Er ist einer der berühmtesten Holocaust-Forscher und er hat nach 60 Jahren Forschung mehr Fragen als Antworten. Yehuda Bauer spricht im Interview über neue und alte Fragen und mögliche Antworten.
Er wohne "im Altersheim, offiziell heißt es natürlich Betreutes Wohnen", mailt Yehuda Bauer, 92, einer der berühmtesten Holocaust-Forscher, als wir uns verabreden. Er schreibt immer gleich zurück, hat sein Smartphone zur Hand, redet schnell und läuft mit einem Tempo, das man ihm nicht zutraut, in seinem Jerusalemer Heim vom Lift zum Apartment. Kaffee oder Tee, fragt er, setzt Wasser auf, serviert Kuchen, und dann spricht er drei Stunden lang auf Deutsch, seiner Muttersprache – über seine Forschungen, Zweifel, über sein Leben.
BZ: Herr Bauer, Sie haben neulich gesagt, dass Sie nach mehr als 60 Jahren Holocaustforschung mehr Fragen als Antworten haben. Wie kann das sein?
Bauer: Der Holocaust hat mit so vielen verschiedenen Dingen zu tun: mit Nazismus und Antisemitismus, mit der Geschichte der Juden, der Entwicklung von Diktaturen und natürlich auch mit all den einzelnen Schicksalen. Opfer sind verschieden voneinander und auch Täter. Es ist klar, ...