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Rektorenmangel in Freiburg

Warum sind Grundschulleiter so schwer zu finden?

Simone Höhl
  • Do, 02. März 2017, 10:53 Uhr
    Freiburg

In Freiburg sind 13 Stellen von Rektoren und Konrektoren an Grundschulen neu zu besetzen. Sie sind gleichzeitig Manager und Kinderstreitschlichter. Ein Besuch bei Edgar Bohn von der Anne-Frank-Grundschule.

Edgar Bohn bereut nicht, dass er Rekto...rundschule wurde – im Gegenteil.  | Foto: Thomas Kunz
Edgar Bohn bereut nicht, dass er Rektor der Anne-Frank-Grundschule wurde – im Gegenteil. Foto: Thomas Kunz
Es sind Ferien, da kann Edgar Bohn mal in Ruhe erklären, wie seine Arbeit als Rektor der Anne-Frank-Grundschule in Betzenhausen aussieht.

Sonst ist ständig was. Eltern rufen an, Lehrer wollen etwas besprechen, Kinder stehen im Rektorat, um mit seiner Hilfe ihren Streit zu klären. Sonst muss er auch Termine machen, Gespräche führen, das Fußballturnier bereden. Dazu kommt die Planung, Ganztagsschule, Neubau. Um 7 Uhr fängt er an, da ist noch Ruhe, und da kommen die Krankmeldungen. "Im ersten Halbjahr haben wir 645 Stunden vertreten", sagt Bohn. Das ist viel, die Grippe. Ja, und dann unterrichtet er noch, macht mit Kindern Podcasts und die Energiespar-AG.

"Langweilig wird’s mir nie", sagt Bohn und lächelt. An seinen Wänden hängen Kinderzeichnungen "für Hern Bon", der Stundenplan aller 14 Klassen, Strategietafeln, das Zitat "Wer will, findet Wege, wer nicht will, Gründe" und ein "Nö!". Das muss man auch mal sagen.

Grundschulen laufen nicht von allein

Schulleiterinnen und Schulleiter müssen manchmal Leuten auf die Füße treten und immer den Kopf hinhalten, weiß der geschäftsführende Leiter der 30 Grundschulen in Trägerschaft der Stadt. "So ein Laden läuft halt nicht von allein." Sein Laden hat 26 Lehrerinnen und Lehrer sowie 270 Kinder. Gut 70 Prozent Migrationsanteil, gut 40 Prozent kommen aus Familien, die Transferleistungen beziehen. Der Rektor ist 64 Jahre alt und geht bald in Pension. Seine Stelle ist eine von denen, die zum Herbst an Freiburgs öffentlichen Schulen neu vergeben werden (siehe Infobox). Bisher gab’s immer noch Bewerber, aber auch in der Stadt stehen sie nicht mehr Schlange.

Der Gemeindetag fordert, Schulleiter besser zu bezahlen. Bohn lächelt wieder. Sein Sohn bekommt zum Einstieg als Gymnasiallehrer dasselbe wie er am Schluss: A 13, nur ohne Amtszulage (siehe Info). Klar gönnt er’s ihm. Doch der Bewerbermangel liegt auch an der Besoldung, meint er. Und an der Verantwortung. Von seinen Kolleginnen und Kollegen will niemand seinen Posten.

Vom Lehrer zum Manager

"Der Job hat sich in 15 Jahren dramatisch gesteigert", sagt Peter Fels, Freiburger Vorsitzender der Gewerkschaft GEW. Von Lehrern mit Leitungsaufgaben zu Managern, die in der Regel auch noch 14 Wochenstunden unterrichten, die Inklusion einführen und Angebote für Computer einholen. "Sie haben schwierige Bedingungen, die Leitungszeit zum Beispiel ist noch immer deutlich zu knapp", sagt Fels. Im Schulamtsbezirk Freiburg, zu dem die Nachbarlandkreise gehören, hätten Stellen an kleinen Grundschulen ein Jahr nicht besetzt werden können. Für das Geld, sagt Fels, "hat keiner mehr Lust". In der Stadt gab es schon Fälle, die sich nach einer Weile vom Job zurückzogen.

Edgar Bohn macht ihn im 16. Jahr. "Ich find’ ihn ganz toll." Damit konnte er Schule verändern – und mit einem engagierten Kollegium und Leitungsteam, mit Eltern und Kindern, betont er. Kindern etwas beibringen, mit ihnen Lösungen zu finden, statt zu strafen, ein Schülerparlament auf die Beine zu stellen, die Schule weiterzuentwickeln. "Ich bereu’s nicht."
Stellen und Bezahlung

Derzeit sind nach Angaben von Regierungspräsidium und staatlichem Schulamt in Freiburg drei Stellen von Konrektoren vakant und werden nachbesetzt: Lessing-Realschule, Loretto- und Turnsee-Grundschule. Zum neuen Schuljahr gibt es Wechsel in neun Rektoraten: der Grundschulen Clara-Grunwald-, Schauinsland-, Mühlmatten-, Albert-Schweitzer- und Anne-Frank-Schule, zudem in Gerhart-Hauptmann-Schule, Wentzinger-Realschule und -Gymnasium sowie im Walter-Eucken-Gymnasium. Zudem werden Konrektorenstellen in Lortzing-, Emil-Thoma-, Mühlmatten- und Pestalozzi-Grundschule neu besetzt.

Die Besoldung hängt von Art und Größe der Schule ab. Ein Grundschullehrer bekommt A 12, erklärt Peter Fels von der Freiburger GEW. Der Rektor einer Grundschule mit bis zu 80 Schülern bekommt A12 plus Zulage, mit bis zu 360 Schülern A13 oder A13 mit Zulage. Ein Beispiel: Nach sieben Dienstjahren beträgt das A-13-Bruttogehalt 4422 Euro, dazu kann es 137 Euro brutto Familienzuschlag und für ein Kind 120 Euro geben, die Amtszulage liegt bei größeren Grundschulen bei 200 Euro brutto.

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Ressort: Freiburg

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 02. März 2017: PDF-Version herunterladen

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