Kriminalität

Illegale Sperrmüll-Sammler im Visier der Polizei

Fahrräder, Fernseher, Waschmaschinen: Einsatzkräfte stoppen und überprüfen auffällige Transporter. Was sie dabei entdecken, warum die Kontrollen wichtig sind und oft Bußgelder sofort kassiert werden.  

Mail

Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen

Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.

Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.

Akzeptieren
Mehr Informationen
1/4
Die Sperrmüll-Sammler müssen ihre Transporter ausräumen. Foto: Marijan Murat/dpa

Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Die BZ-Redaktion hat diese Meldung nicht redaktionell bearbeitet.

Eggenstein-Leopoldshafen (dpa/lsw) - Da hinten hält schon wieder ein weißer Transporter. Zwei Männer steigen aus und durchstöbern den Sperrmüll, der am Rande des Bürgersteigs liegt. Ein paar Dinge packen sie ein.

Und bald darauf auch schon wieder aus – bei einer Kontrolle der Polizei, die an diesem Nachmittag in Eggenstein-Leopoldshafen bei Karlsruhe illegalen Sperrmüll-Sammlern das Handwerk legen will. 

Es gehe um gewerbliche Sammlungen, erklärt Einsatzleiter Henning Kestler. Also: "Wenn es mehrere Sachen sind und das Ganze auch gezielt und koordiniert vor sich geht." Der Leiter des Ordnungsamts der Gemeinde, Philipp Jänicke, sagt: "Es werden die bereitgestellten, sortierten Abfallhaufen durchwühlt nach wertvollen Gegenständen." 

Transporter stehen Schlange

Polizeioberkommissar Kestler und sein Team haben allerhand zu tun. Kollegen in Zivil halten im Wohngebiet Ausschau nach auffälligen Transportern, machen Fotos und dokumentieren, was die Verdächtigen rauspicken. Das melden sie Motorradpolizisten, die die Fahrzeuge abfangen und zur Kontrollstelle bringen. 

Die ist heute bei der Feuerwehr eingerichtet. Im Laufe des Nachmittags stehen die Transporter Schlange. "Jetzt geht's aber auch rund hier", stellt Kestler fest. 

Die Betroffenen müssen selbst den eingesammelten Kram ausräumen: eine Badewanne, Fahrräder und Rasenmäher sind dabei, alte Elektrogeräte, viel Metall und Kabel. 

Reste werden illegal entsorgt

Bei Schrotthändlern solle das zu Geld gemacht werden, weiß Susanne Pontius vom Amt für Umwelt und Arbeitsschutz des Landratsamts Karlsruhe. Das belegten Quittungen. "Es geht nicht darum, die Sachen zu reparieren", so Pontius.

Doch gerade Kleingeräte müssten eigentlich fachgerecht entsorgt werden – sowohl mit Blick auf die darin enthaltenen Schadstoffe als auch auf die Rohstoffe, erklärt die Fachfrau. Was nicht verkauft werden kann, lande häufig auf der grünen Wiese oder im Wald. 

Individuelles Abholsystem als Lösung?

Ordnungsamtsleiter Jänicke sagt: "Wir stellen fest, dass an den Tagen nach der Sperrmüllsammlung die Beschwerden über illegal abgelagerten Müll zunehmen." Mit großem Aufwand und auf Kosten der Allgemeinheit müsste der Krempel wieder eingesammelt werden. Der Bauhof plane schon für den Tag nach der Sperrmüllsammlung extra Trupps dafür ein.

Wie verbreitet das Phänomen ist, lässt sich schwer abschätzen. Die Kriminalstatistik der Polizei liefert laut Innenministerium keine Fallzahlen dazu. Der Landkreistag Baden-Württemberg geht von keinem flächendeckenden Problem aus. Ein Lösungsansatz in Vergangenheit war nach Auskunft eines Sprechers, auf ein individuelles Abholsystem nach Anmeldung umzustellen.

Bekannte Gesichter

Pontius vom Landratsamt überprüft die Ladungen und setzt die Höhe der Bußgelder fest. Es geht um Ordnungswidrigkeiten, um Verstöße gegen das Elektrogesetz und das Landeskreislaufwirtschaftsgesetz. 

Sie schaut vor allem auf die Menge an Altmetall und Elektrogeräten. "Besonders viel Geld bekommt man für die weiße Ware", erklärt Pontius und meint etwa Kühlschränke und Waschmaschinen. "Deswegen zählen die mehr." 

