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"Zitternd auf das Ergebnis gewartet"

  • Fr, 12. Mai 2017
    Schülertexte

ZISCHUP-INTERVIEW mit der Tanzlehrerin Heidi Gaess-Weber über die von ihr gegründete Company Marsupilami.

Die Mädels der Kinder- und Jugendformation Marsupilami gehören zu den Besten.   | Foto: privat
Die Mädels der Kinder- und Jugendformation Marsupilami gehören zu den Besten. Foto: privat

Delia Kern, Schülerin der Klasse 8d des Goethe-Gymnasiums in Emmendingen, ist 13 Jahre alt. Seit zehn Jahren tanzt sie im Dance Center Heidi Weber in Freiburg. Ihre Tanzlehrerin Heidi Gaess-Weber gründete vor fünf Jahren die Company "Marsupilami", in der Delia bis heute tanzt. Ihr größter Erfolg: der Weltmeistertitel 2014 in Polen. Warum ihr das Tanzen so wichtig ist, beschreibt Delia in ihrem Bericht. Außerdem hat sie ihre Tanzlehrerin befragt.

Wir trainieren bis zu 14 Stunden die Woche, weshalb meine Woche immer gut organisiert sein muss, um Tanzen und Schule auszubalancieren. Wir bekommen viel Unterstützung von unseren Trainern und von unseren Eltern, die das Beste aus uns herausholen. Ein Leben ohne Tanzen könnte ich mir nicht vorstellen. Tanzen macht mich selbstbewusst, stark, beweglich und vor allem glücklich. Natürlich ist es ein anstrengender Sport und man muss ab und zu Zerrungen und Muskelkater einstecken, doch das ist es mir wert. Ich tanze überall, wo es nur möglich ist: auf dem Weg nach Hause, zum Bäcker, in der Schule oder auch zu Hause.

Zischup: Wie kamen Sie zum Tanzen?
Gaess-Weber: Früher war ich eine erfolgreiche Turnerin. Erst mit 17 Jahren habe ich das Tanzen für mich entdeckt.

Zischup: Wurden Sie mit Talent geboren oder mussten Sie sich beim Tanzen alles erarbeiten?
Gaess-Weber: Natürlich habe ich hart an mir und meinen Fähigkeiten gearbeitet, aber ich glaube schon, dass ich von Anfang an Talent hatte.

Zischup: Was bedeutet Ihnen das Tanzen?
Gaess-Weber: Tanzen war schon immer meine große Leidenschaft. Tänzerin zu werden war im Nachhinein die beste Entscheidung meines Lebens, weil ich nun meine Leidenschaft ausleben kann.

Zischup: Wie wurden Sie die Tänzerin, die Sie heute sind?
Gaess-Weber: Die Körperspannung, die Beweglichkeit und das Feeling, das man als Turnerin haben muss, haben mir sehr geholfen. Im Laufe meiner Tanzlaufbahn habe ich mich neben meiner Tanzausbildung und meinen Zusatzstudien in New York immer weiterentwickelt und lerne jeden Tag mehr dazu.

Zischup: Wie haben Sie es geschafft, das Tanzen zu finanzieren?
Gaess-Weber: Mein Vater hat damals zu mir gesagt, dass ich keine Tanzausbildung machen darf, bevor ich nicht eine solide Ausbildung gemacht habe. Also habe ich eine Ausbildung zur Bankkauffrau gemacht. Nach dem letzten Ausbildungstag bin ich gleich nach Köln gefahren, um meine Tanzausbildung zu beginnen. Die hat mir mein Vater dann auch finanziert.

Zischup: Wie vereinbaren Sie Familie und Tanzen?
Gaess-Weber: Das war sehr schwierig, und es hat mich sehr viel Kraft und Fingerspitzengefühl gekostet, um beidem gerecht zu werden.

Zischup: In welchen Momenten muss man beim Tanzen den inneren Schweinehund besiegen?
Gaess-Weber: Meiner Meinung nach ist das bei jeder Tänzerin und jedem Tänzer anders. Jeder hat seine Stärken und seine Schwächen beim Tanzen, die er natürlich selber herausfinden und an denen er intensiv arbeiten muss.

Zischup: Haben Sie durch das Tanzen schon Verletzungen erlitten?
Gaess-Weber: Verletzungen hatte ich schon viele, aber noch nie gravierende.

Zischup: Sind Ihre Companys immer erfolgreich oder stecken sie auch Niederlagen ein?
Gaess-Weber: Natürlich gibt es manchmal auch eine Niederlage, die Konkurrenz ist schließlich auch stark. Ich finde es sehr schade, dass man nach bestimmten Richtlinien tanzen muss, um eine gute Bewertung zu bekommen. Überall wird anders gewertet, und oft kann ich die Entscheidung nicht verstehen. Tanzen kann man eigentlich nicht bewerten, weil jeder ein anderes Feeling hat. Jeder sollte nach seinem Herzen tanzen. Am liebsten würde ich in ganz Freiburg auf der Straße tanzen, um jedem eine Freude zu bereiten.

Zischup: Was war der größte Erfolg in Ihrer gesamten Tanzlaufbahn?
Gaess-Weber: Das war die Weltmeisterschaft 2014 in Polen, die meine Company "Marsupilami" gewonnen hat.

Zischup: Wie war das Gefühl bei einer WM zu sein und dann auch noch zu gewinnen?
Gaess-Weber: Dieses Gefühl kann ich genau so schlecht beschreiben wie meine Mädels. Es war einfach unglaublich. Wir standen alle zitternd hinter der Bühne und haben auf das Ergebnis gewartet. Als es dann um die Podestplätze ging, konnten wir uns nicht mehr halten. Als die Moderatorin dann auch noch das Publikum fragte, wer gewinnen würde, und alle Germany riefen und die Moderatorin bejahte, dass Marsupilami den Weltmeistertitel ertanzt hat, überkamen uns die Emotionen und alle fingen an zu weinen. Niemand konnte es realisieren. Ich bin so unfassbar stolz auf meine Mädels.

Zischup: Was ist das Ziel für Marsupilami in der nächsten Saison?
Gaess-Weber: Bald stehen die nächsten Meisterschaften und Turniere an. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, brauche ich Unterstützung von internationalen Lehrern. Hierfür konnte ich Selatin Kara, einen der besten Choreografen der Welt, für unser Dance Center in Freiburg gewinnen.

Zischup: Können Sie sich ein Leben ohne Tanzen vorstellen?
Gaess-Weber: Niemals! Am liebsten würde ich solange tanzen, bis ich in meinen Tanzschuhen einen Herzinfarkt bekomme.

Ressort: Schülertexte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 12. Mai 2017: PDF-Version herunterladen

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