Konzert
Gesungene Geschichten, die die Zeit überdauern
Gudrun Walther und Jürgen Treyz führen in der Menzenschwander Dorfkirche ihr Publikum hinein in die deutsche und irische Volksmusik vergangener Jahrhunderte. Es ist eine Welt voller Entdeckungen.
So, 11. Mai 2025, 21:00 Uhr
St. Blasien
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Dass viele der Tanzstücke in die heutige Zeit überliefert wurden, liege daran, dass es damals praktizierende Musiker gegeben habe, die die damals vor allem mündlich weitergegebenen Tanzweisen und Lieder notiert haben, erzählt Jürgen Treyz. So habe die Küster-Dynastie Dahlhoff aus dem Münsterland in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts rund 800 Tanzmelodien gesammelt, die in etlichen Notenheften aufgeschrieben wurden. Inzwischen sei die Dahlhoff-Sammlung von der Staatsbibliothek in Berlin, wo die Hefte in den Kellern gelagert waren, digitalisiert und veröffentlicht worden.
Der Folk-Abend in Menzenschwand war auch ein Abend der Geschichten und gesungenen Lieder aus Jahrhunderten, glückliche und unglückliche. Etwa das Lied "Ich weiß ein fein brauns Mägdelein". Es erzählt von einem Liebespaar, das nicht zusammenkommen konnte, wohl wegen eines vorhandenen Standesunterschieds. Symbolisiert wird die Verhinderung durch unmöglich zu erfüllende Forderungen, die sich die Liebenden gegenseitig stellen, wenn auch in poetischen Bildern. Demnach müsste das Mädchen aus Sicht des Mannes, soll sie seine Braut werden, zunächst "aus Haberstroh braune Seiden spinnen". Sie wiederum fordert, damit ihr das Kunststück mit den braunen Seiden gelingt: "So musst du mir von Eichenlaub zwei Purpurkleider schneiden". Und so geht es fort, eine unerfüllbare Forderung trifft auf eine weitere neue unerfüllbare Bedingung des Gegenübers. Das Lied, ausdrucksvoll vorgetragen von Gudrun Walther und begleitet von Treyz’ Gitarrenklängen und Walthers eigenem schönen Akkordeonspiel, bleibt ohne Happyend. Das Lied aus dem 16. Jahrhundert habe die Zeit wohl überdauert, weil es so schön sei, sagt Gudrun Walther.
Eine Eigenkomposition ist die von Gudrun Walther vertonte gruselige Ballade "Lenore" von Gottfried August Bürger (1747 bis 1794), in der ein im Krieg gefallener Soldat als Geist zu seiner jungen Frau zurückkehrt und sie mit sich ins Totenreich nimmt. Wie Jürgen Treyz erzählt, haben Verse der Ballade unter anderen die Schriftsteller Edgar Allen Poe (in "The Raven") und Bram Stoker (in "Dracula") inspiriert. Ein Lied so traurig.
Am Schluss des Konzertes forderte das Publikum mehrere Zugaben. In einer erklingt die Vertonung eines Eduard-Mörike-Gedichts aus Mörikes als unglücklich erlebten Vikariatszeit im Schwäbischen, wo er auf den Höhen der Burg Teck Trost fand. Die poetischen und anrührenden Verse des Dichters über bis heute nicht aus der Welt verschwundene Gefühlslagen kommentiert Gudrun Walther so: "Das ist eben Mörike und nicht Helene Fischer."
Das Konzert, zu dem der Verein Winterhalter in Menzenschwand im Rahmen der Jubiläumsveranstaltungen zum 220. Geburtstag von Franz Xaver Winterhalter eingeladen hatte, hätte klar ein größeres Publikum verdient. Die Zuhörer, die die Gelegenheit in Menzenschwand aber beim Schopf gepackt hatten, erlebten in der alten Dorfkirche außergewöhnliche Stunden.