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Nikolaus ist kein Weihnachtsmann

  • dpa

  • Mo, 01. Dezember 2014
    Wirtschaft

Beim ersten bundesweiten Treffen der Nikoläuse ging es vor allem um Abgrenzung zu seinem amerikanischen Konkurrenten.

Das Original: der heilige Sankt Nikolaus  | Foto: dpa
Das Original: der heilige Sankt Nikolaus Foto: dpa

KÖLN (dpa). Roter Umhang, rote Kopfbedeckung und Rauschebart – der heilige Nikolaus und der Weihnachtsmann sehen sich ähnlich, haben beide fast zur gleichen Zeit Saison und bringen den Kindern Geschenke. Doch tatsächlich sind die Unterschiede immens, wie am Sonntag bei einem Treffen von Nikoläusen deutlich wurde.

Auf den ersten Blick wirkt daserste bundesweite Nikolaus-Treffen am Sonntagnachmittag in Köln wie eine Geheimzusammenkunft. Denn alle 70 Teilnehmer sind in Zivil. Kein weißer Bart weit und breit. Aber wenn man eine Zeit lang zugehört hat, merkt man: Hier geht es um viel Grundsätzlicheres.

Der wesentliche Unterschied zwischen Nikolaus und Weihnachtsmann sei eben nicht der, dass der eine einen Bischofshut auf habe und der andere eine Art umgefärbte Schlumpfmütze. Nein, sagt Pfarrer Dominik Meiering, der geistliche Leiter des Treffens: "Nikolaus ist eine Identifikationsfigur für solidarisches Handeln."

Stichwort Zwangsprostitution. Es gibt da eine Legende, von der sich die Geschenktradition am Nikolaustag ableiten soll. Sie besagt, dass ein Mann solche Geldsorgen hatte, dass er seine drei Töchter "auf die Straße schicken" wollte. Um ihnen das zu ersparen, warf ihnen Nikolaus drei Goldklumpen durch den Kamin. "Eine ganz aktuelle Geschichte", meint Pfarrer Meiering dazu. "Das ist Zwangsprostitution, darum geht’s!" Nikolaus als Sozialarbeiter. Und der Weihnachtsmann dagegen? "Eine Werbefigur von Coca Cola, eine Kunstfigur, die vor allem zum Konsum einlädt!"

Weihnachtsmann ist ein ganz böses Wort in Nikolauskreisen. "Wir sind nicht der Weihnachtsmann! Das wäre das Schlimmste, was uns passieren könnte", stellt Bernhard Schulze Wartenhorst klar, seines Zeichens Primas des Nikolaus Collegiums in Freckenhorst. Freckenhorst ist das Mekka der Nikolaus-Freunde: In dem kleinen Ort im Münsterland bekommen am 5. Dezember alle 560 Kinder Besuch vom Nikolaus. Die 34 Darsteller, die dafür zum Bischofsstab greifen, haben alle eine Ausbildung gemacht. Mit 18 Jahren fängt man als Knecht Ruprecht an, dann arbeitet man sich hoch. Noch nie sei ein Nikolaus in Freckenhorst abgewiesen worden, beteuert Schulze Wartenhorst. Sein ehemaliger Lehrer Dieter Mevert (74) bestätigt das: "Und ich bin Protestant!"

Auch wieder so eine Stärke des Nikolaus: Als Heiliger ist er zwar eindeutig in der katholischen Kirche verortet, bietet aber auch Anknüpfungspunkte für Andersgläubige, wie Meiering erklärt: "Die Muslime finden es immer ganz toll, wenn sie hören: Der ist geboren in Myra, in der heutigen Türkei. Die kennen die Geschichte oft in- und auswendig, zum Teil besser als die christlichen Kinder."

Meiering ist sicher: Das große Comeback des Nikolaus hat längst begonnen. "Wenn ich mir anschaue, was für ein Revival der Nikolaus in den letzten fünf Jahren erlebt hat, das ist schon der Wahnsinn! Wir können uns vor Anfragen kaum noch retten", sagt er.

Natürlich geht es Pfarrer Meiering auch um gute Publicity für die katholische Kirche. Der Nikolaus, betont der Geistliche, könne auch seinen Teil dazu beitragen, dass in der deutschen Öffentlichkeit nicht mehr nur über die Tebartze dieser Welt geredet werde, sagt er in Anspielung auf die Affäre um den Limburger Protzbischof.

Ressort: Wirtschaft

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