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"Sie haben mich sehr fasziniert"

  • Julian Bijker, Klasse 4b, Schneeburgschule (Freiburg)

  • Fr, 27. März 2020
    Zisch-Texte

ZISCH-INTERVIEW mit Johannes Minuth, Leiter der Freiburger Puppenbühne, über den Tag, an dem die Puppen fehlten und mehr.

Puppenspieler Johannes Minuth mit Kaspar und Bello  | Foto: Privat
Puppenspieler Johannes Minuth mit Kaspar und Bello Foto: Privat

Am Mittwoch, den 19. Februar, hat Zisch-Reporter Julian Bijker aus der Klasse 4 b der Schneeburgschule in Freiburg den Puppenspieler Johannes Minuth von der Freiburger Puppenbühne hinter den Kulissen interviewt.

Zisch: Was ist Ihr Lieblingsstück und warum?
Minuth: "Kasperles kleines Schlossgespenst" spiele ich besonders gerne, weil in dem Stück immer wieder Überraschungsmomente vorkommen. Zum Beispiel verwandelt sich das kleine Gespenst, das nicht berührt werden will und dann doch berührt wird vom Burgvogt, in eine ganz kleine Schneeeule. Was auch zum Schluss witzig ist, ist dass der Kasper, der zum Schluss alles zum guten Ende bringt, sich vor dem kleinen Gespenst fürchtet, obwohl es ganz brav und lieb ist. Das erheitert die Kinder, dass auch Kasper sich mal ängstigt. Deswegen spiele ich das Stück besonders gerne.

Zisch: Was war ein unvergessliches Erlebnis bei einer Ihrer Aufführungen?
Minuth: Für mich war es ganz toll, dass eine alleinerziehende Mutter oft mit ihrem behinderten Sohn zu mir kam. Er war am Anfang noch vier oder fünf Jahre alt und er kam jedes Jahr nach Staufen zu den Puppenspieltagen, selbst als er dann schon 15 Jahre alt war. Viele interessieren sich in dem Alter nicht mehr für Kasperletheater. Er kam wie früher total gerne und hat mitgeklatscht und mitgejubelt, wenn Bello auf die Bühne kam oder Kasperle seine Mütze gedreht hat. Das war für mich ein ganz besonderes Erlebnis, dass ich ihm weiterhin eine große Freude machen konnte.

Zisch: Wie kommen Sie auf die Idee, Geschichten zu schreiben?
Minuth: Ich überlege mir, welche Themen mich besonders interessieren. Ich habe als Kind gerne Piratenfilme angeschaut und deswegen lautet mein neuestes Stück auch "Kasper und der Pirat der sieben Meere". Es ist für mich spannend, Figuren, die mich als Kind auch interessiert haben, heutzutage den Kindern, die ja meine Zuschauer sind, zu präsentieren. Der Pirat ist auch deswegen eine ganz interessante Figur, weil er im Auftrag des Königs Schätze herbeiholt, was geschichtlich auch immer wieder vorkam. Piraten waren nicht immer nur Verbrecher, sondern waren auch im Dienste von Königen unterwegs. Dann ist der Pirat aber so mächtig geworden, dass er sogar die Tochter des Königs heiraten will, aber das geht dann zu weit, das ist unmöglich und daraus entwickelt sich ein ganz spannendes Abenteuer.

Zisch: Woher kriegen Sie die verschiedenen Puppen?
Minuth: Die Puppen hat zu 90 Prozent meine Frau Karin gebaut. Dafür bin ich sehr dankbar, weil es fantastische Puppen sind. Es ist auch richtig toll, mit selbstgebauten Puppen zu spielen, weil ich bei der Entwicklung schon dabei bin: Wenn so ein Puppenkopf entsteht, der aus Hartschaum geschnitzt wird, dieser dann anschließend kaschiert wird, dann angemalt wird, und wenn Karin dann auch die Kostüme schneidert. Das ist eine viel schönere Angelegenheit, als wenn man mit gekauften Puppen spielt. Die Bühnenbilder macht auch meine Frau Karin. Bei meinem letzten Stück mit den Piraten hat meine Tochter Milena die Bühnenbilder gemacht.


