Soziales
Kritik an Milliardenplan zur Rente - Bas legt nach
Stabile Renten - obwohl immer mehr Babyboomer von Einzahlern zu Empfängern werden. Das verspricht die Sozialministerin. Und nicht nur das. Doch die Begeisterung über die Pläne hält sich in Grenzen.
Basil Wegener (dpa)
Do, 26. Jun 2025, 16:05 Uhr
Politik Inland
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Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Die BZ-Redaktion hat diese Meldung nicht redaktionell bearbeitet.
Berlin (dpa) - Deutschlands Rentnerinnen und Rentner können mit dem ersten Rentengesetz von Bundessozialministerin Bärbel Bas (SPD) in den kommenden Jahren auf spürbare jährliche Rentenerhöhungen hoffen. Doch wegen der dafür veranschlagten Milliardenkosten muss Bas grundsätzliche Kritik von den Arbeitgebern einstecken. Dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) reicht die geplante Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent dagegen nicht aus. Für Bas könnte das Vorpreschen bei der Erfüllung von SPD-Rentenversprechen aus dem Wahlkampf kurz vor einem SPD-Parteitag hilfreich sein für ein gutes Ergebnis. Sie soll an diesem Freitag als neue SPD-Chefin an der Seite von Lars Klingbeil gewählt werden.
Welche weiteren Rentengesetze folgen
Bas legte nach der Vorlage ihres Gesetzentwurfs noch nach. "Es ist das erste Rentenpaket. Es werden noch weitere folgen", sagte die SPD-Politikerin in Berlin. Sie nannte neben einer Stärkung der Betriebsrenten die Frühstart- und die Aktivrente. Diese beiden geplanten Neuerungen hatten es aus dem Unionswahlprogramm in den Koalitionsvertrag geschafft.
Die Frühstart-Rente soll demnach zum 1. Januar 2026 gelten. Für Kinder vom 6. bis zum 18. Lebensjahr sollen jeweils pro Monat zehn Euro in ein individuelles, kapitalgedecktes und privatwirtschaftlich organisiertes Altersvorsorgedepot fließen. Ab 18 soll es bis zum Renteneintritt durch private Einzahlungen weiter bespart werden können. Mit der geplanten Aktivrente sollen Rentnerinnen und Rentner künftig bis zu 2.000 Euro monatlich steuerfrei zur Rente hinzuverdienen dürfen. Laut Deutschem Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) könnten rund 230.000 Beschäftigte davon profitieren.
Mehr Rente ab Juli
Bas sagte: "Ich freue mich, dass das erste Rentenpaket jetzt auf dem Weg ist." Der am Vortag vorgelegte Gesetzentwurf soll die eigentlich nur noch dieses Jahr gültige Haltelinie für das Rentenniveau bei 48 Prozent bis zum Jahr 2031 verlängern. Eine Abkopplung der Renten von den Löhnen, die wegen des Älterwerdens der Gesellschaft ansonsten unweigerlich wäre, soll verhindert werden. Nach offiziellen Berechnungen würde das Rentenniveau ohne Änderung von heute 48 Prozent bis 2030 auf 46,9 und 2045 auf 44,9 Prozent sinken. Bereits bei der zum 1. Juli anstehenden Rentenerhöhung um 3,74 Prozent wirkt sich die Haltelinie rentenerhöhend aus.
Arbeitgeber kritisieren Milliardenkosten
Die Rechnung soll den Steuerzahlern präsentiert werden. Infolge des bereits begonnenen Übertritts der geburtenstarken Babyboomer-Jahrgänge in die Rente braucht die Rentenversicherung in den kommenden Jahren deutlich mehr frisches Geld, wenn die Renten stabil gehalten werden sollen. Die Beiträge sollen dagegen dadurch nicht steigen, so der Gesetzentwurf.
Zunächst 4,1 Milliarden Euro soll das Gesetz ab dem Jahr 2029 kosten. Im Jahr 2030 sollen die Kosten auf 9,4 Milliarden Euro, im Jahr 2031 auf 11,2 Milliarden Euro steigen, so der Gesetzentwurf.
Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sagte daher voraus: "Die langfristige Finanzierbarkeit der Rentenversicherung und unseres Sozialsystems wird mit diesem Rentenpaket weiter erschwert. Dabei können wir es uns nicht leisten, dass die Rentenausgaben noch stärker als ohnehin steigen."
Dulger fordert "realistischere Rentenpolitik"
Dulger sagte dennoch: "Das neue Rentenpaket wird in den nächsten 15 Jahren rund doppelt so teuer wie zur Umsetzung des Koalitionsvertrags erforderlich." So sollten die Renten auch nach 2031 höher ausfallen als nach bislang geltendem Recht. Jedenfalls für diese Zeit sollte der Gesetzgeber lieber schrittweise zu dem Rentenniveau nach geltendem Recht zurückkehren. Dulger: "Ich erwarte von der Bundesregierung eine realistischere Rentenpolitik, die Finanzierung und Demografie in den Mittelpunkt rückt."
Auch FDP-Chef Christian Dürr kritisierte das Rentenpaket scharf: "Dieses Rentenpaket, bei dem es nur darum geht, am Ende mehr Geld aus dem System zu verteilen, ist ein sehr teures Versprechen für die junge Generation", sagte er der "Rheinischen Post" (Freitag).
48 Prozent für DGB und Linke zu wenig
Der DGB kritisierte das Rentenpaket. "Auch wenn ein stabiles Rentenniveau bei 48 Prozent alle Generationen besser absichert, reicht es aber insgesamt nicht", sagte DGB-Vorständin Anja Piel in den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Sie forderte eine Erhöhung des Rentenniveaus. Auch Sahra Wagenknecht kritisierte 48 Prozent: Das Rentenniveau werde zur "Rutschbahn in die Altersarmut". Die BSW-Vorsitzende sagte der dpa: "48 Prozent bedeuten schmerzhaften sozialen Abstieg." Linken-Chefin Ines Schwerdtner sagte: "48 Prozent Rentenniveau bedeutet Altersarmut für Millionen Menschen. Die meisten davon haben ein Leben lang hart gearbeitet." Viele seien mit Hungerlöhnen abgespeist worden.
Krönungsmesse für Bärbel Bas?
Die Vorlage der Rentenpläne kam kurz vor dem SPD-Parteitag, auf dem Bas an diesem Freitag zur neuen Vorsitzenden an der Seite von Lars Klingbeil gewählt werden soll. Sichere Renten waren ein zentrales Wahlkampfversprechen der SPD.
Bei einem weiteren Herzensanliegen der SPD im Sozialbereich wird es an diesem Freitag erst spannend. Arbeitgeber und Gewerkschaften beraten seit Wochen in der Mindestlohnkommission über die künftige Erhöhung der Lohnuntergrenze. Das Gremium will nun das Ergebnis wenige Stunden vor Eröffnung des Konvents bekanntgeben - wenn der Termin wegen Uneinigkeit nicht noch kurzfristig verschoben wird. Die SPD hatte 15 Euro Mindestlohn für Deutschland versprochen.
Pro und contra Mütterrente
Unterstützung kam von Wagenknecht für die ausgeweitete Mütterrente, mit der Einschränkung: "Aber die Verbesserungen allein werden kaum eine Mutter aus der Altersarmut herausholen." Die Kindererziehungszeit soll künftig für vor 1992 geborene Kinder um weitere sechs Monate auf drei Jahre verlängert angerechnet werden. Ausgezahlt werden soll das Geld erst ab 2028 - die Rentenversicherung braucht nach eigenen Angaben für die technische Umsetzung zwei Jahre.
Im Gegensatz dazu forderte Dulger: "Der weitere Ausbau der Mütterrente sollte allein schon wegen der hohen Kosten unterbleiben." Als "überfällig" lobte Dulger die Aufhebung des Verbots, dass Beschäftigte im Rentenalter befristet bei ihrem früheren Arbeitgeber arbeiten dürfen. "Die Abschaffung dieses Verbots wird dabei helfen, die Beschäftigung Älterer weiter auszubauen", so der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände.
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