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UNTERM STRICH: Wie grün sind deine Risse

Patrik Müller
  • Fr, 10. November 2017
    Kolumnen

Die Straßburger haben Ärger mit ihren Weihnachtsbäumen / Von Patrik Müller .

Weihnachten ohne Tanne ist wie Ostern ohne Hasen. Theologisch funktioniert es ganz gut, aber irgendwie fehlt dann halt doch was. Und so pressen Mütter und Väter nadelnde Ungetüme auf Autorücksitze, suchen verzweifelt nach Kisten mit Christbaumkugeln und Lichterketten und ärgern sich, wenn sie die Nordmanntanne dann doch noch um drei Zentimeter kürzen müssen, weil der Engel sonst die Decke zerkratzt. Ihr Ärger ist nichts im Vergleich zu dem, den die Straßburger gerade haben.

Die veranstalten, wie sie gerne betonen, den ältesten Weihnachtsmarkt Frankreichs. Weil die Straßburger ihren zwei Millionen Besuchern auch etwas bieten wollen, müssen sie früh anfangen. Kurz vor Heiligabend schnell beim Förster anrufen, ob irgendwo in seinem Wald noch eine Tanne herumsteht? Dann ist alles vorbei. Fini, wie der Franzose sagt.

Der Franzose sagt momentan aber auch: "Le sapin de Noël est fissuré." Sapin heißt Tanne, Noël Weihnachten, fissuré kommt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie rissig. Es ist ein Malheur: Der erste Baum, den die Straßburger für ihren Place Kléber bestellt hatten, zerbrach schon im Wald. Der zweite Baum, der am 30. Oktober aufgestellt wurde, entpuppte sich bei einer genauen Untersuchung als beschädigt. Der Riss, der mit einem speziellen Gerät im Inneren des Stammes entdeckt wurde, war zwar nur 15 Zentimeter lang, aber doch etwas zu groß. Das Thema ist sensibel in Straßburg – 14 Menschen waren im Jahr 2001 bei einem Open-Air-Konzert im Parc Pourtalès gestorben, als ein Sturm eine 70-Tonnen-Platane entwurzelte.

Beim Weihnachtsmarkt soll alles gut gehen. Baum Nummer Drei ist geordert. Am Montag soll er stehen, zur Eröffnung des Weihnachtsmarktes am 24. November auch geschmückt sein. Wenn nichts passiert. Aber die Straßburger sind ja früh dran. Im Notfall müssen sie ihren Weihnachtsbaum halt doch auf den letzten Drücker besorgen. So wie alle anderen.

C’est la vie, wie der Franzose sagt.

Ressort: Kolumnen

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