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Zischup-Schreibwettbewerb Frühjahr 2015

"Meine Kinder dürfen da niemals rein"

  • Annsophie Schehlmann, Klasse 9b & Theodor-Heuss-Gymnasium Schopfheim

  • Mo, 29. Juni 2015, 13:53 Uhr
    Schreibwettbewerb Zischup

     

Von: Annsophie Schehlmann, Klasse 9b , Theodor-Heuss-Gymnasium Schopfheim

Viele junge Leute sind „always on“. Raphaela Müller von Kralik (kl. Foto) schaltet auch mal ab. Foto: privat/dpa
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Raphaela Müller von Kralik ist jung – und natürlich auch im Netz unterwegs. Allerdings passt sie auf, wo und wie sie sich dort bewegt, denn sie weiß auch um die Gefahren des Mediums. Die Schülerin Annsophie Schehlmann aus der Klasse 9b des Theodor-Heuss-Gymnasiums Schopfheim hat mit ihr im Gespräch das Für und Wider digitaler Welten erörtert.

Zischup: Sind Sie oft in sozialen Netzwerken unterwegs?

Müller von Kralik: Sagen wir mal so, wenn ich auf Facebook gehe, dann mindestens einmal in der Woche. Es gibt Tage, bei denen ich häufiger dort unterwegs bin. Gerade, wenn ich eine Mitfahrgelegenheit suche oder bei uns in der Unigruppe aktiv bin, aber ansonsten sage ich mal, einmal in der Woche.

Zischup: Nach welchen Kriterien sind Sie in den sozialen Netzwerken unterwegs?

Müller von Kralik: Wenn es um Facebook geht, dann geht es eher darum, den Kontakt mit Leuten zu halten und nicht so sehr zur Selbstpräsentation.

Zischup: Haben Sie viele Menschen über das Internet kennengelernt?

Müller von Kralik: Eher andersherum. Die Menschen, die ich schon aus dem realen Leben kenne, habe ich als Freunde angenommen, damit ich mit denen Kontakt halten kann – vor allem Freunde aus dem Ausland oder dem Studium für den Austausch von Aufschrieben oder Klausuren und so.

Zischup: Man hört immer wieder, dass man vorsichtig sein soll, wenn man in sozialen Netzwerken unterwegs ist. Man soll aufpassen, wen mal als Freund annimmt oder was man postet. Was meinen Sie dazu?

Müller von Kralik: Dem stimme ich vollkommen zu. Ich kann es zum Beispiel nicht nachvollziehen, dass Leute immer posten müssen: "Hurra. Ich bin grade am Flughafen und fliege drei Wochen nach Mallorca." Das finde ich total schwachsinnig. Dann kann jeder einzelne deiner Freunde sehen und, je nach Einstellung, können auch die Freunde deiner Freunde lesen, dass du gerade nicht daheim bist, also die Wohnung leer steht. Da gab es in meinem Bekanntenkreis ein paar Einbrüche, die darauf wahrscheinlich zurückzuführen sind. Heutzutage posten die Leute einfach so viel, was eigentlich keinen Menschen interessiert oder interessieren sollte. Ich finde das furchtbar. Ich poste, wenn es hoch kommt, einmal im Halbjahr etwas.

Zischup: Ab und zu hört man von Todesfällen, weil eine Person einen Unbekannten übers Internet kennenlernt und sich ohne Begleitung einer Freundin oder eines Freundes mit demjenigen getroffen hat. Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie von so etwas hören?

Müller von Kralik: Junge Leute haben in solchen Netzwerken einfach nichts zu suchen, weil die Kids nach jemandem Unbekannten suchen und sich einfach nicht vorstellen können, dass jemand ihnen etwas Böses will, auch wenn der dann so nett schreibt. Wenn ich mal Kinder habe, dürfen die da niemals rein.

Zichup: Was fehlt Ihnen, wenn Sie mal nicht online sind?

Müller von Kralik: Das geht relativ gut. Was mir dann halt fehlt ist zum Beispiel, Fahrgelegenheiten auszumachen oder mit Leuten zu kommunizieren, um Uniunterlagen auszutauschen. Ansonsten könnte ich auch ohne.

Zischup:
Warum denken Sie, dass so viele Menschen vernetzt sein müssen?

Müller von Kralik: Das liegt daran, dass es relativ einfach ist, zu Leuten Kontakt aufzubauen. Heutzutage scheuen viele den persönlichen Kontakt, weil eben doch viel mit Empathie und zwischen den Zeilen lesen zu tun hat. Meiner Meinung nach ist das so ein kleiner Teufelskreis. Wenn Leute zu früh in sozialen Netzwerken aktiv sind und immer nur über Kurzschriften oder Kurznachrichten kommunizieren, dann lernen sie nie wirklich, wie man auf Menschen zugeht oder wie man ein Gespräch richtig anfängt. Wenn sie das nicht können, flüchten sie sich wieder in die Netzwerke. Das geht dann immer so weiter.

Zischup: Wie verhalten Sie sich in sozialen Netzwerken, damit das Internet keine Gefahr für Sie wird?

Müller von Kralik: Keinen annehmen, den man vorher nicht persönlich kennt. So typische Anfragen von Leuten, die "Hey wir studieren doch zusammen" schreiben, lehne ich prinzipiell ab. Außerdem poste ich kaum etwas. Wenn ich dann mal etwas poste, dann nur etwas, was mir in keiner Weise irgendwie schaden kann. Ich mag es auch nicht gerne, wenn ich irgendwo verlinkt werde. Alle Bereiche, auf denen ich verlinkt bin, schaue ich immer noch einmal an und entscheide dann für mich: Gebe ich es frei oder nicht. Und ganz wichtig: GPS ist bei mir immer inaktiv, damit auch keiner irgendwo verfolgen kann, wo ich gerade bin, und ich melde mich auch immer überall ab. Ich bin nie konstant online.

Zischup: Und haben Sie Empfehlungen, wie man im realen Leben sozial integriert sein kann, ohne online leben zu müssen?

Müller von Kralik: Ja, das ist eben der Punkt. Ich bin der Meinung, dass die Jugendlichen heutzutage viel zu früh ein Handy bekommen und auch zu früh Zugang dazu bekommen. Was man machen müsste ist, eben den jungen Leuten die Möglichkeit zu geben, sich sehr früh aktiv in realen Netzwerke einzufügen, weil es so viele Vereine gibt, wo man sich regelmäßig trifft. Man muss in einer Gruppe sein, in der man das Gefühl hat, dass man Teil einer großen Gemeinschaft ist, dass man wertgeschätzt wird. Dann hat man auch nicht dieses Bedürfnis, im Internet sich irgendwelche Freunde zu suchen.

Ressort: Schreibwettbewerb Zischup

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