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Lachkrämpfe am Altar

  • Sa, 26. März 2005
    Zisch

     

Ministranten haben viel zu tun über Ostern - aber manchmal kann es im Gottesdienst wirklich witzig werden.

Einmal ist Anna Feierling die Kollekte runtergefallen. Kollekte nennt man den Beutel, der durch die Kirchenbänke gereicht wird und in den die Leute Münzen werfen. Es ist Aufgabe der Ministranten, mit ihm durch die Gänge zu gehen und das Geld zu sammeln. Der 15-jährigen Münster-Ministrantin aus Freiburg war das äußerst peinlich. "Das ganz Geld lag auf dem Boden", sagt Anna. Es hätte ihr aber gar nicht peinlich sein müssen. Das kann passieren.

Anna hat das Geld dann zusammen mit den anderen Ministranten aufgesammelt. Obwohl sie das Geld gar nicht bekommen - das geht meistens an arme Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind. Die Ministranten bekommen nie Geld, sie bekommen etwas Besseres: Gemeinschaft. Sie fühlen sich anerkannt in der Kirche, ernst genommen. Gerade an Ostern. Sie kommen alle zum Einsatz, so viele Gottesdienste feiern sie. Und heute Abend gibt es ein großes Osterfeuer.

Ministranten haben wie Jugendliche in Vereinen sozusagen mehrmals in der Woche Training, bei ihnen sind das Gruppenstunden. Sie sind 50 Münster-Minis, so nennen sie sich; zur Hälfte Mädels, zur Hälfte Jungs. Sie machen Spiele oder wie neulich eine Foto-Love-Story. So sind sie halt: In der Kirche ganz brav, im richtigen Leben stellen sie Knutschszenen nach. Oder sie gehen ins Zeltlager und ins Lagunabad - hat es alles schon gegeben.

Bei den Ministranten geht es zu wie bei manchem Erwachsenen im Berufsleben: Vor der Messe wird gestempelt. Wer am Ende des Jahres die meisten Stempel, also am öftesten bei den Gottesdiensten geholfen hat, der gewinnt einen Preis. Zum Beispiel eine Kinokarte und Gummibärchen. Dafür muss ein Ministrant aber viel leisten. Denn im Durchschnitt helfen Ministranten zwei Mal in der Woche beim Gottesdienst. Wer der Beste sein will, muss also noch öfter kommen, in seine weiße Kutte schlüpfen und edle schwarze Schuhe anziehen. Turnschuhe sind gar nicht gern gesehen.

Es ist schon vorgekommen, dass sich eine ältere Frau beschwert hat. Weil eine Ministrantin ihre Haare offen getragen hat. Die Frau hat an der Sakristei geklopft und mit dem Pfarrer geschimpft. Und es gibt eben nette Pfarrer und strenge Pfarrer. Die einen sagen: Ach, ist doch nicht so schlimm. Die anderen schimpfen. Aber die Minis lassen sich so schnell nicht abschrecken. Manchmal kriegen sie sogar Lachkrämpfe. "Wenn die Predigt langweilig ist oder wir sie zum zweiten Mal hören, dann kann das schon vorkommen", sagt Anna und muss lachen.

Das Wort Ministrant kommt ursprünglich aus dem Lateinischen von ministrare - das heißt dienen. Ein Ministrant hilft also dem Pfarrer. Er zündet zum Beispiel die Kerzen vor dem Gottesdienst an, er läutet Glocken, er bereitet den Altar vor, stellt einen Kelch drauf, trägt den Weihrauch und verteilt an den Ausgängen Info-Material. Kurz: Er macht alles, außer predigen. Manchmal kommt es auch vor, dass Ministranten etwas vorlesen, aus der Bibel. Das machen die meisten von ihnen aber nicht gerne. Vor so vielen Leuten, da kann man ganz schön nervös werden.

Adrian Hoffmann

Ressort: Zisch

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Sa, 26. März 2005: PDF-Version herunterladen

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