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Studie über Neid

Ohne Facebook lebt sich’s glücklicher

André Anwar
  • Fr, 20. November 2015
    Panorama

Mein Haus, mein Auto, mein Boot: Im Netzwerk häufen sich die positiven Nachrichten / Laut einer Studie fördert das den Neid.

Auf Facebook wird gern angegeben.  | Foto: studiostoks (fotolia.com)
Auf Facebook wird gern angegeben. Foto: studiostoks (fotolia.com)

STOCKHOLM. Auf Facebook zu verzichten, führt zu einer höheren Zufriedenheit – das hat eine dänische Studie herausgefunden. Die fast ausschließlich positiven Mitteilungen der Facebook-Freunde fördern demnach den menschlichen Neid, da sie suggerieren, dass es allen anderen Menschen besser geht. Und das könnte so gewollt sein.

Das soziale Netzwerk Facebook beeinflusst die Auffassung der Wirklichkeit stark und anscheinend auch negativ. Die Nutzer vergleichen sich unaufhörlich miteinander. Das schürt den Neid und das Gefühl der Unzulänglichkeit des eigenen Lebens. Zu diesem Schluss kommen zumindest Wissenschaftler des dänischen Forschungsinstitutes für das Glück (Happiness Research Institute).

In einer umfangreichen Studie haben sie festgestellt, dass Menschen, die Facebook nicht mehr nutzen, schon nach einer Woche ein signifikant höheres Niveau von Lebenszufriedenheit erreichen, wie Institutschef und Forschungsleiter Meik Wiking auf Nachfrage sagte. Für die repräsentative Studie unter Facebook-Nutzern in Dänemark befragte das Institut 1095 Personen zu deren Lebenszufriedenheit in unterschiedlichen Bereichen und bewertete diese unter anderem in einer Skala von eins bis zehn. Eine Hälfte der Befragten musste dann eine Woche auf Facebook verzichten.

Am Ende der Woche hatte die Testgruppe, die Facebook weiter nutzte, zu 39 Prozent häufiger das subjektive Gefühl, im Vergleich mit dem eigenen Bekanntenkreis weniger glücklich zu sein, als die Gruppe die mit Facebook aufhörte. In der Facebook-Abstinenzgruppe stieg die allgemeine Lebenszufriedenheit in einer Woche auf einer Skala von eins bis zehn signifikant von 7,56 auf 8,12 Punkte. In der Kontrollgruppe lag sie zu Beginn bei 7,67, nach einer Woche dann bei 7,75 Punkten. Die Forscher stellten zudem fest, dass die Facebook-Abstinenzler nach einer Woche mehr wirklichen sozialen Aktivitäten nachgingen als die Kontrollgruppe. Das Gefühl, Lebenszeit zu vergeuden, nahm bei ihnen stark ab.

Auch die Konzentrationsfähigkeit der Facebook-Entsager stieg im Vergleich zu der Gruppe, die Facebook weiter benutzte, deutlich an. Die Versuchspersonen, die Facebook weiter nutzten, fühlten sich zu 55 Prozent mehr gestresst als die anderen Teilnehmer. Das Gefühl im Hier und Jetzt gegenwärtig zu sein, stieg bei den Facebook-Pausierern außerdem im Vergleich zur Kontrollgruppe um 18 Prozent an.

Facebook sei eine Vergleichsmaschine, die den menschlichen Neid anfeuere, erklärt Wiking. "Facebook verzerrt unsere Wahrnehmung der Wirklichkeit." Es suggeriert, wie vermeintlich toll das Leben der anderen ist, da die meisten Menschen bei Facebook ausschließlich positive Dinge posten, so Wiking. "Wir fühlen uns unzureichend, denn alle scheinen es viel besser zu haben."

Der US-Schriftsteller und Gesellschaftskritiker Jonathan Franzen geht noch weiter. Er sagte kürzlich im schwedischen Fernsehen SVT, kommerzielle Internetforen wie Facebook feuerten Neid und Unzufriedenheit ihrer Kunden bewusst an. Je unzufriedener die Nutzer, desto mehr klicken sie auf der Suche nach Bestätigung auf Facebook und vergleichbaren Seiten herum. Je mehr Kundenaktivitäten im jeweiligen Internetforum, desto höhere Werbeeinnahmen. Neid schaffe mehr Konsum, so Franzens Tenor.

Die dänischen Forscher planen nun eine Studie, in der die Auswirkung auf die Zufriedenheit bei einem noch längeren Fernbleiben von Facebook gemessen werden soll. "Der Effekt auf das Glück könnte noch viel mehr ansteigen. Gleichzeitig könnte aber auch ein Gefühl der Isolation zu dessen Minderung führen", mutmaßt Wiking. Inzwischen sei Facebook ein so fester Bestandteil der wirklichen sozialen Welt, dass es fehlen könnte. "Es ist also nicht alles schlecht mit Facebook", sagt Wiking.

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 20. November 2015: PDF-Version herunterladen

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