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Puppentanz der obszönen Art

  • epd

  • Do, 11. Oktober 2018
    Kino

KRIMINALKOMÖDIE: "The Happytime Murders".

Joel McHale, Puppe Phil   | Foto: Tobis
Joel McHale, Puppe Phil Foto: Tobis
Ohne den Erfolg von "Puppet Up!", einer Mischung aus Improtheater und Puppenspiel, wäre "The Happytime Murders" kaum denkbar: Dort befreite Brian Henson, Sohn des legendären Sesamstraße- und Muppets-Schöpfers Jim Henson, das knuffige Stoffpersonal erstmals von den Restriktionen des Kinderprogramms: In seinen Shows sind die Puppen weder nett noch niedlich, sondern fluchen und reißen dreckige Witze. Obszönität statt Pädagogik sozusagen. Auch Hensons neuer Spielfilm richtet sich mit seinem vulgären Humor, den Crime- und Splatter-Elementen ausschließlich an Erwachsene. Ähnliche, zum Teil drastischere Grenzüberschreitungen zelebrierten "Meet the Feebles" oder "Team America" schon vor Jahren; innerhalb des Henson-Universums sind explodierende und ejakulierende Puppen aber definitiv ein Novum.

Die Story variiert den klassischen Filmnoir-Topos vom heruntergekommenen Privatschnüffler, der von einer Femme fatale in einen immer abgründigeren Fall hineingezogen wird. Beide, der blaugesichtige Phil und die lüsterne Unbekannte, gehören zur Puppen-Community und sind damit in der Menschenwelt von L.A. Bürger zweiter Klasse. Derlei kritische Untertöne schlägt der Film an, ohne sie (und sich selbst) allzu ernst zu nehmen. Ehe der hartgesottene Excop Phil ins verbale Sparring mit seiner Ex-Partnerin (Melissa McCarthy) gehen kann, passieren die ersten Morde. Zu den Opfern zählen neben dem schmierigen Besitzer eines Sexshops ein geiler Hase, eine Kuh und ein Oktopus, die in einen grotesken Pornodreh involviert waren. Und bald findet sich Phil in der Hitchcock’schen Rolle des unschuldig Beschuldigten.

Die vielen Anspielungen auf die Filmhistorie und das verhaltene Erzähltempo verleihen den "Happytime Murders" etwas angenehm Altmodisches. Auch die Puppen wirken trotz cleverer Tricks und Effekte seltsam anachronistisch, wie aus der Zeit gefallen. Die besseren Gags liefert erstaunlicherweise nicht die ungewöhnlich zurückhaltend agierende Melissa McCarthy, sondern Maya Rudolph in der Rolle von Phils loyaler Assistentin, die ein wahrhaft großes Herz für Puppen hat. (Läuft flächendeckend, ab 12)

Ressort: Kino

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 11. Oktober 2018: PDF-Version herunterladen

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