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Straßburg

Start-up züchtet Pilze in früherem preußischen Bunker

  • Violetta Kuhn (dpa)

  • Di, 15. Mai 2018, 19:44 Uhr
    Südwest

In Straßburg zieht eine Biofarm in eine Ex-Militäranlage ein. Der Firmengründer plant weitere Projekte – vielleicht auch in Deutschland.

Raphaël Maret zeigt seine Austernpilze.   | Foto: DPA
Raphaël Maret zeigt seine Austernpilze. Foto: DPA
Dieser typische Kellergeruch – zwischen Moos und Schimmel – liegt in der Luft. Nur wenig Tageslicht dringt in das feuchte Halbdunkel dieser Gemüsefarm mitten in Straßburg. Sie befindet sich im Innern einer preußischen Befestigungsanlage aus dem Jahr 1887, umschlossen von Steinmauern und geschützt von Eisentüren. Hier bauen Angestellte eines Start-ups Pilze, Sprossen und Salat an – mit Öko-Label und nach eigenen Angaben auf energiesparende Weise.

"Diesen Ort zu recyceln, die Idee finde ich superinteressant", sagt Raphaël Maret, 29 Jahre alt. Vorher habe das ehemalige Pulvermagazin jahrelang leergestanden. Mit der Biofarm kehre ein bisschen Leben in den etwas heruntergekommenen Stadtteil nahe des Bahnhofs zurück.

Tag für Tag pflegt Maret im Modergeruch die Pilze und Pflanzen in dem Gewölbe – und muss meist eine Atemmaske tragen. Die braucht er wegen der vielen Sporen, die die Pilze an die Luft abgeben. Die Shitake- und Austern-Pilze wachsen hier aus plastikumhüllten Strohblöcken. In langen Reihen stehen die Quader unter dem groben Mauerwerk. Die Pilze sprießen aus Löchern in der Folie. "Depressiv macht der Job nicht", sagt Maret. Aber wenn draußen die Sonne scheine, vergesse er schon manchmal die Begeisterung, die er für das Projekt hege.

Seit vergangenem Jahr produziert der "Bunker comestible" (etwa "Essbarer Bunker") Nahrungsmittel. Maret und seine Kollegin Anne-Laure Labrune ernten nach eigenen Angaben 150 Kilogramm Pilze pro Woche, 80 Schälchen mit Sprossen und 150 Kilogramm Endivien. Die Endivien brauchen gar kein Licht, die Pilze wenig, die Sprossen werden mit pinkfarbenem LED-Licht bestrahlt. Bisher kämpften die beiden allerdings noch mit großen Produktionsschwankungen. Verkauft wird vor allem an Märkte, Kantinen und Großhändler.

Mit seiner Firma Cycloponics, zu der der "Bunker comestible" gehört, hat Firmengründer Théophile Champagnat noch ein ähnliches Projekt in einem ehemaligen Pariser Parkhaus ins Leben gerufen. Noch schreibe die Firma keine schwarzen Zahlen, sagt er, der derzeit anfallende Verlust halte sich aber in Grenzen. Geplant seien weitere unterirdische Farmen. "Warum nicht auch in Deutschland?"

Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft will den Bunker nicht grundsätzlich bewerten. Dazu müsse sie das Projekt besser kennen, sagt Sprecherin Joyce Moewius. Sie betont aber allgemein: "Bio plus regional plus saisonal, das ist auf jeden Fall erste Wahl." Zumindest die ersten beiden Grundsätze träfen zu.

Der Hunger auf regional produzierte Nahrung wächst Studien zufolge seit Jahren. Nach Angaben der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) gab im Jahr 2016 die Hälfte aller deutschen Konsumenten an, Lebensmittel aus der Region kaufen zu wollen, auch wenn die Preise dafür höher sind. Sechs Jahre zuvor lag der Anteil sieben Prozentpunkte niedriger.

Ressort: Südwest

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mi, 16. Mai 2018: PDF-Version herunterladen

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