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Kaoos-Pass auf Weanea

Warum sind die Schriftarten bei der Fußball-WM so schlecht lesbar?

Sebastian KrügerDaniel Laufer
  • &

  • Di, 19. Juni 2018, 19:07 Uhr
    Fußball-WM

Adidas möchte mit den Schriftzügen auf den Trikots der Nationalelf neue Wege bestreiten. Doch mancher Zuschauer ist irritiert. Die Fifa ließ sogar einen eigenen Schrifttyp kreieren.

Fröhliches Rätselraten: Adidas hat unter anderem die Trikots der Mannschaften aus Belgien und Deutschland (hier im Bild) entworfen. Auf Leserfreundlichkeit wurde wenig Wert gelegt. Foto: Marius Becker
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Die Schrift auf den WM-Trikots der deutschen Mannschaft ist schwer zu entziffern. Verantwortlich hierfür sind die Designer von Sportartikelhersteller Adidas, die unter anderem auch die Trikots von Argentinien und Spanien entworfen haben. Derweil ließ der Fußball-Weltverband eine eigene Schriftart entwickeln.

Im Mittelfeld der Deutschen herrschte beim Auftaktspiel gegen Mexiko (0:1) Kaoos. So hätte man den Nachnamen von Toni Kroos zumindest lesen können, wenn er sich denn schneller bewegt hätte. Hat er nicht. Dennoch führte der Schrifttyp der Spielernamen zu Irritationen. Schon nach der Präsentation des Auswärtstrikots für die WM beim Testspiel gegen Spanien (1:1) im März ernteten die Designer Spott.

Die Welt schrieb angesichts einer Elf bestehend aus Orahlea, Ö2il und Xhediaa scherzhaft von einem Experiment mit vielen Neulingen. Und in einem Interview mit der FAZ bezeichnete Typograph Erik Spiekermann die Schrift als "eckige Scheiße". "Das ist schlechter als alles, was ich bisher vom DFB gesehen hab", so Spiekermann.

Oliver Brüggen, Sprecher von Ausrüster Adidas, hält dagegen: "Die Schrift fällt auf und wird so emotional diskutiert wie das Design eines jeden neuen Trikots. Zumal die Typographie sehr modern und im Fußball bisher wenig präsent ist." Wer sich mit dem neuen Design nicht anfreunden kann, der muss sich noch bis Herbst 2020 gedulden. Solange wird die deutsche Nationalmannschaft nämlich in dem jetzigen Trikot spielen.

12 Nationalmannschaften spielen mit der Adidas-Schriftart

Für zwölf Verbände hat Adidas die WM-Trikots entworfen. Alle basierten auf derselben Typographie für Namen und Nummern. "Diese vervollständigt unseren ganzheitlichen Ansatz für die Fußball-WM. Dieser lautet: Vom Stadion bis zur Straße." Bei der Form habe man sich von Luftaufnahmen von Städten und Straßen inspirieren lassen, so Brüggen. "Kritik aus anderen Ländern ist uns nicht bekannt."

1990 wurde Deutschland ohne Namen auf dem Trikot Weltmeister. Bei der Europameisterschaft 1992 in Schweden trugen die Stars dann erstmals ihre Namen auf dem Rücken. Seit Mitte der Neunziger sind laut Deutscher Fußball-Liga auch in der Bundesliga Name und Nummer auf einem Trikot Pflicht. Nicht zuletzt, damit Schiedsrichter die Spieler eindeutig zuordnen können, wenn sie zum Beispiel eine Verwarnung aussprechen.

Es dürfte auch die Identifikation der Fans mit ihren Idolen auf dem Rasen gesteigert haben. Die Initialen von Cristiano Ronaldo in Kombination mit seiner Rückennummer sind zu der unverwerwechselbaren Chiffre CR7 verschmolzen. Seit es feste Nummern gibt, ist der "Trikotverkauf förmlich in die Höhe geschossen", heißt es auf der Internetseite des Trainingsbedarf- und Sportausrüster Teamsportbedarf.

Die russische Seele kommt aus Portugal

Eine Art Gegenentwurf zur eckigen Adidas-Typografie lieferten die Designer der Schrift-Schmiede A Dot Below aus Porto. Für diese Fußball-Weltmeisterschaft entwarfen sie eine eigene Schriftart. Sie trägt den Namen "Dusha", was auf Russisch "Geist" oder "Seele" bedeutet – und praktisch überall zu sehen ist: im WM-Logo und selbst in den abgekürzten Ländernamen in der Ergebnisanzeige bei den Fernsehübertragungen.

Die Buchstaben von "Dusha" wirken rund; sofort fällt auf, wie sehr die Stärke einzelner Striche variiert. "Wir mussten eine vereinheitlichte, strukturierte und vollständige Schriftart kreieren, mit lateinischen und kyrillischen Buchstaben, obwohl die meisten Schriftzeichen keine gemeinsame geometrische Grundlage haben und es zwischen ihnen eine rein visuelle Beziehung gibt", heißt es auf der Internetseite von A Dot Below.

Bei der Arbeit orientierten sich die Portugiesen an Skizzen der Lissabonner Designagentur Brandia Central, die das WM-Logo gestaltet hat. Russland sei das Land der Magie, erklärte Miguel Viana, damals künstlerischer Leiter von Brandia Central, bei der Bekanntgabe des Entwurfs. Er solle die russische Identität verkörpern. "Es gibt ein Gefühl des Aufstiegs, wie bei einem Raumschiff", sagte er im Gespräch mit dem Internetportal Design Week.

So betrachtet mag das geschwungene "A" im "Dusha"-Schriftzug "Russia 2018" kein schlecht lesbarer Buchstabe sein, sondern eine mystische Hommage an eine Semjorka-Rakete und die sowjetische Raumfahrt. Die Funktion folgt der Form.

Ressort: Fußball-WM

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mi, 20. Juni 2018: PDF-Version herunterladen

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