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Roboter und Kuscheltiere, die zum Abhören taugen

  • Tanja Tricarico

  • Fr, 17. März 2017
    Wirtschaft

Verbraucher- und Datenschützer beklagen Spielzeug, mit dem in fremden Zimmern geschnüffelt werden kann.

Gut getarnte Spione  | Foto: MONROPIC (FOTOLIA.COM)
Gut getarnte Spione Foto: MONROPIC (FOTOLIA.COM)
BERLIN. Sie können sprechen, zeichnen Sprachnachrichten auf und kennen die Antworten auf etliche Fragen. Puppen, Roboter, Kuscheltiere, die sich mit dem Internet verbinden lassen, sind die neuen Spielfreunde im Kinderzimmer. Doch die Technik, die in ihren Körpern steckt, kann gegen deutsche Gesetze verstoßen. Vor knapp vier Wochen verbot die Bundesnetzagentur "Cayla", die sprechende Puppe. Die Experten der Behörde sehen die Privatsphäre der Menschen in Gefahr, da in "Caylas" Körper offenbar eine unerlaubte funkfähige Sendeanlage steckt, die Daten unbemerkt weiterleiten kann.

Den Hinweis auf Spionin "Cayla" gab Stefan Hessel, Jurastudent an der Universität des Saarlandes. Seiner Ansicht nach verstößt das Spielzeug gegen Paragraph 90 des Telekommunikationsgesetzes. Das Gesetz verbietet den Besitz von getarnten Sendeanlagen. Damit soll verhindert werden, dass Informationen abgefischt und weitergereicht werden.

Nach "Cayla" hat Stefan Hessel nun zwei weitere Spielzeuge auf ihre Spionagefähigkeit überprüft. Verdächtig sind der Roboter I-Que und der Teddybär "My friend Freddy Bear". "Beide Spielzeuge funktionieren ähnlich wie die Puppe Cayla. Im Prinzip unterscheiden sie sich nur in der Verpackung", sagt Hessel. Wieder geht es um Mikrofone und Lautsprecher, die über eine nicht sichere Bluetooth-Verbindung erreichbar sind. "Jeder im Umkreis von knapp zehn Metern kann sich mit den Spielzeugen verbinden", sagt der Jurastudent. Dass die Nutzer abgehört werden können, ist nicht eindeutig. Bei Teddybär Freddy gebe es offenbar überhaupt kein Warnsignal, das anzeige, wann das Mikrofon eingeschaltet sei.

Hessel hat seine Ergebnisse an die Bundesnetzagentur weitergeleitet. Konkret zu den Hinweisen wollte sich die Behörde nicht äußern. Man prüfe laufend verschiedene Produkte, heißt es.

Die Sprecherin für Verbraucherpolitik der Grünen-Bundestagsfraktion, Nicole Maisch, fordert die Bundesnetzagentur auf, tätig zu werden. Denn auch sie vermutet, dass es andere Spielzeuge gibt, die gegen das Telekommunikationsgesetz verstoßen. "Eine systematische Überprüfung von Spielzeug ist notwendig, um Kinder effektiv vor Datenmissbrauch zu schützen", sagt Maisch.

"My Friend Cayla" wird in Deutschland von der Firma Vivid in Nauheim vertrieben. Das Verkaufsverbot hält das Unternehmen für nicht haltbar und es entbehrt ihrer Ansicht nach jeder rechtlichen Grundlage, heißt es. Man nehme die aktuellen Behauptungen sehr ernst. Laut Unternehmen ist es nicht notwendig "Cayla" zu zerstören oder die Puppe wegzugeben. Derzeit läuft eine juristische Prüfung. Auch der Roboter und der Teddybär werden von Vivid in Deutschland vertrieben.

Verbraucherschützer mahnen seit Langem Probleme bei der Sicherheit der Daten der vernetzten Spielzeuge an. Da viele Anbieter vernetzter Produkte nicht in Europa angesiedelt sind, ist völlig unklar, wo die Informationen der Verbraucher landen. Auch Dritte können Zugriff auf persönliche Daten, auf die Vorlieben der Verbraucher oder – wie beim Spielzeug – auf die Sprachnachrichten der Kinder bekommen. Experten vermuten zudem, dass Firmen über die Spielzeuge gezielt auch andere Produkte bewerben. Verbraucherschützer setzen nun auf die EU-Datenschutzgrundverordnung, die 2018 in Kraft treten soll. Dann ist es nicht mehr möglich, dass Verbraucher beim Kauf eines Produkts automatisch auch der Verwendung ihrer Daten zu anderen Zwecken zustimmen.

Ressort: Wirtschaft

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 17. März 2017: PDF-Version herunterladen

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