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Verkehrsader

Sicherung im Höllental ist nach fünf Jahren beendet

Tanja Bury
  • Mi, 14. Oktober 2015, 19:46 Uhr
    Kreis Breisgau-Hochschwarzwald

Im Höllental rollt unten der Verkehr, oben findet sich eine alpine Gebirgswelt. Seit nunmehr fünf Jahren wurde der Felsen in über 100 Metern Höhe saniert und gesichert. Jetzt sind die Arbeiten beendet.

Schwarzwaldwahrzeichen: der Hirsch auf dem Sockel am Hohfelsen Foto: Dominic Rock
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Er ist so was wie die Hoheit im Höllental: der Hohfelsen mit dem Hirschsprung. Die Felsputzer (Interview) haben dort ihre Arbeiten zunächst abgeschlossen, aber man wird sie weiterhin dort sehen.

Auch wenn der Kiosk schon seit 2001 weg ist, die kleine Parkbucht unterhalb des Hirschsprungs ist immer noch beliebt. Touristen, aber auch Einheimische halten hier, um den legendären Hirsch zu sehen und ein Foto von ihm zu schießen. Doch das kupferne Wildtier ist nur eine Besonderheit des Massivs. "Sieht man den Hirsch, zeigt sich nur ein Teil des Felsens. Oben wird es richtig interessant", sagt Clemens Ruch vom Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau.

"Wir haben jedem Stein im Höllental einen Besuch abgestattet" Clemens Ruch
Zusammen mit seinen Kollegen hat er den Hohfelsen und seinen Zustand genau unter die Lupe genommen. Doch nicht nur das: "Wir haben jedem Stein im Höllental einen Besuch abgestattet." Anschließend wurde eine detaillierte Prioritätenliste erstellt, an erster Stelle der Hohfelsen.

2006 fielen am Schweizer Gotthard sechs Felsbrocken auf die Autobahn, ein Ehepaar aus Baden-Württemberg starb in seinem Wagen. Dadurch ausgelöst begann die Untersuchung der Felsen entlang der B 31 zwischen Himmelreich und Hinterzarten. Höllental, 23. Juli 2009, 18.25 Uhr: Im Bereich Hirschsprung krachten mehrere Felsbrocken auf die vielbefahrene Bundesstraße und beschädigten fünf Autos.

Ein Stein durchschlug die Windschutzscheibe, ramponierte das Armaturenbrett und blieb auf dem Beifahrersitz liegen. Verletzt wurde zum Glück niemand, der Gesamtschaden betrug rund 40.000 Euro. Dieser Vorfall habe, so Ruch, "das Sanierungsverfahren enorm beschleunigt". Das Stichwort heißt Verkehrssicherungspflicht, für die auf der Strecke im Höllental sowohl die Deutsche Bahn als auch Regierungspräsidium und Landratsamt als zuständige Behörden die Verantwortung tragen.

Der Felsen, erklärt Clemens Ruch, ist unterschiedlichsten Extremen ausgesetzt: Hitze und Frost, Wurzeldruck, Starkregen, Blitzeinschlag und Wildtritt. Im Höllental, fast schon eine Art Canyon mit alpinem Relief, entdeckten die Geologen überhängende Klötze, lose Felsscheiben und labile Felstürme – meist verursacht durch Wurzeldruck. Vor allem am Hohfelsen zeigte sich: Es muss schnell gehandelt werden.

Unter Berücksichtigung von Naturschutz, Verkehrsbehinderungen, Zeitdruck und Kosten wurden ein dreiteiliger Sanierungsplan erstellt. Die erste Phase war auch die aufwendigste. Von 13. September bis 8. Oktober wurden die B 31 komplett gesperrt. Die Fahrbahn wurde mit Baumstämmen und einer rund 60 Zentimeter hohe Schotterschicht bedeckt, um Asphaltschäden durch herabfallende Felsbrocken möglichst gering zu halten.

Höllentalbahn fuhr weiter

Acht Felssanierer säuberten den Hohfelsen erst gründlich, entfernten Bäume und Sträucher und klopften den Stein ab. Dabei wurden 19 labile Felsstrukturen entdeckt, 200 Kubikmeter Stein mussten – teils durch Sprengung – abgetragen werden. "Der Sicherungsbedarf war enorm – auch weil die Höllentalbahn weiter gefahren ist", erinnert Ruch.

In der zweiten und dritten Sanierungsphase wurden ab Frühjahr 2011 ein moderner Steinschlagverbau installiert. Er kann Einschlagsenergien bis 2000 Kilojoule auffangen. Das System funktioniert dynamisch, das heißt, die Kräfte werden durch Bremsen abgebaut. Zudem wurden Schutznetze gespannt und Felsteile vernagelt.

Brutzeit der Wanderfalken beeinträchtigt die Arbeiten

Mit mehreren kleineren Einzelsicherungen und der Nachsorge der installierten Anlagen sind die Arbeiten jetzt zu Ende gegangen. Sie fanden stets in enger Abstimmung mit einem Biologen statt, der die sensible Flora und Fauna am Hohfelsen überwachte. So konnte etwa in der Brutzeit der Wanderfalken nur eingeschränkt oder gar nicht gearbeitet werden.

Immer mal wieder musste für die Felssicherung die Fahrbahn unterhalb des Hirschsprungs entweder gesperrt und der Verkehr mit einer Ampel geregelt werden oder eine Fahrbahn bergwärts war über einige Meter nicht befahrbar. Geschlossen wurde im Rahmen der Arbeiten mit dem Jägerpfad auch der Wanderweg, der direkt am Hohfelsen vorbeiführt. "Dieser Weg befindet sich unmittelbar im Sturzraum. Mit Fug und Recht wurde er dichtgemacht", sagt Ruch im Blick auf die teils heftige Kritik an der Schließung.

Rund eine Million Euro aus Bundes- und Landesmitteln haben die Arbeiten von 2010 bis heute verschlungen. Und sie gehen weiter: Die Felsputzer ziehen mit ihren Geräten das Höllental hinauf. "Alle drei bis fünf Jahren sind außerdem kleinere Sanierungs- und Putzarbeiten notwendig", erklärt Clemens Ruch. Felslockerungen sind ganz natürlich und können letztendlich nicht verhindert werden – "das ist Natur."
Der Hirschsprung

Die Legende sagt, dass es ein prächtiger Hirsch war, den ein Ritter der Burg Falkenstein jagte. Schnell und flink war das Tier außerdem und machte es dadurch seinem bewaffneten Verfolger besonders schwer. Als der Hirsch auf einem Sockel des Hohfelsen stand, sprang er in Todesangst mit einem gewaltigen Satz auf die andere Seite der Schlucht. Der Ritter tat es dem Hirsch gleich – und sprang in den Tod. 1856 stellte die damals noch selbstständige Gemeinde Falkensteig als Erinnerung an die Sage und aus Anlass der Hochzeit von Großherzog Friedrich und Luise von Preußen einen Holzhirsch auf dem Hohfelsen auf. 1907 dann wurde der Kupferhirsch – gefertigt in Heidelberg – auf dem Sockel gehoben. 2010, während der großen Felssanierung, wurde er abgebaut und von Förster Helmut Schlosser aus Falkensteig restauriert. Er zählte an der Tierfigur rund hundert Einschusslöcher. Sie stammen wahrscheinlich aus den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs.

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