts." Sie seien eine Art "Medium", um eine Verbindung zwischen Geist und Menschen herzustellen, sagt Waiyasusri. "Manche Leute wissen nicht, wie sie zu den Geistern beten sollen, weil sie das noch nie gemacht haben, aber wenn sie als Zeichen der Verehrung physische Objekte wie rote Getränke darbringen, dann können sie leichter eine Beziehung aufbauen."

Auf den meisten Grundstücken des alten Siam finden sich bis heute Geisterhäuschen – so genannte San Phra Phum, oft handgeschnitzt und aus Teakholz. Sie sollen dazu dienen, die Geister, die das Gelände zuvor bewohnt haben, zu besänftigen. Und die wollen gefüttert werden. Haben rote Drinks als Geister-Gabe eine lange Tradition? Nein, sagt Waiyasusri. "Früher haben die Leute vor allem Lebensmittel, Wasser und Zuckerrohr-Saft benutzt, um die Geister zu ehren. Der Aufstieg der Erdbeer-Fanta habe mit der großen Beliebtheit von roten süßen Getränken bei Kindern zu tun. "Zunächst haben die Leute dann nur Kinder-Geistern die rote Limonade offeriert, weil sie dachten, die wüssten das zu schätzen und es würde sie empfänglicher dafür machen, ihre Gebete zu erhören", erläutert der Experte. Mit der Zeit hätten immer mehr Thais die grellroten Opfergaben kopiert, so dass sie jetzt allgegenwärtig seien, wann immer ein Geist angebetet werde. Warum das so ist, wissen die meisten aber gar nicht mehr. "Das machen wir eben so", lautet oft die achselzuckende Antwort. Auch andere Theorien halten sich hartnäckig. So etwa die, dass die roten Flüssigkeiten an die Blutopfer in alten Zeiten erinnern, als die Menschen an den Schreinen noch Tiere schlachteten. Zudem gilt die Farbe Rot mehr als jede andere als glückverheißend. Nach wie vor können sich aber vor allem Kinder-Geistern der zuckrigen Limo sicher sein.

Dass der Glaube an Kinder-Geister zumindest nach Ansicht vieler Thailänder funktionieren kann, zeigte kürzlich der Fall einer 23-Jährigen. Kurz nach ihrem Gebet gewann sie viel Geld in der staatlichen Lotterie. Die Frau erklärte, der Geist sei ihr im Traum erschienen und habe ihr die Gewinnzahlen verraten. Zum Dank bekam er 1000 Flaschen Erdbeer-Fanta.

Ressort: Panorama

  • Zum Artikel aus der gedruckten BZ vom Mo, 26. Oktober 2020:
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