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Neid unter Freunden – Tabu oder Triebfeder?

  • Ines Schipperges (dpa)

  • Mo, 11. Dezember 2017
    Liebe & Familie

Leute aus dem eigenen Umfeld zu beneiden ist völlig normal / Solange das Gefühl nicht in Missgunst umschlägt, kann es sogar motivierend wirken.

Neid auf das Glück anderer   | Foto: dpa
Neid auf das Glück anderer Foto: dpa
Die Freundin hat ein tolles Haus, ist erfolgreich im Job, und der beste Freund hat ein Händchen für Geld und steigt auf der Karriereleiter unaufhaltbar nach oben – da kann man schon neidisch werden. Marga Löwer-Hirsch ist psychologische Psychotherapeutin aus Berlin und kennt positive und negative Seiten von Neid: "Kleine Neidgefühle helfen zu überlegen: Was will ich und wie bekomme ich es?"

"Ich bin öfter mal neidisch – und finde das völlig menschlich", sagt Modebloggerin Franziska Dully. Für die 24-Jährige gibt es einen Unterschied zwischen Neid und Missgunst. "Ich bin kein böser Mensch, wenn ich mir das wünsche, was andere haben." Schlimm wird es nur, wenn man anderen etwas Schlechtes wünscht, um sich selbst besser zu fühlen.

Neidisch sind irgendwann einmal fast alle Menschen. Diese Emotion zu akzeptieren und zuzulassen, kann hilfreich sein. Doch so wichtig es ist, in Freundschaften offen mit seinen Gefühlen umzugehen: Sofort mit dem Satz "Ich beneide dich so" rauszuplatzen, ist keine gute Idee. "Besser ist es, sich erst einmal selbst mit seinem Neid auseinanderzusetzen und darüber zunächst mit einem anderen Freund zu sprechen", rät Löwer-Hirsch. Wer zum Beispiel neidisch auf die beste Freundin ist, weil sie ein Kind erwartet, redet lieber erst mit einer anderen Freundin, die selbst einen unerfüllten Kinderwunsch hat. "Wenn Freunde mich beneiden, dass ich ein glamouröses Leben führe, gehe ich offen damit um, dass nicht alles Gold ist, was glänzt", erzählt Bloggerin Dully. Zum Beispiel sei ihr Alltag stressig, und sie habe permanent das Gefühl, noch mehr geben zu müssen. "Wer mit Freunden ehrlich spricht, wird merken, dass jede noch so beneidenswerte Lage auch ihre Kehrseite hat", sagt Therapeutin Löwer-Hirsch.

Jan Crusius, Sozialpsychologe an der Universität Köln, hat sich in Studien mit dem Thema Neid auseinandergesetzt. Seiner Erfahrung nach gibt es verschiedene Strategien, Neid zu bewältigen. Zum Beispiel: einen anderen Fokus für den Vergleich zu finden. "Zu sagen: Mein Freund ist darin besser, dafür bin ich darin besser." Oder: "Ich bin zwar nicht so gut wie der andere, aber ich bin schon viel besser als früher." Oder, sich anstrengen, um genauso gut wie der beneidete Freund zu werden " Neidisch sind wir laut Crusius vor allem dann, wenn uns jemand sehr ähnlich ist. "Wer gerne Sport treibt, ist nicht neidisch auf einen Olympiasieger. Sondern eher auf den Freund in der Laufgruppe, der immer die Nase vorne hat.

Ressort: Liebe & Familie

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mo, 11. Dezember 2017: PDF-Version herunterladen

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