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Wie frei darf der Tod sein?

  • dpa

  • Mo, 07. Mai 2018
    Panorama

Kontroverse Debatte nach der Ankündigung des Botanikers Goodall, sich das Leben nehmen zu wollen.

David Goodall an seinem 104. Geburtstag   | Foto: dpa
David Goodall an seinem 104. Geburtstag Foto: dpa

BASEL (dpa). Vor seinem geplanten Suizid in Basel hat sich der australische Botaniker David Goodall (104) im Kreis von Verwandten im französischen Bordeaux von der Reise aus Australien erholt. "Er ist guter Dinge", sagte der Direktor der Sterbehilfe-Organisation Exit International, Philip Nitschke, am Sonntag. Goodall ist seit Jahren Mitglied der Organisation.

Goodall habe befürchtet, an der Ausreise gehindert zu werden, nachdem er öffentlich gemacht hatte, dass er zum Sterben in die Schweiz reisen wollte. Er sei sich seiner Absicht nach wie vor sicher. In Bordeaux verabschiede er sich von dort lebenden Angehörigen. Er wolle am Montag nach Basel reisen. Dort würden weitere Angehörige aus den USA erwartet, sagte Nitschke. Goodall sei dreimal verheiratet gewesen und habe deshalb Familie auf verschiedenen Kontinenten.

Ob Goodall tatsächlich einen tödlichen Medikamentencocktail erhält, entscheidet sich nach einer Untersuchung seiner Urteilsfähigkeit. "Nur, wenn zwei Ärzte überzeugt sind, dass er 100-prozentig klar in seinem Wunsch ist, findet die Begleitung statt", sagte Erika Preisig, Ärztin und Gründerin des Vereins Lifecircle, der Goodall betreuen will. Lifecircle spricht wie ähnliche Organisationen von "Freitodbegleitung", nicht von Suizid. Der Verein hat 2017 nach ihren Angaben 73 Menschen in den Tod begleitet. Preisig hält sich im Ausland auf und wird Goodall selbst nicht treffen.

Goodall sagt, seine Lebensqualität sei nach einem Sturz und wegen Sehschwierigkeiten nicht mehr akzeptabel. Er betont aber, dass er keine lebensbedrohende Krankheit hat. Weil er im Fernsehen über seine Entscheidung sprach, erregte der Fall weltweit Aufmerksamkeit.

Preisig setzt sich für eine Legalisierung der Sterbehilfe ein. "Ich bin der Meinung: Jeder, der älter als 85 ist, soll ohne Rechtfertigung sterben dürfen", sagte sie. "Herr Goodall und andere sollten das Recht haben zu wünschen, dass sie nicht pflegebedürftig weiterleben müssen."

Gegner wie der Verein Christdemokraten für das Leben sind gegen Sterbehilfe. Angehörige könnten Sterbehilfe aus Kostengründen missbrauchen, andere Wege der Leidensminderung könnten zugunsten der "bequemeren" Lösung verworfen werden, argumentiert er. Auch die deutsche Stiftung Patientenschutz ist gegen jede Form organisierter Suizidhilfe. "Es gibt keine objektiven Kriterien für das Leiden", sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch. "Das wissen die Suizidhelfer und betreiben eiskalte Propaganda mit den Lebensmüden."

Nur bei 1,3 Prozent aller Todesfälle in der Schweiz handele es sich um begleiteten Freitod, betont Preisig. Ein eigensinniger Charakter wie Goodall müsse aber das Recht haben zu sagen: "Ich will sterben, weil ich genug vom Leben habe".

Ressort: Panorama

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