Zisch: Wie kamen Sie auf die Idee, Puppentheater zu spielen?
Minuth: Ich war eigentlich Gymnasiallehrer und kam wegen meiner Fächerkombination damals nicht in den Schuldienst. Dann war ich arbeitslos und meine Frau hat angefangen, die Puppen zu bauen, und sie hat mich damit angesteckt. Sie hat so tolle Puppen gemacht, dass ich sie auch auf die Hand genommen habe. Sie haben mich sehr fasziniert. Das war 1987. Damals war auch der Beginn unserer Puppenbühne. Die Puppen haben mich nie mehr losgelassen und ich bin Puppenspieler geblieben. Das allererste Stück hieß "Kaspers neue Abenteuer" – das war eine Räubergeschichte.

Zisch: Ist schon einmal etwas schiefgelaufen bei einer Aufführung?
Minuth: Bei der allerersten Aufführung, das war damals in Westerland auf Sylt, ist mir, zum Glück nicht für die Zuschauer sichtbar, der Kopf des Zauberers vom Kostüm gerutscht. Das heißt, der Zauberer stand plötzlich ohne Kopf da. Ich konnte aber hinter der Bühne den Kopf wieder mit Schnur und Klebstoff dranmachen. Ich habe den Zauberer weitersprechen lassen, als wäre er beschäftigt beim Experimentieren in seinem Mäuselabor. So sahen die Zuschauer ihn nicht und ich konnte an der Reparatur dranbleiben und ihn dann, Gott sei Dank, wieder heil präsentieren.

Zisch: Haben Sie schon einmal den Text vergessen?
Minuth: Das passiert immer wieder mal, dass man bei einer Vorstellung den Text vergisst. Das ist mir auch schon mal passiert. Da musste ich nachdenken, wie geht eigentlich die Geschichte weiter? Und ich habe natürlich auch da wieder improvisiert, habe versucht weiterzusprechen, vielleicht etwas, das gar nicht im Text ist: Dass zum Beispiel der Kasper sich jetzt seine Schnürsenkel binden muss, oder dass er nun auch ein Butterbrot essen will.... Dann ist mir aber wieder die Fortsetzung des Textes eingefallen. Ich habe ja keine Souffleuse. Ich muss immer wieder alleine zurechtkommen. Und wenn alles schiefgeht, dann muss ich auch in mein Textblatt schauen.

Zisch: Mussten Sie schon mal lachen bei einer Aufführung?
Minuth: Ja, das passiert schon. Wenn der Witz geklappt hat, dann kann es sein, dass ich den Kasper auch lachen lasse, das passt dann. Aber wenn ich als Puppenspieler lache, das wäre nicht so gut, das heißt, ich muss mir das Lachen verkneifen.

Zisch: Und jetzt kommen wir zur letzten Frage: Hat Ihnen schon einmal eine Puppe gefehlt?
Minuth: Auch das ist mal vorgekommen. Ich hatte eine Fortbildung und habe aus einem Puppenkoffer drei Puppen entfernt für die Fortbildung und hatte anschließend vergessen, die Puppen danach wieder in den Koffer zu legen. Dann war ich am Bodensee und sollte Puppenspielen. Die Vorstellung sollte in zwei Stunden beginnen und ich hatte keine Puppen. Der Kasper, der Bello und der Räuber haben gefehlt. Dann habe ich mich ganz schnell an einen örtlichen Kindergarten gewandt, ob die mir nicht Puppen ausleihen könnten. Das haben sie auch getan, allerdings hatten sie keinen Bello, sondern nur einen Maulwurf. Da habe ich eben mit diesem Maulwurf gespielt. Der war dann Kaspers Freund statt dem Bello.

Ressort: Zisch-Texte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 27. März 2020: PDF-Version herunterladen

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