Vor fünfzig Jahren fror der Bodensee letztmals vollständig zu – und hob für fünf Wochen alle Grenzen auf.
Am Vorabend des Tags, der den kleinen August Knoblauch berühmt macht, legt sich auch der große See zur Ruhe. Die Welt vor Augusts Schlafzimmer verstummt. Keine Wellen, kein Wind, ein Wunder in Weiß. Auf zwanzig Grad Kälte stürzt das Thermometer Anfang Februar vor fünfzig Jahren, die Arktisluft entzieht dem Wasser die letzte Wärme, der Bodensee dampft noch kurz, dann schließt sich der Eispanzer.
Als August am Morgen erwacht, ist die Welt verwandelt. Vor dem Haus in Hagnau liegt ein Meer aus Eis. Der Zwölfjährige zögert nicht lange, er schält sich aus seinem Bett, zieht sich Mütze, Schal und Winterjacke drüber und spurtet nach draußen. Mit zwei Freunden und einem Rebstock in der Hand wagt er sich etwa einen Kilometer hinaus aufs Eis. Wasser ist keines in Sicht, aber die 6,6 Kilometer entfernte Schweiz auch nicht, Dunst hat die Seeoberfläche eingehüllt. Das Eis knirscht nicht mehr, wie noch an den Vortagen, es trägt. Aber August muss jetzt in die Schule, seine Expedition muss warten. Er macht kehrt.
Dem See gehört an diesem ...