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"Er kam uns mit dem Messer entgegen"

  • Fr, 23. April 2021
    Schülertexte

ZISCHUP-INTERVIEW mit Polizeioberkommissar Rainer Ledwig über seine Aufgabengebiete sowie gefährliche und lustige Momente in seinem Job.

Zischup-Reporter Linas Jockmann mit Polizeioberkommissar Rainer Ledwig (rechts)   | Foto: privat
Zischup-Reporter Linas Jockmann mit Polizeioberkommissar Rainer Ledwig (rechts) Foto: privat

Der 51-jährige Rainer Ledwig ist Polizeioberkommissar und arbeitet im Führungs- und Einsatzstab Einsatz/Verkehr des Polizeipräsidiums Freiburg. Linas Jockmann aus der Klasse 8c des Schulzentrums Oberes Elztal in Elzach wollte von Ledwig wissen, warum er sich für den Polizeidienst entschieden hat und was ihm an seiner Arbeit gefällt.

Zischup: Warum bist du Polizist geworden?
Ledwig: Schon als Kind fand ich den Beruf des Polizeibeamten interessant. Die Arbeit ist spannend, aufregend und abwechslungsreich. Jeder Tag bringt etwas Neues mit sich und jeder Tag ist anders. Kein Fall, kein Einsatz gleichen sich. Auch der Umgang mit den Menschen, mit denen man ja tagtäglich zu tun hat, ist sehr spannend und interessant. Erst später wurde mir bewusst, dass Erlebnisse in meiner Kindheit zu meinem Wunsch, Polizist zu werden, führten. Nicht nur ich selbst, sondern auch meine Geschwister und später auch andere Kinder, die ich kannte, haben Ungerechtigkeit und Gewalt erfahren. Dagegen wollte ich mich wehren können beziehungsweise auch dazu beitragen, dass andere Menschen geschützt werden und ihnen in Notlagen geholfen wird. Zudem war es mir wichtig, einen Beruf mit Zukunftsperspektive und guter Absicherung zu haben. Heute weiß ich, dass die Entscheidung Polizist zu werden, die richtige für mich war. Es fühlt sich gut an.

Zischup: Gibt es verschiedene Möglichkeiten der Ausbildung zum Polizisten und was beinhalten diese?
Ledwig: Es gibt zum einen die Möglichkeit, die Ausbildung zum mittleren Polizeivollzugsdienst zu absolvieren. Zum anderen hast du aber auch die Möglichkeit, über ein Studium die Ausbildung zum gehobenen Polizeivollzugsdienst zu durchlaufen. Für die Ausbildung zum mittleren Polizeivollzugsdienst solltest du den Abschluss der Mittleren Reife haben. Hier brauchst du mindestens einen Notendurchschnitt von 3,2. In der Ausbildung zum mittleren Polizeivollzugsdienst absolvierst du eine duale Ausbildung in 30 Monaten, das heißt hier wechseln sich theoretische und praktische Teile ab. Höhepunkt ist der zwölfmonatige Praxisteil: Du bist bei vielen Einsätzen auf der Straße dabei und lernst so den polizeilichen Alltag kennen.

Zischup: Und wie gestaltet sich die Ausbildung zum gehobenen Polizeidienst?
Ledwig: Für die Ausbildung zum gehobenen Polizeivollzugsdienst benötigst du die Fachhochschulreife oder das Abitur. Hier solltest du einen Notendurchschnitt von mindestens 3,0 haben. Das Studium mit Praxisausbildung dauert 45 Monaten. Es beginnt mit einer neunmonatigen Vorausbildung. Später folgt dann das Bachelorstudium mit den Schwerpunktbereichen der Schutzpolizei oder der Kriminalpolizei an der Hochschule für Polizei in Villingen-Schwenningen. Auch das Studium beinhaltet theoretische und praktische Ausbildungsphasen. Da es sowohl bei der Schutzpolizei als auch bei der Kriminalpolizei verschiedene Bereiche gibt, entscheiden das Interesse und die Fähigkeiten, in welchem Bereich man später arbeiten möchte.

Zischup: Welche Aufgaben hat ein Polizeioberkommissar?
Ledwig: Ein Polizeioberkommissar kann als Sachbearbeiter etwa in einer Dienstgruppe tätig sein. Das heißt, dass du Anzeigen entgegennimmst, Unfälle bearbeitest oder aber auch junge Beamte ausbildest. Du kannst aber auch Führungsaufgaben übertragen bekommen. Da bist du dann zum Beispiel Leiter einer Dienstgruppe oder der Stellvertreter. Generell kann man im gehobenen Dienst in den unterschiedlichsten Bereichen arbeiten.

Zischup: In welcher Abteilung arbeitest du jetzt?
Ledwig: Ich arbeite jetzt im Führungs- und Einsatzstab, Einsatz und Verkehr, beim Polizeipräsidium Freiburg und bin hier hauptsächlich für den Bereich Verkehr zuständig. Zu meinen Hauptaufgaben gehört das Pflegen von Unfallstatistiken. Zum Beispiel: Wie viele Unfälle gab es insgesamt im letzten Jahr im Regierungspräsidium Freiburg? Wie viele Verkehrsunfälle ereigneten sich, bei denen Menschen verletzt wurden? Wir schauen uns diese Unfälle genau an, um die Unfallursachen herauszufinden. Danach schließen wir uns mit den Mitarbeitern vom Garten- und Tiefbauamt der Stadt Freiburg zusammen, welche die Straßen planen und überlegen uns zum Beispiel, was wir an einer Unfallstelle ändern können oder müssen, damit dort nicht noch mehr Unfälle passieren.

