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"Literatur soll einfach Spaß machen"

  • Do, 16. Juli 2015
    Literatur & Vorträge

BZ-INTERVIEW mit den Machern des Lesefestivals "zwischen/wege" am kommenden Wochenende in Freiburg.

Zwischen/wege-Organisatoren: Daria Jun... Clara Kopermann, Mascha Unterlehberg   | Foto: pr
Zwischen/wege-Organisatoren: Daria Jung, Frederik Skorzinski, Clara Kopermann, Mascha Unterlehberg Foto: pr

Ist das Interesse an Literatur bei der jungen Generation auf dem Rückzug? Wenn man die Arbeit des vom Literaturbüro Freiburg unterstützten "zwischen/miete"-Teams betrachtet, mag man solche Befürchtungen nicht teilen. Seit 2013 hat die Lesereihe in Freiburger WGs enormen Zulauf. Das hat Clara Kopfermann (26), Frederik Skorzinski (27), Daria Jung (27) und Mascha Unterlehberg (25) ermutigt, aus dem Leseabend nun das Wochenendfestival "zwischen/wege" zu machen. Jürgen Reuß hat bei Clara Kopfermann und Frederik Skorzinski nachgefragt.

BZ: Junge Literatur von jungen Leuten für junge Leute – kann man Ihr Konzept so auf den Punkt bringen?
Kopfermann: Natürlich sind die meisten unserer Besucher und Besucherinnen Studenten oder Studentinnen, wir freuen uns aber immer auch über ein bunt gemischtes Publikum. Ziel des Festivals ist es gerade, uns zu öffnen und mit unserem Programm möglichst viele anzusprechen.
Skorzinski: Schon bei der "zwischen/miete" war der Ausgangspunkt nicht, ein Programm für junge Studierende zu machen. Wir glauben, einen Bedarf nach Formen der Literaturvermittlung jenseits der oft üblichen literaturbetrieblichen Strenge wahrzunehmen. Dafür machen wir ein Angebot.
BZ: Das heißt?
Skorzinski: Bei uns soll Literatur das Überintellektualisierte verlieren. Es soll einfach Spaß machen, sich mit Texten auseinanderzusetzen – jenseits eines Abfragens: Habe ich das jetzt richtig verstanden? Dazu gehört dann durchaus auch, anschließend Party zu machen.
BZ: Von Lesemüdigkeit also keine Spur? Die Alten bekommen nur nicht mit, wo und wie die Jungen heute lesen?
Kopfermann: Es gibt in unserer Generation schon eine gewisse Skepsis dem Lesen gegenüber, aber auch eine Offenheit. Es braucht oft Überwindung, mal zu einer "zwischen/miete" zu gehen. Ist diese Hürde genommen, kommen sehr viele wieder.
Skorzinski: Es gab auch mal Überlegungen, zusätzliche Anreize zu schaffen, Lesungen mit Musik aufzumotzen oder Ähnliches. Das geht unserer Einschätzung nach häufig an der Sache vorbei. Wir haben das Format "zwischen/miete" einerseits für stimmige Mischformen wie die Graphic Novel oder eine musikalische Lyriklesung geöffnet, sind aber andererseits überzeugt, dass Literatur alleine eine Atmosphäre schaffen kann, in der Zugaben herbeigeklatscht werden.
Kopfermann: Als Katharina Schultens zu Gast war, hatten wir sogar genau diese Situation und haben uns sehr darüber gefreut – gerade weil sie anspruchsvolle Lyrik vorgestellt hatte. Sie wird übrigens auch beim Festival wieder zu Gast sein.
BZ: Sie haben das Festival unter das Thema "Kompromisse?" gestellt. Empfinden Sie sich als "Generation Kompromiss"?
Skorzinski: Das Gefühl, entscheiden zu können, aber auch zu müssen, ist bei uns vielleicht stärker vorhanden als in vorangegangenen Generationen. Die erhöhte Flexibilität und Mobilität erweitert die Möglichkeiten, aber auch die Zwänge. Die Freiheit hat eine Erwartungshaltung geschaffen.
Kopfermann: Bei all den Wahlmöglichkeiten ist man schneller geneigt, Kompromisse hinzunehmen. Manchmal merkt man gar nicht, wie man da hineinrutscht.
Skorzinski: Nicht selten läuft es auf die Formel Freiheit oder Sicherheit hinaus: Studiere ich Naturwissenschaft und finde einen gut dotierten Job, oder studiere ich Geisteswissenschaften und schaue, wie ich über die Runden komme. Das findet in einem politischen Rahmen statt, in dem Sicherheiten beständig abgebaut werden.
BZ: Ist Literatur der richtige Rahmen, um das zu verhandeln?
Kopfermann: Aber ja! Gerade weil man von unserer Generation sagt, es wird nicht mehr viel gelesen, nur noch konsumiert.
Skorzinski: Mit unseren Formaten füllen wir genau die Lücke, dich sich durch das angebliche Nicht-Mehr-Lesen auftut. Und wir sehen, dass das Angebot sehr gut wahrgenommen wird. Nicht nur in Freiburg.
Kopfermann: Wir waren Anfang des Jahres auf einem Netzwerktreffen junger Literaturvermittler, die alle von extrem gut besuchten Veranstaltungen erzählt haben.
Skorzinski: Wir finden es dabei durchaus beachtlich, dass wir die einzige Veranstaltungsreihe auf diesem Treffen waren, die mit dem vor Ort ansässigen Literaturbüro zusammen arbeiten.

– Zwischen/wege, Festival für junge Literatur. 17. und 18. Juli, Pausenraum, Burgdorfer Weg 19, Freiburg.
zwischenwegefestival.wordpress.com/

Ressort: Literatur & Vorträge

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 16. Juli 2015: PDF-Version herunterladen

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