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"Oma’s Küche"

Wirt auf Rügen erklärt sein Restaurant abends zur kinderfreien Zone

Michael Saurer
  • dpa &

  • Sa, 18. August 2018, 14:23 Uhr
    Panorama

Jedes Jahr machen tausende Familien Urlaub an der Ostsee. Der Wirt von "Oma’s Küche" auf Rügen heißt sie nicht mehr willkommen. Das kriegt auch das gleichnamige Restaurant in Freiburg zu spüren.

Eine klare Ansage vermeidet der Wirt l... vor Oma’s Küche auf Denglisch.   | Foto: dpa
Eine klare Ansage vermeidet der Wirt lieber: das Schild vor Oma’s Küche auf Denglisch. Foto: dpa
Seit dieser Woche ist das Restaurant "Oma’s Küche" in Binz auf Rügen kinderfrei, jedenfalls ab 17 Uhr. "Mit dem Gedanken gehen wir schon sehr lange schwanger", sagt Wirt Rudolf Markl. "Es ist irgendwo eine Grenze erreicht, wo wir sagen: Es geht einfach nicht mehr." Es gehe um Kinder, die Gäste am Nebentisch belästigten, die an Tischdecken zerrten und Rotweingläser umschmissen – und Eltern, die nicht eingreifen. "Die quittieren das mit einem Lächeln, essen weiter, und es interessiert sie alles nicht." Es gehe explizit nicht gegen den Nachwuchs, sondern gegen ignorante Eltern, "die ihren Namen tanzen können, aber ihre Kinder nicht mehr im Griff haben", stellt der Gastronom klar.

Die Reaktionen seien fast ausnahmslos gut, berichtet er, jedenfalls, wenn man Facebook ausklammere. Aus der Anonymität des sozialen Netzwerkes heraus würde es zahlreiche kritische Meldungen geben, auch solche unter der Gürtellinie. "Aber das ist ja nicht neu." Probleme für sein Geschäft erwartet Markl nicht. Aber auch nicht mehr Gäste, da das Restaurant ohnehin immer voll sei. Die Einschränkung sei eine Entscheidung für die Gäste, die in Ruhe einen netten Abend verbringen wollten. Er wolle seinen Gästen eine "Oase der Ruhe" bieten.

Vorsichtiger Widerspruch des Hotel- und Gaststättenverbands

Das Segment für ausdrücklich kinderlosen Urlaub gebe es im Tourismus schon länger, sagt Torsten Schäfer, Sprecher des Deutschen Reiseverbands. "Zum Beispiel in der Karibik. Jeder Hotelier kann festlegen, ob sein Haus für Kinder geeignet ist oder nicht." So wie es Familienhotels gebe, gebe es eben auch Häuser, die sich auf Urlaub ohne Kinder spezialisiert hätten. "Natürlich obliegt es jedem selbst, seine Zielgruppe auszuwählen." Ob solche Angebote heute stärker nachgefragt werden als früher, kann Schäfer aber nicht sagen. Konkrete Zahlen lägen ihm nicht vor.

Vorsichtiger Widerspruch kommt vom Präsidenten des Hotel- und Gaststättenverbands Mecklenburg-Vorpommern, Lars Schwarz. Grundsätzlich stehe es zwar jedem Gastronomen oder Hotelbetreiber frei, seine eigenen unternehmerischen Entscheidungen zu treffen, betont er. "Aber wir zielen in Mecklenburg-Vorpommern auf Kinderfreundlichkeit." Es gebe viele Häuser, in denen die Kleinen nicht nur toleriert, sondern erwünscht seien. Aber natürlich könnten manche Kinder noch etwas gute Erziehung gebrauchen, räumt auch Schwarz ein.

Für Markl ist die Rolle des polarisierenden Gastwirts nicht ganz neu. Als er sein Restaurant im Jahr 2007 eröffnete, sei es das erste Nichtraucherlokal der Insel gewesen. Das allgemeine Rauchverbot bestand damals noch nicht. "Aber auch das wurde akzeptiert und gut angenommen", sagt er. Und auch jetzt steht er zu der Entscheidung für abendliche Kinderfreiheit. Besonders hat er sich nach eigener Aussage über eine Whats-App-Nachricht eines Freundes gefreut, der ebenfalls Gastwirt auf der Insel sei: "Der hat gesagt, seit 22 Jahren geht er mit diesem Gedanken schwanger und wollte das auch machen, hat aber einfach den Mut nicht gefunden. Ich finde das ganz toll."

Rügen ist nicht Freiburg

Wie schwierig es ist, wenn man den gleichen Namen wie jemand anderes trägt, muss dieser Tage das Restaurant "Omas Küche" im Freiburger Stadtteil Wiehre erleben. Wegen der Namensgleichheit zu dem im Text erwähnten Lokal auf Rügen ergießt sich derzeit eine gewaltige Welle der Wut – sagen wir es, wie es ist: ein Shitstorm – über das Gasthaus, das mit der Aktion seines Namensvetters auf Rügen überhaupt nichts zu tun hat.

In Freiburgs "Omas Küche" sind Kinder nach wie vor gerne gesehen. Dennoch wird das Lokal auf Facebook mit wütenden Kommentaren überschüttet, auf Google verändern Kunden nachträglich ihre gute Bewertung. Betreiberin Sabine Hahn-Kazums ist fassungslos und hilflos zugleich: "Die Leute lesen nicht richtig. Da zeigt sich eine gewisse Ignoranz." Selbst im Lokal hätten sie Kunden schon darauf angesprochen. "Aber da kann ich das von Angesicht zu Angesicht klären. Im Internet geht das nicht", sagt sie fast schon resignierend.

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Sa, 18. August 2018: PDF-Version herunterladen

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