Zischup: Welche Aufgaben übernimmst du noch?
Ledwig: Wir sind auch bei der Planung von größeren Veranstaltungen eingesetzt, wie zum Beispiel beim Freiburg-Marathon oder wenn der SC Freiburg ein Heimspiel hat. Beim Freiburg-Marathon sind wir bei der Planung der Laufstrecke mit eingebunden. Da schauen wir dann, welche Straßen gesperrt werden können oder müssen. Für die Heimspiele des SC Freiburg sind wir bei der Planung und Durchführung des Verkehrskonzeptes beteiligt. In das neue Stadion passen ja schließlich über 30 000 Besucher und die reisen mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln an – mit dem Auto, der Bahn oder dem Fahrrad.

Zischup: Gibt es etwas, was dir an deinem Beruf besonders gut gefällt?
Ledwig: Das Aufgabengebiet ist sehr vielfältig und sehr spannend. Ich habe schon mehrere Stationen bei der Polizei durchlaufen. Angefangen in der Einsatzhundertschaft, dann war ich im Streifendienst in Stuttgart und Freiburg tätig. Danach war ich mehrere Jahre beim Verkehrsunfalldienst. Jetzt bin ich wie gesagt im Führungs- und Einsatzstab tätig. Ich muss sagen, dass ich immer Kolleginnen und Kollegen hatte, auf die ich mich verlassen konnte. Das gegenseitige Vertrauen, der Respekt, die Wertschätzung, die mir entgegengebracht wurden und weiterhin werden, das ist einfach etwas ganz Tolles für mich.

Zischup: Du hast als Polizist sicher schon einiges erlebt. Was war die gefährlichste Situation und gab es auch einen lustigen Vorfall?
Ledwig: Zu der gefährlichen Situation fällt mir spontan ein Einsatz ein, welchen ich zu meiner Zeit in Stuttgart erlebt habe. Eine junge Frau wurde in ihrer Wohnung überfallen. Der Täter war mit einem Messer bewaffnet. Nachdem er mitbekommen hatte, dass die Polizei verständigt wurde, floh er aus der Wohnung. Er kam uns dann mit dem Messer in der Hand vor dem Haus entgegen und richtete das Messer auf uns. Ich dachte schon, dass ich auf diesen Menschen schießen müsste. In diesem Einsatz waren auch die Kollegen der Hundeführerstaffel eingesetzt, die sich von der Seite dem Täter näherten. Der Hund wurde losgelassen und biss dem Täter in den Arm. So konnten wir ihn festnehmen, ohne auf ihn schießen zu müssen.

Zischup: Und jetzt noch eine lustige Geschichte?
Ledwig:
Zu einer lustigen Situation kam es, als ein älterer Herr eine Anzeige erstatten wollte, da sein Auto angeblich gestohlen wurde, nachdem er es in der Stadt geparkt hatte. Er war mit seinem Mercedes in die Stadt gefahren und konnte nach dem Einkauf sein Auto nicht mehr finden. Wir haben mit ihm zusammen das Auto gesucht, konnten es aber auch nicht finden. Auf der Dienststelle habe ich den älteren Herrn nach dem Fahrzeugschein gefragt. Nachdem er mir diesen vorgelegt hatte und er den Schein ansah, fiel ihm ein, dass er heute gar nicht mit seinem Mercedes in die Stadt zum Einkaufen gefahren war. Er hatte heute den VW Golf seiner Frau benutzt. Wir sind dann nochmals an die Stelle gefahren, wo er das Auto geparkt hatte. Und siehe da, es stand noch an seinem Platz.

Zischup: Warum sollte ich mich als Jugendlicher für den Polizeiberuf entscheiden?
Ledwig: Wie ich bereits schon erwähnt habe, das Aufgabengebiet ist sehr vielfältig, interessant und spannend. Das beginnt beim Auskünfteerteilen, Verkehrsunfälle aufnehmen, in Strafsachen ermitteln oder bei Heimspielen des SC Freiburg für die Sicherheit rund um das Stadion zu sorgen. Darüber hinaus übernimmt die Polizei Aufgaben, um unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat zu schützen. Wenn man sich gerne in eine Gemeinschaft einbringt und ein Gespür für Teamgeist und Gemeinschaftssinn hat, ist man bei der Polizei genau richtig. Zudem hat man einen sicheren Arbeitsplatz und ein gutes Einkommen. Man darf aber nicht vergessen, dass der Beruf des Polizeibeamten auch viel von einem abverlangt, wie zum Beispiel der Schichtdienst und das Arbeiten an den Wochenenden und an Feiertagen. Es gilt, unterschiedlichste Situationen zu meistern, die teilweise sehr belastend sein können. Man sollte mental sehr stark sein und eine gute Gesundheit sowie eine gute körperliche Fitness mitbringen. Man entscheidet sich für einen modernen und verantwortungsbewussten Beruf. Die Polizei lebt die Chancengleichheit und bietet gute Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Ressort: Schülertexte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 23. April 2021: PDF-Version herunterladen

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