Meister Eder – Mythos oder Wirklichkeit?

"Von Ikea will ich gar nichts hören! Wenn das ein Schreiner hört, stellt’s ihm die Fußnägel hoch!" Reiner Federer im Gespräch über seinen Beruf als Schreiner. .  

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Reiner Federer  | Foto: Simon Bauchinger
Reiner Federer Foto: Simon Bauchinger
In einer niedlichen kleinen Werkstatt arbeitet ein Schreiner alleine und in Ruhe mit Hobel und Stemmeisen an einem Stück. So oder so ähnlich wird die Arbeit eines Schreiners im bekannten Fernsehklassiker "Pumuckl" dargestellt. Doch entspricht diese Idylle der Wirklichkeit? Diese und weitere interessante Fragen beantwortet Schreinermeister Reiner Federer in einem Gespräch.

"Im Prinzip ist alles wahr", sagt Reiner Federer über die berühmte Fernsehserie. Jedoch seien solche kleinen Einzelbetriebe wie der des Meisters Eder heute eher selten zu finden. Die meisten Schreinereien in Deutschland bearbeiten neben den öffentlichen Aufträgen oder Ladenbau auch private Kundenwünsche. Meistens sind die Arbeiten im Bereich Möbelbau, Türen, Fenster und andere Arbeiten, die bei einem Neubau oder einer Renovierung eines Hauses anfallen. Dasselbe gilt auch für den Betrieb von Federer.

Doch was macht ein Schreiner eigentlich den ganzen Tag? Er arbeitet ausschließlich mit Holz, so die weitverbreitete Meinung. Oder vielleicht doch nicht nur? Der Arbeitstag des Schreinermeisters Reiner Federer beginnt um 7 Uhr mit der Tagesbesprechung gemeinsam mit der sechsköpfigen Mannschaft. Anschließend wird das Auto im Team mit Material und Werkzeugen beladen und zum Montageort gefahren, um die Produkte beim Kunden einzubauen. Aufmaß beim Kunden beziehungsweis Besprechung der Ausführung des Kundenwunsches sowie die Zeichnungen und Entwürfe seien Chefsache, sagt Federer. Währenddessen werden vom restlichen Personal in der Schreinerei die Maschinen und das Material für die Fertigung gerichtet. Feierabend ist um 16 Uhr nach getaner Arbeit und Reinigung der Werkstatt.

Auch wenn die Annahme weit verbreitet ist, stellt Holz nicht den einzigen Werkstoff in einer Schreinerei dar. Neben dem für den Schreiner so typischen Material arbeitet er zudem mit Glas, Kunststoff, Metall, Kunststein und natürlich jeglichen Stoffen zum Behandeln von Holz wie Lacke, Farben und Öle. "Allein an einem Schrank hat man ja schon mehrere Materialien, mit den Auszügen aus Metall, Griffen aus Kunststoff oder bei einer Küche die Arbeitsplatte aus Kunststein", erklärt Reiner Federer. Nicht nur die Vielzahl an Werkstoffen deutet auf die Vielseitigkeit dieses Berufes hin. Es sind auch die vielseitigen Aufgaben wie die Umsetzung von Kundenwünschen, das Arbeiten in einer Gruppe, die eigene Kreativität ausleben und mit Fachkenntnis beraten. Es sei jedes Mal "wie eine Geburt", sagt Federer. Da seien der Anfang mit der Planung, die Absprache mit dem Kunden, die Überarbeitung und schlussendlichen die Fertigstellung. All das sei, abgesehen von der ohnehin um Längen besseren Qualität, auch ein großer Vorteil gegenüber den Fertigmöbeln von großen Möbelhäusern. Der Kunde bekommt ein Möbelstück nach seinem Wunsch individuell auf ihn zugeschnitten.

Bei so viel Kreativität sind am Ende natürlich auch viele ausgefallene Stücke dabei. Doch Federer tut sich schwer damit, sich für ein konkretes Stück zu entscheiden, auf das er am stolzesten ist. Jedes Möbel habe durch die Gestaltung und den Kundenwunsch eine ganz eigene Besonderheit und Magie. "Am Ende des Tages sieht man auf jeden Fall immer, was man geschafft hat. Darauf kann man immer stolz sein", sagt er.

Auch der Schreinerberuf hat sich, wie die meisten Berufe, durch die Digitalisierung stark gewandelt. Schon 1998 arbeitete man in der Schreinerei Federer mit der computergesteuerten Fräse. "Bei der Größe unseres Betriebes waren wir eine der ersten Schreinereien in der Gegend, die solche Maschinen hatte", erzählt der Chef der gleichnamigen Schreinerei. Verändert hat sich aber nicht nur die Technik, sondern auch die Kosten dafür sind enorm gestiegen. "Wenn man nur den Wert der Maschinen zusammenrechnet, kommt man bei uns schon auf bis zu 600.000 Euro. Und dann hat man noch kein Gebäude und Material zum Arbeiten", betont er. Durch die Maschinen werden viele Arbeitsgänge vereinfacht, dadurch gehen auch immer mehr alte handwerkliche Techniken verloren. "Man lernt sie zwar noch in der Ausbildung, aber brauchen tut man sie in größeren Betrieben mit vielen Maschinen kaum noch", meint Federer zum Abschluss.
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