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"Bulli des Ostens"

Der Barkas 1000 hat weiterhin treue Fangemeinde

  • Andreas Hummel (dpa)

  • Di, 08. März 2022, 16:43 Uhr
    Panorama

     

Neben "Trabi" und Wartburg prägte ein weiteres Automobil "Made in GDR" einst das Straßenbild im Osten: Der vielfältig einsetzbare Schnelltransporter Barkas 1000, der nicht nur im Osten gefragt war.

Heute ist der Barkas ein Museumsstück.  | Foto: Jan Woitas (dpa)
Heute ist der Barkas ein Museumsstück. Foto: Jan Woitas (dpa)
In einem Prospekt von einst wird der Zweitakter mit Frontantrieb und anfangs 42 PS als "zuverlässig, schnell, wendig" gepriesen.

Doch während Westdeutsche im VW-Kleinbus zu Reisen aufbrachen, blieb der "Bulli des Ostens" für viele DDR-Bürger unerreichbar: Die Fahrzeuge wurden vorrangig für Rettungsdienst, Polizei, Armee und Volkseigene Betriebe gebaut. Mit Glück konnten immerhin kinderreiche Familien ein ausrangiertes ergattern – oder es brauchte Westverwandtschaft, die mindestens 16 500 D-Mark über den Geschenkdienst Genex spendierte.

In den 1950er Jahren begannen Ingenieure in der DDR, ein neues Nutzfahrzeug zu entwickeln. Anforderungen waren etwa ein "formschöner Wagenkörper", größtmöglicher Laderaum und hohe Variabilität, wie im Museum "Zeitwerkstadt" in Frankenberg bei Chemnitz zu erfahren ist. Dort wird die Geschichte des Nutzfahrzeugbaus der Region anschaulich präsentiert und sind mehrere Barkas-Modelle ausgestellt – auch solche, die nie in Serie gegangen sind. Am 14. Juni 1961 begann die Serienproduktion des B 1000 im sächsischen Hainichen, im März 1962 wurde der "Schnelltransporter" auf der Leipziger Frühjahrsmesse der Weltöffentlichkeit vorgestellt.

"Das Fahrzeug war im internationalen Vergleich auf einem Top-Stand", betont Siegfried Bülow. Er war in der Wendezeit Geschäftsführer der Barkas-Werke und machte später bei Volkswagen und Porsche Karriere. "Der Barkas konnte im internationalen Orchester der Nutzfahrzeuge mitspielen", versichert auch der ehemalige Konstrukteur der Barkas-Werke, Jürgen Rehm. Als Beleg dafür verweist er auf den Export dieser Fahrzeuge in zahlreiche Länder – auch jenseits des Ostblocks etwa nach Belgien, die Niederlande und Skandinavien.

Weil notwendige Investitionen ausblieben, konnte der Barkas mit Kleintransportern westlicher Hersteller nicht mithalten. "Die Werkzeuge waren so verschlissen, dass Teile nicht mehr gepasst haben und nachbearbeitet werden mussten. Da wurde jedes Auto zum Unikat", resümiert Bülow. Mit der D-Mark brachen auch die Absatzmärkte in Osteuropa weg. Zwar versuchten die Barkas-Werke, mit einem neuen Modell mit Vier-Takt-Motor von Volkswagen den Anschluss zu schaffen. Doch der Barkas 1000/1 konnte das Aus nicht mehr abwenden: Am 10. April 1991 wurde die Produktion in Deutschland eingestellt, auch der Versuch eines Neustarts der Produktion in Russland scheiterte Anfang 1994.

In 30 Jahren waren 175 740 Barkas 1000 und 1900 Barkas 1000/1 gefertigt worden. Heute sind sie zwar weitgehend aus dem Straßenbild verschwunden, doch etliche Fans von DDR-Fahrzeugen pflegen diese Oldtimer weiterhin mit viel Hingabe. In der aktuellen Zulassungsstatistik des Kraftfahrtbundesamtes sind rund 3800 Barkas verzeichnet, 1992 waren es nach Angaben der Behörde noch gut 17 700.

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mi, 09. März 2022: PDF-Version herunterladen

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