Interview mit einem Industriekletterer
"Man braucht Kraft und Technik"
Martin Stiefel aus Ihringen hängt gerne mit dem Seil in der Luft und arbeitet präzise für schwierige Höhenaufträge. Was sein Beruf genau bedeutet und was er dort schon alles erlebt hat – darüber sprach er während des Zischup Frühjahrsprojekts 2013 mit Janina Stiefel, damals Schülerin der Klasse 8b der Hugo-Höfler-Realschule Breisach.
Janina Stiefel
Mo, 14. Okt 2013, 12:12 Uhr
Schülertexte
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Zischup: Welche Jobs sind das hauptsächlich?
Stiefel: Das ist sehr verschieden, es kann Reinigung sein, Montage, eine Dokumentation, Reparaturen oder Revisionen.
Zischup: Sind Sie immer schwindelfrei?
Stiefel: Ja, weil man den Beruf sonst nicht richtig erledigen kann. Man braucht Vertrauen in sich und ganz besonders auch in die Materialien, mit denen man arbeitet und das Seil.
Zischup: Das sind ja bestimmt alles Arbeiten in großer Höhe.
Stiefel: Der Beruf bedeutet nicht, dass wir in sehr großen Höhenlagen arbeiten, sondern an Plätzen, die anders nicht gut erreichbar sind. Mein höchster Arbeitsplatz war in 50 Metern über dem Boden in der Allianz-Arena in München.
Zischup: Wow, das hört sich sehr spannend an. Braucht man dafür eine Lehre oder Ausbildung?
Stiefel: Nein, die braucht man nicht, aber eine Berufsausbildung ist besser – zum Beispiel eine Handwerksausbildung. Zum Klettern braucht man eine einwöchige Ausbildung mit Lizenz, danach bekommt man einen Kletterschein. Bei dieser Ausbildung lernt man hauptsächlich, wie man jemanden im Seil retten kann. Weil Profis nie alleine Klettern gehen.
Zischup: Muss man diese Ausbildung selber bezahlen?
Stiefel: Ja, sie kostet mindestens 1000 Euro.
Zischup: Wo kann man diese Ausbildung machen?
Stiefel: Die Ausbildung findet an verschiedenen Orten statt. Ich habe sie in Bremerhaven gemacht auf dem Segelschulschiff Deutschland, das ist ein Museum.
Zischup: Bei welcher Firma arbeiten Sie?
Stiefel: Ich bin selbstständig, aber es gibt auch gute Firmen.
Zischup: Was ist, wenn man für eine Arbeit mehrere Leute braucht? Bekommt man diese dann von diesen Firmen?
Stiefel: Die Kletterfamilie ist untereinander bekannt, jeder kennt ein paar Leute. Außerdem gibt es ein deutschlandweites Netzwerk, wodurch man jeden erreichen kann. Wenn ich Hilfe brauche, kann ich mich auch an diese Firmen wenden, da dort auch gute Freunde von mir arbeiten.
Aufstiegsmöglichkeiten und arbeite in sitzender Position. Das macht mir Spaß."
Industriekletterer Martin Stiefel
Stiefel: Ja, auf jeden Fall, es ist angenehm, während man in der Luft hängt mit seinen Freunden reden zu können.
Zischup: Das kann ich mir vorstellen. Braucht man für den Beruf spezielle Klamotten?
Stiefel: Das kommt auf die Arbeit an, manchmal braucht man einen Schutzanzug gegen Dreck, eine Atemmaske bei extremem Dreck oder Gas, aber angemessene Wetterkleidung sollte man immer haben.
Zischup: Gibt es Schutzausrüstungen?
Steifel: Die PSA (Persönliche Schutzausrüstung) muss jeder immer dabei haben. Das sind die persönlichen Gegenstände wie Helm, Klettergurt, Karabiner, und die Seile. Und dann variiert das von Auftrag zu Auftrag.
Zischup: Wie viele Seile braucht man für einen Job?
Stiefel: Man braucht mindestens zwei, das eine als Arbeitsseil und das zweite als Sicherheitsseil.
Zischup: Ist Ihr Beruf sehr anstrengend?
Stiefel: Voraussetzung ist auf jeden Fall körperliche Fitness.
Zischup: Braucht man dafür auch viel Kraft?
Stiefel: Ja, man braucht Kraft und Technik, da man mit Technik die fehlende Kraft ersetzen kann.
Zischup: Üben den Beruf nur Männer aus?
Stiefel: Nein, es ist ein Beruf für Jung und Alt und Frau und Mann, für jeden, der Freude daran hat. Ich habe Kolleginnen und Kollegen von unter 20 bis über 60. Doch am meisten treffe ich auf Männer, da haben Sie recht.
Zischup: Was war bisher das spannendste für Sie?
Steifel: Jeder Job hat seine eigene Spannung, aber am spektakulärsten war die Allianz-Arena, weil sie international bekannt ist. Aber auch das Wechseln eines Ziffernblattes an einer Kirchturmuhr in Freiburg-Hochdorf war sehr aufregend.
Zischup: Und was fanden Sie am gefährlichsten?
Stiefel: Das Klettern über einem Säurebecken bei der Firma Rhodia in Freiburg. Das fand ich schon erschreckend, das unter mir zu sehen.
Zischup: Dann haben Sie ja schon einige interessante Arbeiten erledigt. Was fanden Sie noch besonders?
Stiefel: Oje, da gibt es so viel, ich habe auch schon öfters im Europa-Park gearbeitet an der Eurosat. Das war immer lustig, weil man die Fahrgäste erschrecken konnte. Die Fenster am St. Ursula Gymnasium Freiburg einzubauen hat mir auch viel Spaß gemacht, weil ich den Schülerinnen zuwinken konnte.
Zischup: Schön das die Arbeit viel Spaß macht, das wünsche ich Ihnen auch weiterhin noch. Aber ist das nicht blöd, bei jeder Jahreszeit draußen zu arbeiten?
Stiefel: Es gibt auch Aufträge, die drinnen erledigt werden, da ist das kein Problem. Draußen muss man sich halt wetterbedingt anziehen. Nur wenn es blitzt, dürfen wir nicht arbeiten.
Zischup: Gehen Sie auch privat klettern?
Steifel: Seit ich Kinder habe, nicht mehr, aber wir gehen in Kletterparks, was mir immer Spaß macht.
Zischup: Verdient man in Ihrem Beruf gut?
Stiefel: Man kann die Familie davon gut ernähren.
Zischup: Würden Sie Ihre Arbeit weiter empfehlen?
Stiefel: Ja, an jeden der interessiert ist, man sammelt Erfahrungen und lernt viel dabei. Aber wer kein Adrenalin aushalten kann, der sollte sich lieber einen anderen Beruf aussuchen. Mir macht der Job viel Spaß und ich habe auch nicht vor aufzuhören. Ich habe gute Aufstiegsmöglichkeiten mit Ausblick in sitzender Position. Das macht mir Spaß.
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