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Wissenschaft

In Südafrika werden in einem Projekt Zebras die Streifen weggezüchtet

  • dpa

  • Mi, 23. Februar 2022, 20:31 Uhr
    Panorama

     

Quagga, das ist der Name einer ausgestorbenen Zebra-Unterart. In Anlehnung an die Tiere werden in Südafrika Zebras die Streifen weggezüchtet. Für das Projekt gibt es Faszination – aber auch Kritik.

„An der braunen Farbe muss noch ...“: zwei Rau-Quaggas in Südafrika  | Foto: Quagga Project (dpa)
„An der braunen Farbe muss noch gearbeitet werden“: zwei Rau-Quaggas in Südafrika Foto: Quagga Project (dpa)
Wie züchtet man dem Zebra die Streifen weg? Was ebenso absurd wie ehrgeizig klingt, ist die Kernfrage bei einem Experiment in Südafrika, das laut den beteiligten Wissenschaftlern nach jahrzehntelangen Zuchtversuchen vor seinem erfolgreichen Abschluss steht. "Wir haben mittlerweile einen Bestand von insgesamt 200 Tieren", sagt March Turnbull vom Quagga-Projekt. Quagga – das ist der Name einer ausgestorbenen Zebra-Unterart. Es sah ein wenig aus wie ein Zebra, dem die aufgemalten Streifen abhandengekommen sind. Noch Ende des 17. Jahrhunderts zog es in großen Herden über Südafrikas Steppen.

Die europäischen Siedler betrachteten die wie eine Mischung aus Pferd und Zebra wirkenden Tiere als unnütze Konkurrenten um Weideland; deshalb wurden sie ausgerottet. Das letzte Quagga starb 1883 in einem Amsterdamer Zoo.

Die Quaggas können nicht wiederbelebt werden

Doch gibt es nach den Zuchtversuchen nun wieder Quaggas? "Wir sind optimistischer denn je", sagt Turnbull, "dass wir auf dem Weg zum Projektziel einen wichtigen Durchbruch erzielt haben." Es sei erreicht, wenn eine Zuchtherde von rund 40 Tieren existiert, die wie Quaggas aussehen. Das sei heute bei etwa 20 Tieren der Fall, auch wenn die braune Farbe noch etwas schwach ausschaut.

Mit gezielten Kreuzungen von Zebras mit passendem Gen-Pool wurden ab dem Jahr 1987 Quagga-ähnliche Tiere gezüchtet. Das vorübergehend von Südafrikas Nationalparkbehörde unterstützte Projekt faszinierte viele, rief aber auch erregte Debatten und Widerspruch hervor. Wissenschaftler verfolgen das Projekt so fasziniert wie irritiert. So hatte sich die Naturparkbehörde SANParks auch unter Hinweis auf das Risiko einer Artenvermischung aus dem Projekt verabschiedet.

"Es ist sicherlich möglich, einem Zebra die Streifen ,wegzuzüchten‘ – daraus entsteht dann allerdings kein Quagga, sondern lediglich ein streifenloses Zebra", meint auch der Afrika-Referent des World Wide Fund for Nature (WWF) Deutschland, Johannes Kirchgatter. Eine Züchtung nach optischen Gesichtspunkten ergebe aus Sicht des Artenschutzes kaum Sinn, da sie mit dem ausgestorbenen Tier wenig zu tun hat: "Wenn man eine Ersatz-Art einführt, muss das wissenschaftlich gut begründet und begleitet werden, und dann geht es in erster Linie nicht ums Aussehen, sondern um die ökologische Funktion und Anpassung." Solche Aktionen könnten höchstens das Bewusstsein für die Unersetzlichkeit und Unwiederbringlichkeit von Arten schärfen.

Auch Turnbull gibt zu: "Die Evolution wiederholt sich nicht." Deshalb nennt er die mittlerweile in der sechsten Generation zurückgezüchteten Tiere auch nicht Quagga, sondern Rau-Quagga: nach dem aus Deutschland stammenden Zoologen Reinhold Rau, der als geistiger Vater des Projekts gilt. Er hatte herausgefunden, dass die Quagga-DNA der des Burchell-Zebras zu sehr großen Teilen entspricht. "Dieser Mann hat recht behalten", meint Turnbull anerkennend.

"Die Tiere beginnen jetzt wirklich, wie Quaggas auszusehen" March Turnbull
Südafrikas Quagga-ähnliche Zebras sind heute aufgeteilt in mehrere Herden, von denen einige auch auf Wildfarmen der Westkap-Provinz um Kapstadt grasen. Viele Farmer – das gibt Turnbull zu – sehen auch finanzielle Aspekte in dem enormen touristischen Potenzial der weltweit einmaligen Quagga-ähnlichen Zebras.

Insofern sind auch nur 105 Rau-Quaggas direkt beim Projekt angesiedelt – der Rest befindet sich bei privaten Züchtern. "Die Tiere beginnen jetzt wirklich, wie Quaggas auszusehen – nur an der braunen Farbe müssen wir noch etwas arbeiten", sagt Turnbull, der das Ziel des Projekts so beschreibt: "Wir wollen ein Zebra züchten, das so weit wie möglich wie ein Quagga aussieht."

Bleibt die Frage: Warum hatten Quaggas – anders als ihre Verwandten im Rest Afrikas – keine Streifen? Die Vermutungen kreisen um die Tsetsefliege: Für deren Augen sind Zebras mit Streifen quasi unsichtbar. Der Verlust der Streifen deutet daher also daraufhin, dass es diesen Schädling im Quagga-Biotop – Südafrikas Westkap-Provinz – kaum gab und die Streifen damit überflüssig waren.

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 24. Februar 2022: PDF-Version herunterladen

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