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Der Jugend eine Stimme geben

  • JuZ-Mitarbeiter Christoph Sprich

  • Do, 10. März 2005
    Zisch

Aus zwei hier vorgestellten Handbüchern können junge Zeitungsmacher viel darüber lernen, wie sie sich Gehör verschaffen.

JuZ hin, JuZ her: glaubt man dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger, dann lesen heute so wenig Jugendliche wie nie zuvor Zeitung. Und das obwohl das gedruckte Wort nicht nur Mittel zur Informationsbeschaffung ist, sondern vor allem auch eine gute Möglichkeit, der oft überhörten Jugend eine Stimme zu geben. Darum: also einfach selbst Zeitung machen!

Das ist nahe liegend - aber gar nicht so einfach. Was macht zum Beispiel eine erfolgreiche Schülerzeitung aus? Und wie mache ich die Lokalzeitung auf den erbärmlichen Zustand des nahe gelegenen Spielplatzes aufmerksam? Die Antworten auf alle wichtigen Fragen rund um das Thema "Schülerzeitung" will das Buch "Zeitung machen" liefern - geschrieben von Jan-Christian Schinke, einst Schülerzeitungsredakteur, und Susi Wimmer, die "Zeitung in der Schule" (Süddeutschen Zeitung) geleitet hat.

Vom Rechtlichen, wie beispielsweise dem Schulgesetz, über das Organisatorische bis hin zum Technischen, wie Layout oder Druck, werden alle wichtigen Aspekte angeschnitten. Auch Textkunde und Finanzielles fehlt nicht. Aufgelockert werden soll das Ganze durch fiktive Dialoge zwischen zwei Schülerredakteuren ("Steffi" und "Daniel"), die aber tatsächlich eher entbehrlich sind: Entweder mangels Aussagekraft oder weil man die Informationen auch im laufenden Text hätte einfügen können. Oder sollten potenzielle Redakteure tatsächlich an 119 Seiten locker geschriebenem Text scheitern? Kaum anzunehmen.

Das Thema "Texte" wird prominent behandelt, was zwar sehr löblich ist, aber gleichzeitig eine der Schwächen des Werkes ist. Denn eigentlich benötigt diese Thematik ein eigenes Buch. Der Spagat zwischen umfassender Gesamtübersicht und den nötigen Details ist schlicht nicht zu schaffen, Wichtiges wird nur angerissen, an anderen Stellen, wie dem Layout, hätte es dafür ruhig konkreter ausfallen dürfen. Schleierhaft bleibt, wie die Autoren angesichts dieses Dilemmas eine ausführliche Argumentationskunde mit einfügen konnten, wo doch bei den journalistischen Stilformen noch so vieles hätte geschrieben werden können. Dennoch: Wer schon mal eine Schülerzeitung gemacht hat, der weiß, wie wertvoll die meisten der hier dargebrachten Grundsatztipps sind. Und wer erfolgreich Zeitung machen will, dem kann man nur sagen: 12,50 Euro ist das allemal wert. Kaufen!

Einen anderen Ansatz für das Thema Jugend und Medien wählen die Autoren Thomas Röhr und Jörg Wenzel für "Schlagzeilen - Presse-Praxis für Jugendliche", das dem "Projekt P" von Bundesjugendring und Bundeszentrale für politische Bildung (siehe auch: http://www.projekt-p.info entsprungen ist. "P" steht für "Partizipation", also fürs Mitmachen, aber auch für "Politik". Ziel: Die Jugend fit für die Presse zu machen. Allerdings geht es da weniger um kritische Leser, als vielmehr um professionelle Öffentlichkeitsarbeiter in Sachen Jugend. Das Buch sieht zwar aus wie ein Buch, ist aber gar keines: Es ist ein "Reader", innen zwar mit viel Text, aber natürlich auch schön bunt. Denn erwachsene Medienprofis (glauben zu) wissen: Wer unter 25 ist, dem kann man eben keine 110 Seiten Sachbuchtext am Stück vorlegen (siehe oben).

Ankreiden kann man dem Buch seine manchmal etwas zwanghafte Lockerheit. Und man fragt sich, ob man von einem "Reader", bei dem unter anderem die Bundeszentrale für politische Bildung ihre Finger im Spiel hatte, nicht eine etwas kritischere Distanz zum heute üblichen Mediengeschäft erwarten darf. Mag sein, dass man eine breitere Öffentlichkeit erreicht, wenn man einen Politiker vor seinen Aktions-Karren spannt. Unerwähnt bleibt jedoch die Gefahr, dass sich zwar jeder Politiker gerne mit Jugendlichen sehen lässt, deshalb aber noch lange nicht ein engagierter Vorkämpfer für Jugendtreffs und Basketballplätze wird. Und wer hat am Ende den größeren Nutzen von der Publicity?

"Die Jugend als Einflüsterer der großen Politik? - ein schöner Gedanke"

Aber wenn man keine fundamentale Weltverbesserung inklusive Gesellschaftskritik erwartet, bleibt festzuhalten: Hier findet man das nötige Basiswissen, um seinen Anliegen offensiv Gehör zu verschaffen. Es fängt an mit ein bisschen Grundwissen über Presse und Presseverteiler, dann Tipps für Pressemitteilungen. Danach geht's richtig los: Themen "aufspüren", Events anleiern - und das auch immer durch die Medienlinse betrachtet. Möglichst konzentriert, mit spannendem Motto und einem bewegten Motiv - dann freut sich auch der Kameramann vom Lokalfernsehen.

Als Tüpfelchen auf dem "i" wird auch noch die "Lobbyarbeit" erwähnt. Statt der Pharmakonzerne mal die Jugend als Einflüsterer der großen Politik? Ein schöner Gedanke. Und weil dazu noch unentbehrliches Basiswissen für jede Jugendinitiative kommt, kann das Urteil hier nur lauten: Bestellen! Trotz (oder wegen?) des Hirschs auf dem Titelbild.


Bücher übers Zeitungmachen:

"Zeitung machen - Handbuch für junge Redakteure", Jan-Christian Schinke, Susi Wimmer, Uni-Edition, 2003, 12,50 Euro

"Schlagzeilen - Presse-Praxis für Jugendliche", von Thomas Röhr, Jörg Wenzel, Hrsg: Deutscher Bundesjugendring, (zu zahlen sind nur die Versandkosten): http://www.dbjr.de

Ressort: Zisch

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 10. März 2005: PDF-Version herunterladen

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