Für eine Transporter-Ladung, für die die Betroffenen laut Pontius beim Schrotthändler ein paar Hundert Euro bekommen könnten, legt sie ein Bußgeld von 1.000 Euro fest. Immer wieder tauchten Sammler auf, die sie von früheren Kontrollen kenne. "Das ist dann Vorsatz." Das Bußgeld werde dann meist verdoppelt.

Fernseher und Fahrräder machen stutzig

Als Polizisten einen Fernseher aus einem Transporter holen, werden die Fahrerin und ihr Begleiter plötzlich hektisch: Mit wenigen Worten auf Deutsch und Englisch versuchen sie zu vermitteln, das Gerät gebraucht gekauft zu haben. "Sowas müssen wir natürlich prüfen", sagt Pontius. 

Einfach wäre das mit Hilfe einer Rechnung. Aber es geht auch pragmatisch: Kurzerhand wird ein Verlängerungskabel besorgt und geschaut, ob das Gerät funktioniert. Und das tut es. Die Kontrollierten können es wiederhaben.

Bei anderen Gegenständen wie Fahrrädern suchen die Beamten nach einer Rahmennummer. Dann überprüfen sie laut Einsatzleiter Kestler, ob es sich zum Beispiel um Diebesgut handelt. 

Entwarnung gibt er für Menschen, die im Vorbeilaufen ein mögliches Schätzchen in einem Sperrmüllhaufen entdecken oder etwas, das sie gut gebrauchen können: Privatpersonen dürften einzelne Gegenstände mitnehmen.

Kontrollen "sind immer eine Wundertüte"

Die Laune der kontrollierten Sperrmüll-Sammler ist angesichts der Überprüfung verständlicherweise im Keller. Mal hört man das, wenn einer den Kram missmutig fallen lässt und das Metall auf den Boden scheppert. Mal werden die Diskussionen mit den Beamten lauter. 

"Diese Gespräche laufen immer sehr emotionsgeladen", sagt einer der Polizisten. Es gehe ums Fahrzeug und teilweise um eine beträchtliche Summe Geld. "Das nimmt keiner so einfach hin." Ganz selten eskaliere eine Kontrolle. 

Abschätzen lasse sich das vorher schwer: "Fahrzeugkontrollen im Allgemeinen, aber auch hier heute die Sperrmüllkontrollen, sind immer eine Wundertüte", sagt er. "Wir wissen nicht, welche Leute drinsitzen beziehungsweise was sie alles dabeihaben." Die Polizei sei darauf aber vorbereitet.

Viele Kontrollierte hätten keinen festen Wohnsitz in Deutschland. Dann werde das Bußgeld als Sicherheitsleistung vorab erhoben – um nicht das Nachsehen zu haben, wenn die Personen im Nachhinein nicht mehr greifbar sein sollten.

Übersetzungshilfe auf dem Handy

Generell laufen die Gespräche holprig. Viele Kennzeichen der abgefangenen Transporter stammen aus Osteuropa. Die wenigsten Menschen – darunter viele Männer, wenige Frauen und ein Junge – sprechen Deutsch. Und das nur gebrochen. 

Wenn es an die Formalien geht, helfen sich die Beamten mit Übersetzungs-Apps. "Selbstverständlich haben wir aber auch alle Dokumente noch in den verschiedenen Sprachen, die uns hier heute begegnen können, dabei."

Flächendeckende Kontrollen wichtig

Kann jemand das Geld nicht zahlen, wird das Fahrzeug vorläufig einbehalten. Zu Fuß weiterziehen müssen auch jene, deren Transporter wegen technischer Mängel nicht weiterfahren darf. Gleich drei Fahrzeuge zieht die Polizei aus dem Verkehr.

Dass viele Kontrollierte bekannte Gesichter für die Behörden seien, räumen alle ein. "Tatsächlich ist es so, dass wir vielleicht noch bei der nächsten Sperrmüllsammlung einen gewissen Effekt sehen", sagt Ordnungsamtsleiter Jänicke. "Ehrlicherweise lässt es dann auch wieder nach."

Unabhängig von der Nachhaltigkeit einer Einzelaktion sei es aber wichtig, solche Kontrollen regelmäßig und flächendeckend durchzuführen. "Denn nur so werden wir es schaffen, die Situation nachhaltig auch zu verbessern."

© dpa‍-infocom, dpa:251023‍-930‍-195743/1

Schlagworte: Susanne Pontius, Philipp Jänicke, Henning Kestler

Weitere Artikel