"Die weiße Kobra heißt Voldemort"
Giftschlangen sind nicht zu unterschätzen, erzählt Tierretter Johannes Bockstaller von DragonShelter e. V. in Freiburg im Interview.
Vito Güde, Klasse 4b, Turnseeschule (Freiburg)
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BZ: Ich möchte mit Ihnen über Giftschlangen sprechen. Was ist Ihre Lieblingsgiftschlange?
Ich mag eigentlich sehr gerne Brillenkobras. Aber meine Lieblingsgiftschlange ist die Bambusotter. Ich finde sie einfach wahnsinnig schön, dieses Giftgrün mit den gelben Augen. Sie wird immer wieder abgegeben, weil die Leute denken, die sind so harmlos und leicht zu halten. Die Leute merken dann nach ganz kurzer Zeit, dass die Tiere zwar schön und interessant sind, aber den ganzen Tag nichts machen, außer sich in einem Busch zu verstecken. Leider werden sie dann oft schlecht behandelt. Deshalb kriegen wir ganz schön viele davon.
BZ: Geben Sie den Schlangen Namen?
Den Tieren, die länger bei uns sind, geben wir Namen, manchmal auch ein bisschen blöde. Unsere 5,50 Meter große Netzpython heißt Bonsai, obwohl sie riesig ist. Die weiße Kobra heißt Voldemort, weil sie weiß ist, eine platte Nase hat und Menschen tötet, wenn man nicht mit ihr umgehen kann.
BZ: Wie geht man denn mit den Schlangen um?
Es gibt sehr viele Giftschlangenarten. Eigentlich gibt es für jede Art eine Anleitung, wie man mit ihr sicher umgehen kann.
BZ: Woher kriegen Sie die Schlangen?
Die giftigen Tiere werden häufig beschlagnahmt. Gifttiere werden selten ausgesetzt. Freiwillige Abgaben gibt es viele. Die Leute merken oft nach einer Woche schon, dass die Kobra vielleicht kein gutes Einsteigerhaustier ist. Dann gibt es natürlich Tierschmuggler oder Leute, die Gifttiere halten in Bundesländern, wo es verboten ist. In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ist Gifttierhaltung erlaubt. In fast allen anderen Bundesländern ist es genehmigungspflichtig oder sogar komplett verboten, wenn man kein Zoo oder keine Giftforschungseinrichtung ist.
BZ: Kann man sich denn hier einfach so giftige Tiere kaufen?
Tiere kaufen kann man bei uns nicht, nur adoptieren. Das läuft eher wie im Tierheim und hat mit dem Marktpreis von einem Tier wenig zu tun. Bei uns sind die Auflagen für die Haltung höher als der Preis. Bei giftigen Spinnen ist es nicht so wild, da braucht man jetzt nicht unbedingt viele Scheine, auch keine Gegengifte. Aber wenn man jetzt eine große Klapperschlange adoptieren möchte, dann muss man uns einen speziellen Führerschein vorlegen, den gibt es für gefährliche Tiere. Um den zu machen, muss man auch den normalen Reptilienführerschein haben. Dafür muss man in einer Prüfung beweisen, dass man mit den Tieren umgehen kann und alles über diese Tiere weiß. Zusätzlich verlangen wir noch, dass man sich registriert und Mitglied im Serumdepot ist. Das ist ein Verein, der für Menschen Gegengifte in den umliegenden Krankenhäusern einlagert, falls mal was passiert.
BZ: Hatten Sie schon gefährliche Situationen mit Giftschlangen?
Wenn wir eine von unseren Speikobras sauber machen oder füttern müssen, sind wir wahnsinnig vorsichtig, weil Kobras unglaublich schnell sind, ihr Gift sehr stark und sie sehr schnell spucken. Bei Kobras hat ein Mensch zwischen einer halben Stunde und Stunde, um ans Gegengift heranzukommen, wenn er gebissen wird. Sonst ist man ziemlich sicher tot.
BZ: Wurden Sie schon von einer Schlange gebissen, also einer von euch?
Von einer Giftschlange noch nie. Bei Giftschlangen sind unsere Vorsichtsmaßnahmen sehr hoch. Wir machen das nur zu zweit oder sogar zu dritt, weil dann einer schnell am Telefon einen Notruf absetzen kann.
BZ: Wie schnell geht das denn, bis das Gegengift da ist?
Im Idealfall in Freiburg unter 15 Minuten.
BZ: Was halten Sie davon, wenn jemand zuhause eine Giftschlange halten möchte?
Wenn jemand das machen will und sich wirklich traut, ist es superwichtig, dass man sich vorher informiert und mit Leuten übt, die das können, und dass man alles über das Tier weiß. Das Terrarium muss bombensicher sein. Das darf keinerlei Schwachstellen haben, sonst büchst sie aus. Das hatten wir schon mal. Vor ein paar Jahren ist in Nordrhein-Westfalen ein Kobra-Baby abgehauen und dann musste die komplette Straße, in der der Halter gewohnt hat, für ein ganzes Wochenende evakuiert werden. Die mussten in Schulen schlafen und in Hotels und alles musste der Mensch bezahlen, dem die Kobra abgehauen war. Man muss sich bewusst machen, dass die auch wahnsinnig gefährlich für andere Leute sind. Es reicht nicht, dass man selber mit dem Tier umgehen kann. Man muss sich ungefähr 100 Mal so viel überlegen wie bei jedem anderen Haustier.