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UNTERM STRICH: Erneute Gier rund ums Geschäft

Martina Philipp
  • Mi, 21. Oktober 2020
    Unterm Strich

Warum ein Klopapierautomat allein nicht die Lösung sein kann / Von Martina Philipp.

Bestsellerautor Bastian Bielendorfer hat es neulich auf Spiegel online so formuliert: "Backen und Kacken – das sind die beiden großen Themen der Deutschen." Man hört das irgendwie nicht gern, aber es geht halt echt schon wieder los, das hektische Horten von Klopapier. Nur dass die Leute schneller und verschämter aus dem Supermarkt huschen als im Frühjahr. Hersteller Hakle, bislang nicht Friedensnobelpreis-verdächtig, will nun offenbar dazu beitragen, dass es nicht wieder Schlägereien wegen der letzten kratzigen Import-Rolle gibt. Und hat in Düsseldorf einen Klopapier-Automaten hingestellt.

Das frühmorgendliche Sudokurätsel kann allerdings schnell zum Luxus-Vergnügen werden, wenn man sich auf dem Hakle-Firmengelände gierig was fürs Geschäft gönnt. Zwei Rollen Vierlagiges kosten zwei Euro, schreibt Bild, die dreilagige Variante mit Kamillenduft immerhin nur 1,50 Euro.

Gibt es nicht kostengünstigere Vertriebswege, die der sich anbahnenden Notdurft, Entschuldigung, Notlage gerecht werden? Klopapierbomber wird hoffentlich keiner gleich fordern, aber könnte man nicht vielleicht die Deutsche Post damit betrauen, eine faire und zeitnahe Verteilung von Toilettenpapier zu gewährleisten?

Die andere Möglichkeit wäre, dass wir den kleinen possierlichen Tierchen mit den dicken Backen das Hamstern überlassen und dem letzten Blatt der letzten Rolle erstmal tapfer entgegensehen. Wer hat im Frühsommer nicht missmutig die Berge an hauchdünnem italienischen Klopapier abgearbeitet, während es längst wieder das gute deutsche Dreilagige gab? An die ganzen abgelaufenen glutenfreien Aufbackbrötchen und all das Roggenmehl will man gar nicht denken.

Letztlich hilft nur die ehrliche Einsicht: So wie ein selbstgemachter Apfelkäsesahnekuchen in der Krise nur bedingt hilft, macht alles Klopapier der Welt Corona nicht weg. Auf Backen und Kacken reimt sich Holz hacken. Vielleicht sollten wir das mal zur Entspannung probieren.



Ressort: Unterm Strich

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mi, 21. Oktober 2020: PDF-Version herunterladen

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