Keine Angst vor dem Mikrofon

Es ist der Alptraum für viele Schüler, Studenten und Berufstätige: vor Publikum sprechen – Vier Experten geben Tipps.  

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fudder Redeangst Mikrofon © blixxmagger - Fotolia.com Foto: Heiko Janowski © blixxmagger - Fotolia.com

Vor anderen Leuten reden, das ist für viele Menschen ein Problem. Sie haben Angst davor, Fehler zu machen, sich zu blamieren und sich der Kritik auszusetzen. Gut öffentlich reden ist Übungssache. Vier Experten erzählen von ihren Erfahrungen – und geben Tipps.

DER KAPLAN

Hochzeiten, Krankenbesuche, Taufen, Beerdigungen, Gottesdienste – Kaplan Marcel Brdlik redet fast jeden Tag vor anderem Publikum. "Mir fällt es leichter, vor unbekanntem Publikum zu predigen als vor Freunden und Verwandten", sagt der 31-Jährige, der seit Mai 2012 in Rastatt Kaplan ist. "Das liegt daran, dass ich in meiner Heimatgemeinde als der wahrgenommen werde, der dort Kommunionkind war. Es ist schwieriger, in einer neuen Rolle vor dem alten Publikum zu sprechen."

Seine Predigttexte schreibt der Kaplan selber, passend zu den Bibelstellen, die der liturgische Kalender vorgibt. Marcel ist es wichtig, die Predigten nicht abzulesen. "Dann bekommt man keinen Bezug zu denen, die zuhören", sagt der Kaplan. Mittlerweile schreibt er sich nur noch Stichworte auf. "Das geht jetzt ganz gut, aber am Anfang hätte ich mich das nicht getraut. Damals hatte ich Angst, während der Predigt den roten Faden zu verlieren."

Schon als Teenager stand Marcel vor Publikum: in der Schultheatergruppe. "Es ist natürlich etwas anderes, eine vorgegebene Rolle und einen dazugehörigen Text im Theater zu haben, als etwas zu sprechen, das man selbst geschrieben hat", sagt er. "Bei einer Predigt bin ich selbst gefragt, dabei gebe ich auch viel von mir preis."

DIE JURISTIN

Denise Cordes ist Redeprofi. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin leitete die junge Juristin Arbeitsgemeinschaften und nahm an einem Moot Court teil, einem fiktiven Völkerrechtsprozess. Im kommenden Herbst wird die 29-Jährige ihr Rechtsreferendariat beginnen. Seit Oktober 2012 ist die Doktorandin Leiterin von Justitia Mentoring, einem Frauenmentoring-Programm der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg. In dieser Funktion muss sie regelmäßig vor vielen Leuten sprechen. Der wichtigste Schritt in der Vorbereitung auf eine Redesituation: "Sich zu überlegen, was ich eigentlich mit der Veranstaltung erreichen will – und wie ich dafür kommunizieren muss", sagt Denise. "Wenn ich in 40 Minuten unser Programm vor 150 Leuten vorstellen muss, dann schreibe ich eine ausformulierte Rede, die ich möglichst frei vortrage." Bei Lehrveranstaltungen ist das anders. "Da bereite ich mich inhaltlich und mit Blick auf das didaktische Gesamtkonzept der Lehrveranstaltung vor."

Denise findet: Nicht das lauteste Argument sollte in einer Debatte entscheiden, viel wichtiger ist es, freundlich, aber bestimmt zu reden. "Gerade als Frau passt sich frau schnell an ein energisches Gesprächsklima an, wenn die eigenen Argumente gehört werden sollen", sagt Denise. "Das funktioniert, kann aber auch kritisch gesehen werden."

DER DEBATTANT

Jannis Limperg ist einer der besten Debattanten der Welt. Zusammen mit seinem Redepartner Johannes Samlenski wurde der 19-jährige Informatikstudent aus Freiburg bei der Debattier-WM in Berlin im vergangenen Dezember Vizeweltmeister.

Beim sportlichen Debattieren haben die Teilnehmer nur 15 Minuten Zeit, um sich auf ein Thema vorzubereiten. Ob man für oder gegen ein Thema argumentiert, das entscheidet das Los. "Um unsere Argumentation möglichst hieb- und stichfest zu machen, verwenden wir oft eine Art sokratischen Dialog", sagt Jannis. "Einer der beiden Teampartner hat eine Idee für ein Argument, und der andere fragt so lange nach, bis der grundlegende Konflikt, auf dem unsere These beruht, verstanden ist."

Jede Debatte im Debattierclub wird von einer Jury bewertet: Auftreten, Mimik, Gestik, Sprache, Inhalt und die Teamleistung kommen auf den Prüfstand. Diese Erfahrung hilft Jannis auch im Studienalltag. "In Wettkampfdebatten nutzen die Gegner gierig jede Argumentationslücke aus, um zu gewinnen", sagt Jannis. Referate, bei denen höchsten der Dozent mal eine Anmerkung hat, sind da kein Problem mehr. Fehler machen, das gehört zum Debattiertraining dazu. "Jedes Clubmitglied hat schon einige unangenehme Situationen am Pult erlebt. So ist es leicht, das öffentliche Sprechen zu üben."
DER POLITIKER

Manchmal übt Kai-Achim Klare eine Rede im Wald. "Mir hilft das, mich an den Klang meiner Stimme zu gewöhnen und meine Rede einmal laut zu hören", sagt der Freiburger Stadtrat. Der 30-Jährige spricht gerne vor Publikum. "Es wäre ja fast fatal, wenn ich als Politiker Probleme damit hätte, eine Rede zu halten."

Üben, das gehört für ihn dazu. "Ich bin überzeugt, dass man Reden halten lernen kann. Ich werde mit jeder Rede, die ich halte, routinierter."

Dabei ist für Kai-Achim eine gute Vorbereitung wichtig: "Ich schreibe meine Rede vorher auf und kann sie, wenn ich sie oft gelesen habe, fast auswendig." Manchmal schaut er sich auch den Ort der Rede vorher an. "So kann ich mich schon vorab an die Rede-Situation gewöhnen."

Zu Beginn seiner politischen Karriere hat Kai-Achim sich von Zwischenrufen und Fragen aus dem Publikum beeinflussen lassen. "Da bin ich heute lockerer. Ich bleibe bei meiner Rede und führe sie selbstsicher zu Ende, denn natürlich kann nicht jeder der Zuhörer meiner Meinung sein." Kai-Achim hat sich angewöhnt, einen Zuhörer oder eine Zuhörerin im Publikum anzuschauen, und nur ihm oder ihr die Rede zu halten. "Das nimmt mir einen großen Teil meiner Nervosität."

Noch mehr Erfahrungsberichte von    Rede-Experten findet ihr unter:    fudr.fr/redeangstneindanke

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