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Zischup-Schreibwettbewerb Frühjahr 2014

Leben und Tod

  • Marie-Sophie Kallfass, Freie Waldorfschule & Schopfheim

  • Fr, 16. Mai 2014, 12:01 Uhr
    Schreibwettbewerb Zischup

     

Marie-Sophie Kallfass berichtet in ihrem Schreibwettbewerbsbeitrag über ihr Leben mit Pferden, – zu dem auch der Tod gehört.

An einem schönen Samstagmorgen wurde ich von den warmen Sonnenstrahlen in meinem Gesicht geweckt. Ich schaute auf meinen Wecker, der neben mir auf dem Nachttisch stand, und erblickte, dass es erst kurz vor acht war. Ich dachte an das Reitturnier, welches mittags in Kirchhausen stattfinden sollte. Viele hübsche Pferde würden in der großen Halle zu sehen sein. Also hüpfte ich husch aus dem Bett und in meine Reitsachen. Denn ich wollte zuvor noch selbst mit unseren Pferden reiten gehen. Mein Papa war im Wald, Holz machen, und meine Mama war arbeiten. Sie arbeitet mit Kindern und Tieren. Genauer gesagt leitet sie einen Therapiehof, die von ihr organisierten Freizeiten finde ich am spannendsten und witzig.

Als ich mein Müsli ausgeschlürft hatte, schnappte ich mir fünf Äpfel, zog mich an und rannte in den Pferdestall. Ich wurde wie immer mit einem lauten Wiehern begrüßt. Die Äpfel verfütterte ich an unser größtes Pferd Cara (ein Friese, sehr sensibel und fein), an Rie (einen Haflinger, eher sturköpfig), an Mona (unseren Hausesel, schwarz und sehr lieb), an unsere beiden Shettys, Melly und Kleiner Donner und an das letzte und älteste Pferd – Pablo (ein Merens-Pony, sehr alt und ein gutes Therapiepferd). Leider kann man Pablo wegen seines Alters nicht mehr reiten. Ich holte Cara, das tollste Pferd der Welt, aus dem Stall, putzte und sattelte sie, um dann voller guter Dinge loszureiten.

Nach langem Reiten an der endlosen Straße kam ich in den Wald. Cara war bis dahin aufgewärmt und nun machte ich Übungen, um ihre Muskeln und Sehnen zu dehnen, dann galoppierte ich an. Der Ausritt war sehr schön, wenn auch kalt. Wir kamen nach zwei Stunden glücklich auf den Hof zurück.

Angekommen sattelte ich mein Pferd ab und stellte ihr das verdiente Kraftfutter vor die Nase, sie fraß es hungrig auf. Nach einer Weile gab es auch für mich Mittagessen und danach fuhren wir endlich gemeinsam zum Turnier, schon auf dem Parkplatz liefen überall blitzeblanke Pferde herum. Als es endlich anfing, kamen erst die Kleinen dran mit ihren Aufgaben, dann die Erwachsenen. Die Disziplinen waren im Westernreitstil. Alle Pferde waren wunderschön, doch dann erblickten wir Rambo, ein schwarzes Pferd mit weißen Flecken auf dem Po und Bauch, sein Fell glänzte im Licht. Meine Mama meinte, den würde sie auch noch nehmen. Doch die Besitzerin wollte ihn auf gar keinen Fall verkaufen. Als die Siegerehrung vorbei war, fuhren wir nach Hause und ließen den Samstag ausklingen.

Kurz nach Weihnachten hat sich Pablos Zustand drastisch verschlimmert, er magerte ab und hatte keine Kraft mehr. Sein Lebensende war absehbar. Als er nicht mal mehr Kraft zum Urinieren hatte, musste eine Entscheidung getroffen werden. Er litt und deshalb entschied meine Mama gemeinsam mit dem Tierarzt, dass wir ihn erlösen und einschläfer würden. Diese Entscheidung war das Schlimmste für meine Mama, da Pablo ein so treues Pferd war. Wir waren alle sehr traurig, auch die übrige Herde hat getrauert. Sie sind immer wieder zu der Plane gelaufen und haben die Leiche beschnuppert, die dort lag, bis der Abdecker kam. Immer werden wir an ihn denken, doch mit der Zeit konnten wir mit der Trauer umgehen. Bald war klar, dass Mama für ihre Arbeit ein neues Therapiepferd benötigt. Wir schauten uns viele Verkaufspferde an, sogar bis nach Karlsruhe sind wir gefahren. Doch leider war kein Passendes dabei.

Mama dachte immer mal wieder, dass Pablo uns seinen Nachfolger schicken wird, wenn es so weit ist. Eines Tages rief tatsächlich die Besitzerin von Rambo an und wollte wissen, ob wir noch Interesse an ihm hätten, sie wolle ihn verkaufen. Wir ritten ihn Probe und das war super. Erst ritt Mama und danach ich, er galoppierte mit voller Freude durch die Halle und stampfte danach voller Power auf, als wollte er sagen: "Hat Spaß gemacht." Für mich war es Liebe auf den ersten Blick.

Zum Schluss durfte mein kleiner Bruder ihn noch im Schritt reiten. Er wollte ihn gleich mitnehmen. In der darauffolgenden Woche schaute sich die Besitzerin unseren Hof an, um zu schauen, wo ihr Liebling denn hinkommen sollte. Und so geschah es, dass Onkel Rambo bei uns einzog. Als ich aus dem Schulbus kam und auf den Hof lief, stand er da in seiner Box. So toll war das. Nach einer kurzen Eingewöhnungszeit konnte die variable Box wieder abgebaut werden und er durfte erst mit dem Shetty auf die Weide, um danach mit den anderen in der Herde im Offenstall mitzulaufen. Es ist erstaunlich, wie schnell er sich einlebte und von allen akzeptiert wird, so als ob Pablos Platz genau für ihn reserviert war!

Ressort: Schreibwettbewerb Zischup

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