Weniger Wintervögel in den Gärten
Experten sind unsicher, ob die Bestände schrumpfen oder ob der milde Winter für den Rückgang verantwortlich ist.
BERLIN (dpa/jj). In Deutschlands Gärten sind in diesem Jahr weniger Wintervögel zu sehen. Zehntausende Naturliebhaber meldeten im Januar im Schnitt 37 Piepmätze, die sie bei der Aktion "Stunde der Wintervögel" innerhalb von 60 Minuten beobachteten, teilte der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) am Mittwoch mit. "Das ist die zweitniedrigste Zahl nach dem Rekordminus von 34,4 im Jahr 2017", sagte Bundesgeschäftsführer Leif Miller. 2011 seien noch fast 46 Vögel pro Garten gemeldet worden. Im Südwesten lagen die gemeldeten Vögel mit 36,7 sogar unter dem Bundesdurchschnitt.
Der Grund für das verstärkte Ausbleiben der Vögel könnte aber auch der relativ milde Winter sein. "Damit kommen weniger Vögel in die Gärten, weil sie in schneefreien Wäldern noch genug zu fressen finden", ergänzte Miller. Ob ein tatsächlicher Rückgang der Bestände die Ursache sein könnte, müsse aufmerksam verfolgt werden. In diesem Jahr hatten 138 000 Naturliebhaber ihre Zählung an den Nabu gemeldet. Das war ein neuer Teilnehmerrekord seit dem Start der Mitmach-Aktion im Jahr 2011.
Vor allem die klassischen Futterhausbesucher wie Kohlmeisen, Blaumeisen, Sumpf- und Tannenmeisen ließen sich in diesem Winter seltener sehen. Doch auch die Zahlen anderer Waldvögel wie Kleiber, Eichelhäher, Buntspechte und Gimpel liegen niedriger als im langjährigen Mittel. Offenbar seien auch weniger Vögel aus dem Norden und Osten Europas nach Deutschland gekommen, da der Winter in ganze Europa bisher eher mild war, folgert der Nabu.
Der Nabu Baden-Württemberg sagte, dass auch die Gartenbesitzer eine Verantwortung für die Vogelwelt hätten. "Statt in kargen Steingärten kann eine artenreiche Vogelwelt nur in naturnahen Gärten leben und Nahrung finden", sagt Stefan Bosch, Fachbeauftragter für Ornithologie beim Nabu Baden-Württemberg. Er freute sich, dass fast 13 300 Menschen in Baden-Württemberg mehr als 336 000 Gartenvögel in knapp 9200 Gärten beobachtet und ihre Ergebnisse gemeldet hätten.
Diesen Winter habe es in Baden-Württemberg dafür wesentlich mehr Meldungen von Wasservögeln gegeben, so der Umweltverband. Für den Nabu sei das ein Indiz, dass gerade auch Menschen in städtischen Seen und Teichen vermehrt Vögel zählen.
Aus Daten des europaweiten Vogelmonitoringprogramms PECBMS geht hervor, dass die europäischen Bestände der Feld- und Wiesenvögel in Europa seit Beginn der Zählungen von 1980 bis 2016 um 57 Prozent zurückgingen. Von dem Rückgang betroffen waren zum Beispiel der Kiebitz und die Goldammer, ein typischer Bewohner der Feldmark mit Acker- und Grünland.
Als Hauptgrund für die Entwicklung sieht Petr Vorisek, der an dem Projekt beteiligt ist, die Intensivierung der Landwirtschaft. Zudem seien die Auswirkungen des Klimawandels immer stärker spürbar. Für die Studie wurden Daten aus 28 Ländern zu über 170 Arten zusammengetragen. Weit besser als den Feldvögeln erging es den Waldvögeln, deren Bestand im beobachteten Zeitraum nur um sechs Prozent zurückging. Eine moderate Abnahme war unter anderem bei Tannenmeisen, Erlenzeisigen und Wintergoldhähnchen zu verbuchen. Die Zahl der Grauspechte und Kleiber nahm sogar leicht zu.
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